Umweltbezogene Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung und in Lieferketten
Nachhaltige Unternehmensführung und nachhaltige Lieferketten rücken immer stärker ins Bewusstsein von Politik, Gesellschaft und Unternehmen. Berichte von verheerenden Arbeitsbedingungen und Umweltschädigungen beispielsweise im Textilsektor oder beim Rohstoffabbau sowie die sich verschärfenden planetaren Krisen Biodiversitätsverlust, Verschmutzung und Klimawandel führen vor Augen, dass dringendes Handeln geboten ist – von allen Akteuren. Immer mehr Unternehmen sind sich ihrer Verantwortung bewusst und gehen als Vorreiter voran, indem sie hohe Umwelt- und Menschenrechtsstandards in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten umsetzen und sich ambitionierte Klimaziele setzen. Denn nachhaltiges Handeln ist auch im wirtschaftlichen Interesse von Unternehmen: Mit dem Wissen um Risiken in ihren Lieferketten kann deren Resilienz erhöht und können Reputationsschäden vermieden werden; höhere Arbeits- und Umweltstandards führen zu zufriedeneren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Gemeinden; und nachhaltige Produktion wird zu einem immer stärkeren Verkaufsargument.
Erstmals international anerkannt wurde die Verantwortung von Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen 2011 mit den VN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Die Leitprinzipien basieren auf drei Säulen: der Pflicht des Staates zum Schutz der Menschenrechte, der Verantwortung des Unternehmens zur Achtung der Menschenrechte und dem Zugang zu Abhilfe. Ein Schwerpunkt der Leitprinzipien liegt auf den menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten von Unternehmen. Neben den VN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte gehören die erstmals 1976 herausgegebenen OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zum internationalen Referenzrahmen für nachhaltige Unternehmensführung. Die OECD-Leitsätze bringen die gemeinsame Erwartung der Mitgliedstaaten an ein verantwortungsvolles Geschäftsverhalten von multinationalen Unternehmen zum Ausdruck, auch im Umweltbereich. Eine Besonderheit der Leitsätze bilden die Nationalen Kontaktstellen. Diese bieten ein Vermittlungs- oder Mediationsverfahren bei Beschwerden über die Anwendung der Leitsätze in konkreten Einzelfällen an. Zudem hat die OECD zur Konkretisierung der Leitsätze sektorübergreifende und sektorspezifische Anleitungen entwickelt, welche Unternehmen in besonders risikoreichen Branchen wie im Textilsektor oder in der Landwirtschaft spezifische Orientierung für die Umsetzung von Sorgfaltspflichten bieten.
Zur Umsetzung der VN Leitprinzipien hat die Bundesregierung 2016 einen Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet. Dort formulierte sie unter anderem die Erwartung, dass alle Unternehmen den im NAP beschriebenen Prozess der unternehmerischen Sorgfalt mit Bezug auf die Achtung der Menschenrechte in der Liefer- und Wertschöpfungskette in einer ihrer Größe, Branche und Position angemessenen Weise einführen. Nachdem eine repräsentative Untersuchung ergab, dass lediglich zwischen 13 und 17 Prozent der befragten Unternehmen den Anforderungen aus dem NAP nachkamen, startete unter der Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales der Gesetzgebungsprozess für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das verbindliche Verpflichtungen beinhaltet. Das LkSG trat am 1. Januar 2023 in Kraft. Über die Anforderungen des LkSG hinaus existieren zahlreiche freiwillige Selbstverpflichtungen und Brancheninitiativen für eine nachhaltige Unternehmensführung, zum Beispiel mit dem Bündnis für nachhaltige Textilien, dem Forum Nachhaltiges Palmöl und dem Kakaoforum. Im Rahmen der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durchgeführten Branchendialoge setzen sich Unternehmen gemeinsam mit anderen Branchenakteueren und Stakeholdern mit der angemesseneren Umsetzung von Sorgfaltspflichten entlang globaler Wertschöpfungsketten auseinander. Branchendialoge bestehen derzeit mit der Automobilindustrie und der Energiewirtschaft.
Darüber hinaus wurde im Sommer 2024 eine EU-weite Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive CSDDD) verabschiedet. Sie basiert konzeptionell auf dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, enthält allerdings Veränderungen in Bezug auf die konkrete Ausgestaltung und Reichweite der Sorgfaltspflichten. In weiteren Rechtsakten werden spezielle Sorgfaltspflichtenprozesse für Holz oder andere Produkte, die im Zusammenhang mit Entwaldung stehen, sowie für Batterien etabliert.
Langjährige Erfahrungen mit der umweltbezogenen Nachhaltigkeit von Unternehmen wurden insbesondere im Rahmen von Umweltmanagementsystemen gesammelt. Diese stellen Maßstäbe und Prozesse auf, damit Unternehmen ihre negativen Umweltauswirkungen erkennen und reduzieren und ihre Umweltleistung auf Dauer verbessern können. Die beiden etablierten umfassenden Umweltmanagementsysteme sind die weltweit verbreitete ISO 14001 und das auf der EU-Verordnung 1221/2009 basierende Umweltmanagementsystem Eco Management and Audit Scheme (EMAS), das eine verpflichtende Umweltberichterstattung verlangt.
Die Ende 2022 novellierte EU-Richtlinie 2022/2464 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung Corporate Sustainability Reporting Directive (CSR-Richtlinie) als Teil der europäischen Bilanzrichtlinie verpflichtet Unternehmen, in ihren Lageberichten künftig die Nachhaltigkeitsberichterstattung deutlich stärker zu betonen und über Nachhaltigkeitsbelange detaillierter als bisher zu berichten.