Weltnaturkonferenz (CBD COP 15)
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Vom 7. bis 19. Dezember 2022 fand in Montreal, Kanada die 15. Weltnaturkonferenz statt. Die Ergebnisse der Weltnaturkonferenz sollen eine Trendwende einläuten: Von der Zerstörung hin zur Wiederherstellung der Natur. Als Abschlusserklärung wurde eine neue globale Vereinbarung für biologische Vielfalt verabschiedet, das "Global Biodiversity Framework" (GBF). Ein wesentliches Ziel der neuen Vereinbarung ist es, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresfläche bis 2030 unter effektiven Schutz zu stellen.
Die Rechte indigener Gruppen und lokaler Gemeinschaften sollen dabei gewahrt werden. Zudem wurde vereinbart, die Gefährdung von Mensch und Umwelt durch Pestizide und gefährliche Chemikalien bis 2030 zu halbieren und umweltschädliche Subventionen von 500 Milliarden Dollar abzubauen. Um weltweit kontrollieren zu können, wie es der Natur geht, und ob die Ziele erreicht werden, gibt es in der Vereinbarung erstmals einheitliche Indikatoren in einem Monitoringrahmen. Ebenso wurden Möglichkeiten geschaffen, um nachzubessern, wenn Länder die Ziele nicht erreichen. Außerdem sollen Länder des globalen Südens bei der Umsetzung der neuen Vereinbarung jeweils jährlich bis 2025 mit 20 Milliarden und bis 2030 mit 30 Milliarden US-Dollar unterstützt werden.
Bis 2030 soll der Verlust der biologischen Vielfalt gestoppt und der Trend umgekehrt werden. Um das zu erreichen, hat die Staatengemeinschaft vier langfristige Ziele bis 2050 und 23 mittelfristige Ziele bis 2030 beschlossen. Dazu zählen zum Beispiel die Ziele, dass die Lebensmittelverschwendung und die Verbreitung invasiver Arten bis 2030 halbiert werden sollen und dass Staaten ermöglichen sollen, dass Unternehmen und Finanzinstitutionen Aktivitäten offenlegen, die sich schädlich auf die biologische Vielfalt auswirken.
Der Konferenz in Montreal vorangegangen war ein erster Teil der 15. Vertragsstaatenkonferenz (COP 15) des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) im Oktober 2021 in Kunming, China. Parallel hierzu fanden das zehnte Treffen der Vertragsparteien des Cartagena-Protokolls über die biologische Sicherheit und das vierte Treffen der Vertragsparteien des Nagoya-Protokolls über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile statt.
Unterstützung zur Umsetzung der globalen Vereinbarung
Die Umsetzung der Vereinbarung macht zusätzliche Finanzmittel erforderlich. Daher sollen bis zum Jahr 2030 weltweit jährlich 200 Milliarden US-Dollar für den Schutz der biologischen Vielfalt mobilisiert werden. Auch biodiversitätsschädigende Anreize, wie zum Beispiel Subventionen, sollen um 500 Milliarden US-Dollar bis 2030 abgebaut werden. Um Entwicklungsländer gezielt bei der Umsetzung des Abkommens zu unterstützen, wurde ein neuer "Global Biodiversity Framework Fund" gegründet, der von der "Global Environment Facility" eingerichtet wird. Die Länder des globalen Südens sollen bei der Umsetzung der neuen Vereinbarung bis 2025 mit 20 Milliarden und bis 2030 mit 30 Milliarden US-Dollar unterstützt werden. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte bereits auf der VN- Generalversammlung im September 2022 zugesagt, dass Deutschland ab 2025 1,5 Milliarden für die internationale Biodiversitätsfinanzierung zur Verfügung stellen werde.
Um die Länder des globalen Südens bei der Erstellung und Umsetzung ihrer Nationalen Biodiversitätsstrategien zu unterstützen, wurde auf der Weltnaturkonferenz in Montreal unter anderem eine neue Partnerschaft ins Leben gerufen. Deutschland wird diese "NBSAP Accelerator Partnerschaft" in einer ersten Startphase mit insgesamt 29 Millionen Euro unterstützen.
Neuer multilateraler Vorteilsausgleichsmechanismus für digitale Sequenzinformationen
Außerdem wurde entschieden, einen multilateralen Mechanismus für das Teilen der Vorteile aus der Nutzung digitaler Sequenzinformationen (DSI) aus genetischen Ressourcen zu etablieren. Um DSI zu erzeugen, werden die Erbinformationen eines Lebewesens entschlüsselt, als Abfolge von Buchstaben dargestellt und diese Darstellung in digitaler Form gespeichert. DSI wird für Grundlagenforschung aber auch für kommerziell Zwecke genutzt. Aus der Nutzung von DSI können finanzielle Vorteile oder Gewinne entstehen. Diese Vorteile sollen ausgewogen und gerecht aufgeteilt und für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt eingesetzt werden. Dafür wird der Vorteilsausgleichsmechanismus in einem fairen, transparenten und inklusiven Prozess weiter ausgestaltet und operationalisiert. Der Mechanismus soll bis zur 16. Vertragsstaatenkonferenz (CBD COP 16) abgeschlossen sein.
Meldungen zur CBD COP 15
Kernanliegen Deutschlands
Deutschlands Hauptziel für die Konferenz in Montreal ist, dass die dort zu beschließende globale Vereinbarung einerseits ehrgeizige, messbare Ziele enthält und andererseits effektive Mechanismen, die dafür sorgen, dass diese Ziele auch umgesetzt und kontrolliert werden, mit einer angemessenen Finanzierung.
Ehrgeizige, messbare Zielvorgaben
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Dabei verfolgt die Bundesregierung drei Prioritäten:
1. Mehr und vor allem besser gemanagte Schutzgebiete
30x30x30: Die Vereinbarung soll die Staaten auf das Ziel verpflichten, mindestens 30 Prozent der Fläche an Land und im Meer bis 2030 unter Schutz zu stellen. Das entspräche in etwa einer Verdopplung der Schutzfläche an Land und einer Vervierfachung auf dem Meer. Das heißt nicht, dass all diese Flächen überhaupt nicht mehr genutzt werden sollen. Schutz kann auch durch eine wirklich nachhaltige Nutzung unterstützt werden, wie zum Beispiel in Biosphärenreservaten.
Wichtig ist, diese Zielvorgabe mit Standards für die effektive Verwaltung und gerechte Governance der Schutzgebiete zu unterlegen. Denn die Gebiete sollen nicht nur auf dem Papier bestehen. Nötig ist auch ein wirksames Management unter Einbindung der indigenen und lokalen Bevölkerung vor Ort.
2. Weniger Verschmutzung
Die Schutzgebiete dürfen keine einsamen Inseln bleiben. Der Verschmutzung und Zerstörung unserer Natur muss flächendeckend ein Ende gesetzt werden, nicht nur in den Schutzgebieten. Deshalb sollte die globale Vereinbarung auch Ziele in Bezug auf mehr Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft setzen.
Dazu gehört auch der Vorschlag der EU, messbare Ziele zur Reduktion des den Nährstoffeintrags in Ökosysteme und des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft festzulegen. Ebenso brauchen wir ein Ende der Plastikverschmutzung. Das ist sehr ambitioniert, aber eine gute Grundlage für weitere Verhandlungen. Die UNEA-Resolution für ein weltweites Plastikabkommen hat uns für das Thema Plastikmüll schon einen guten Weg bereitet.
3. Wiederherstellung der Natur
Die globale Vereinbarung soll dafür sorgen, dass geschädigte Ökosysteme wiederhergestellt werden. Gesunde und stabile Ökosysteme sind unsere (Über)Lebensversicherung. Geschädigte Ökosysteme, wie beispielsweise abgeholzte Waldflächen, müssen deshalb naturnah wiederhergestellt werden. Die Bundesregierung unterstützt daher zum Beispiel das Ziel, global mindestens jeweils drei Milliarden Hektar degradierter Ökosysteme an Land und im Meer wiederherzustellen. Das entspricht jeweils in etwa der Gesamtfläche des afrikanischen Kontinents.
Wirksame Kontrollmechanismen, um die Umsetzung der Vereinbarung sicher zu stellen

Um wirklich eine Veränderung zu bewirken, müssen die in der globalen Vereinbarung verabredeten Ziele klar und konkret, ambitioniert und messbar sein.
Die Welt hat schon einmal Biodiversitätsziele vereinbart: 2010 in Aichi, Japan. Nicht eines dieser Ziele wurde vollständig erreicht. Deswegen liegt in Montreal ein Schwerpunkt darauf, wirksame Mechanismen zur Kontrolle und Umsetzung zu vereinbaren.
Dazu muss die globale Vereinbarung durch die Nationalen Biodiversitätsstrategien- und Aktionspläne (Nationale Biodiversity Strategies and Actions Plans, NBSAPs) in nationale Ziele übersetzt und mit Umsetzungsmaßnahmen unterlegt sein.
Die Staaten sollten sich zudem auf regelmäßige und zuverlässige Berichterstattung anhand von einheitlichen Leitindikatoren verständigen. Dies sichert die Vergleichbarkeit. Die Nationalberichte werden ergänzt durch die globalen Berichte des Weltbiodiversitätsrats (IPBES), die den Zustand der Biodiversität weltweit aufzeigen.
Ein Mechanismus zur Ambitionssteigerung sollte dann greifen, wenn die Berichte zeigen, dass die globalen Ziele absehbar nicht erreicht werden. Dann müssen z.B. die NBSAPs überarbeitet und nachgeschärft oder zusätzliche Umsetzungsmaßnahmen vereinbart werden.
Solide Finanzierung für die Umsetzung der globalen Vereinbarung

Schutz und Wiederherstellung von Ökosystemen kosten Geld. Deshalb müssen weltweit Mittel mobilisiert werden, aus Staatshaushalten und privaten Quellen, national und international. Klar ist, dass die Industriestaaten ihrer Verantwortung nachkommen und zur Weltnaturkonferenz die Unterstützung für den globalen Süden erhöhen müssen.
Deutschland verdoppelt Mittel: Deutschland wird ab spätestens 2025 1,5 Milliarden Euro pro Jahr für internationale Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt zur Verfügung stellen. Die Summe entspricht einer Verdopplung gegenüber den rund 750 Millionen Euro, die in den Jahren 2017 - 2021 im Durchschnitt investiert wurden. Auch die anderen G7-Staaten haben sich beim G7-Gipfel Ende Juni bereit erklärt, ihre internationalen Mittel für die Natur bis 2025 erheblich zu erhöhen. BMUV wird dies über seinen Anteil an der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) umsetzen.
Notwendig sind auch Zusagen für Projekte oder Initiativen, die konkret die Umsetzung der globalen Vereinbarung fördern. Deutschland fördert zum Beispiel über die IKI den Multi-Partner Treuhandfonds „Natur für Gesundheit“. Mit dem Fonds wollen wir die Prävention zukünftiger Pandemien in den Vordergrund rücken, indem wir die Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen und Ökosystemen verbessern. Für die praktische Umsetzung stellt die Bundesregierung 50 Millionen Euro Startkapital aus der Internationalen Klimaschutzinitiative bereit.
Aber wir müssen uns auch anschauen: Wo wird mit dem Einsatz finanzieller Mittel die biologische Vielfalt gefährdet? Subventionen, die zur Naturzerstörung beitragen, müssen abgebaut und umgelenkt werden. Hierfür brauchen wir von der Weltnaturkonferenz dringend klare Beschlüsse, welche stärker als die bisherigen auch die effektive Umsetzung adressieren.
Einen neuen globalen Biodiversitätsfonds sieht das BMUV kritisch. Der Finanzierungsmechanismus der Konvention für Biologische Vielfalt ist die Global Environment Facility (GEF). Daran sollten wir festhalten und dort, wo es nötig ist, die Arbeit der GEF verbessern, statt neue Strukturen aufzubauen.