Entwicklung der gesundheitlichen Bewertung von Cadmium in Lebensmitteln
Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit
In dem Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) aus dem Jahr 2009 wurde als toxikologischer Grenzwert eine insgesamt aus allen Quellen duldbare wöchentliche Aufnahmemenge (Tolerable Weekly Intake, TWI) für Cadmium von 2,5 Mikrogramm je Kilogramm (2,5 µg/kg) Körpergewicht auf Grundlage des empfindlichsten toxikologischen Endpunkts – der Nierentoxizität – abgeleitet.
Bewertung der Weltgesundheitsorganisation
Die 1988 von der Weltgesundheitsorganisation etablierte vorläufig duldbare wöchentliche Aufnahmemenge (Provisional Tolerable Weekly Intake, PTWI) von sieben Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht für Cadmium insgesamt aus allen Quellen, die bis heute international für die gesundheitlichen Bewertungen von Cadmiumgehalten in Lebensmitteln als Grundlage für Managementmaßnahmen herangezogen wird, wurde in dem Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit nicht bestätigt.
Da damit zwei wissenschaftliche Gutachten mit unterschiedlichem Ergebnis zum Ausmaß der Gesundheitsschädlichkeit von Cadmium für den Menschen vorliegen, hat die Weltgesundheitsorganisation ihre gesundheitliche Bewertung erneut überprüft. Danach wird der bisherige PTWI von sieben Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht aufgrund neuer epidemiologischer Studien korrigiert und der PTWI wegen der langen Halbwertszeit von Cadmium im Menschen in einen PTMI-Wert (Provisional Tolerable Monthly Intake – Vorläufig duldbare monatliche Aufnahmemenge) in Höhe von 25 Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht überführt. Eine Zusammenfassung des Ergebnisberichts wurde am 24. Juni 2010 im Internet veröffentlicht.
Unterschiedliche Bewertung von Cadmium in Lebensmitteln
Die Weltgesundheitsorganisation bestätigt somit die gesundheitliche Bewertung der EFSA nicht. Der EFSA-TWI liegt etwa um den Faktor 2,3 unterhalb des PTMI der Weltgesundheitsorganisation.
Standpunkt der Europäischen Kommission
Die Europäische Kommission hat als Reaktion darauf die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit um ein weiteres Gutachten gebeten. Am 3. Februar 2011 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit ihre Stellungnahme vorgelegt. Darin wird die insgesamt aus allen Quellen duldbare wöchentliche Aufnahmemenge für Cadmium von 2,5 Mikrogramm je Kilogramm Körpergewicht aus dem Gutachten vom Januar 2009 bestätigt. Demnach liegen nach wie vor zwei unterschiedliche gesundheitliche Leitwerte für die duldbare Aufnahmemenge von Cadmium vor.
Nach Auffassung der Europäischen Kommission hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit im Unterschied zur Weltgesundheitsorganisation ein erhöhtes Risiko bei der Cadmiumaufnahme bei bestimmten Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel Vegetarier sowie Kinder und Menschen, die in Gebieten mit erhöhter ubiquitär bedingter Cadmium-Belastung leben, festgestellt. Um das Schutzniveau gerade für diese Bevölkerungsgruppen zu verbessern, bestehe das Erfordernis, die Risikomanagementmaßnahmen an dem EFSA- Gutachten auszurichten. Daher sei es notwendig, insbesondere diejenigen Lebensmittel, die von den genannten Bevölkerungsgruppen häufig verzehrt werden, eingehend im Hinblick auf eine Absenkung der europaweit geltenden Cadmium-Höchstgehalte gemäß Verordnung ( EG) Nummer 1881/2006 vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln (abgelöst durch Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006) zu überprüfen. Im Rahmen der Überprüfung wurden die Höchstgehalte für Cadmium in bestimmten zahlreichen Lebensmittelgruppen gesenkt beziehungsweise neue Höchstgehalte festgesetzt. Diese sogenannte große Revision zu Cadmium in Lebensmitteln ist seit 2021 abgeschlossen. Alle bisher veröffentlichten Höchstgehalte an Cadmium in bestimmten Lebensmittel wurden in die Verordnung (EU) 2023/915 übernommen.