Der Tiefseebergbau bedroht den Ozean

16.12.2022
Bundesministerin Steffi Lemke
Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Hervé Berville (Staatssekretär der französischen Premierministerin) haben im Handelsblatt einen Gastkommentar zum Meeresschutz verfasst.

Gastkommentar im Handelsblatt von Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Hervé Berville, dem Staatssekretär der französischen Premierministerin und zuständig für Meeresangelegenheiten

In unserem Kampf gegen die Klimakrise und die Naturzerstörung haben wir einen mächtigen Verbündeten, der häufig unterschätzt wird: der Ozean.

Er spielt eine Schlüsselrolle bei der Regulierung des Klimas. Er absorbiert 90 Prozent der Wärme, die durch die Klimakrise zusätzlich entsteht, und über 20 Prozent der menschengemachten CO2-Emissionen. Er bietet zahllosen Arten eine Heimat, versorgt uns mit Sauerstoff und dient als Transportroute, Nahrungs- und Einkommensquelle. Er ermöglicht den internationalen Austausch und so manches Freizeitvergnügen.

Dennoch gerät der Ozean zunehmend unter Druck. Wir beginnen gerade erst, seine wichtigen Funktionen zu verstehen, und zerstören sie zugleich durch Erderhitzung, Umweltverschmutzung und andere menschliche Aktivitäten.

Die Klimakrise ist eine existenzielle Bedrohung. Sie verursacht gravierende Veränderungen - steigende Temperaturen, steigende Meeresspiegel, die Versauerung des Wassers, sogar veränderte Meeresströmungen.

Das hat dramatische Auswirkungen auf die im Meer lebenden Arten. Ganze Meeresökosysteme verschwinden, die Speicherung von Kohlenstoff wird gehemmt.

Steigende Rohstoffpreise rücken die Suche nach Ressourcen am Meeresboden in den Fokus

Zusätzlich zeichnen sich weitere Risiken ab: Steigende Rohstoffpreise und zunehmende Nachfrage rücken den Abbau von Rohstoffen am bisher unberührten Meeresboden verstärkt in den Fokus. Ihr Abbau könnte die Meeresumwelt weiter schädigen.

Deutschland und Frankreich sind überzeugt, dass es schlicht nicht möglich wäre, irreversible Schädigungen der biologischen Vielfalt im Meer durch Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Tiefseebergbau auszuschließen. Wir sind der Auffassung, dass der derzeitige Wissensstand nicht ausreicht, um überhaupt Entscheidungen zum Tiefseebergbau zu treffen.

Deshalb werden wir bis auf Weiteres keine Tiefseebergbau-Verträge unterstützen, weder in unseren Gewässern noch außerhalb der nationalen Hoheitsbereiche. Richtlinien für den Tiefseebergbau sollten mit der erforderlichen Zeit und Sorgfalt erarbeitet werden. Gemeinsam wollen wir deshalb Programme für die Erkundung der Meeresökosysteme auf den Weg bringen – mit dem alleinigen Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen und zu teilen.

Heute wenden wir uns an alle Länder, die sich bereits für ein Moratorium oder eine vorsorgliche Pause ausgesprochen haben, und auch an alle, die das noch nicht getan haben: Setzen wir das Vorsorgeprinzip konsequent um - damit wir nichts tun, was die Menschheit später bitter bereut.

Wir sind entschlossen, den Ozean zu schützen, und rufen alle anderen Länder auf mitzumachen

Gemeinsam können wir die Vielfalt des Lebens im Meer bewahren. Wir müssen dabei zum Wohle der Menschheit handeln – manchmal vielleicht auch gegen unmittelbare Wirtschaftsinteressen.

Wir sind entschlossen, Initiativen zum Schutz des Ozeans auf den Weg zu bringen.

Und haben damit bereits begonnen: Frankreich hat 33 Prozent seiner Meeresgebiete unter Schutz gestellt. Unter französischer Führung sind beim One Planet Summit in Paris im Januar 2021 mehr als 60 Staaten übereingekommen, bis 2030 mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresfläche weltweit unter Schutz zu stellen. Inzwischen sind es schon mehr als 100 Staaten.

Unter deutscher Präsidentschaft hat sich die G7 auf einen Ocean Deal verständigt. Die Bundesregierung verleiht mit ihrer Meeresoffensive dem Schutz der Meere politisches Gewicht, national und international. Der Tiefseebergbau bedroht den Ozean Seite 2 von 2 Konkret geht es um die Erarbeitung einer neuen, verbindlichen Meeresstrategie, den Einsatz von naturbasierten Lösungen gegen die Klimakrise und um Maßnahmen zur verstärkten Bekämpfung der Umweltverschmutzung und zum Schutz der biologischen Vielfalt im Meer.

Dennoch ist klar, dass wir ambitionierter handeln und noch viel weiter gehen müssen. Wir setzen uns engagiert für ein starkes Ergebnis der derzeit laufenden Weltnaturkonferenz in Montreal ein.

Auch die Verhandlungen zum Schutz der biologischen Vielfalt auf Hoher See, die im Februar 2023 in New York stattfinden werden, sind entscheidend. Wir wollen einen verbindlichen, ambitionierten Vertrag, der die Ausweisung neuer Meeresschutzgebiete ermöglicht und das Vorsorgeprinzip strikt anwendet.

Auf der Grundlage ihrer langen, vertrauensvollen und engen Freundschaft kämpfen Frankreich und Deutschland gemeinsam für den Schutz der biologischen Vielfalt im Meer. Der Ozean ist das gemeinsame Erbe der Menschheit. Er muss Ort der Zusammenarbeit, des Teilens und des Multilateralismus sein.

Regierungen müssen anerkennen, dass unsere Aktivitäten weltweit dramatische Auswirkungen haben. Wir sind entschlossen, den Ozean zu schützen, und rufen alle anderen Länder auf mitzumachen.

© mit freundlicher Genehmigung vom Handelsblatt 

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Weltnaturkonferenz 2022

15. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD COP 15)

16.12.2022 | Medienbeitrag Meeresschutz
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