Dioxine und PCB
Dioxine und Polychlorierte Biphenyle (PCB)
Seit 1. Januar 2012 beziehungsweise seit Januar 2014 und Mai 2015 gelten europaweit anspruchsvolle und rechtsverbindliche Höchstgehalte sowie freiwillig anzuwendende Auslösewerte (Frühwarnsystem) für die gesundheitsschädlichen Dioxine und polychlorierte Biphenyle (PCB) in verschiedenen Lebensmitteln tierischen Ursprungs, pflanzlichen Fetten und Säuglingsnahrung. Insbesondere die Harmonisierung der bislang geltenden verschiedenen einzelstaatlichen Höchstgehalte für nicht dioxinähnliche PCB in Lebensmitteln und die aus Vorsorgegründen erfolgte Ausdehnung der Regelung auf Säuglings- und Kleinkindernahrung, sind ein wirksamer Beitrag zur Verbesserung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes in der Lebensmittelsicherheit.
Europaweit geltende Auslösewerte und Höchstgehalte für Dioxine und dioxinähnliche PCB (dl-PCB) in ausgewählten Lebensmittelgruppen
Lebensmittel | EU-Auslösewerte pg WHO-TEQ/g Fett | EU-Höchstgehalt pg WHO-TEQ/g Fett | ||
---|---|---|---|---|
Dioxine | dl-PCB | Dioxine | Dioxine + dl-PCB | |
Geflügel | ||||
Fleisch und Fleischerzeugnisse | 1,25 | 0,75 | 1,75 | 3,0 |
Öle und Fette | - | - | 1,75 | 3,0 |
Geflügeleier und Eierzeugnisse, ausgenommen Gänseeier | 1,75 | 1,75 | 2,5 | 5,0 |
Rind und Schaf | ||||
Fleisch und Fleischerzeugnisse | 1,75 | 1,75 | 2,5 | 4,0 |
Öle und Fette | - | - | 2,5 | 4,0 |
Milch- und Milcherzeugnisse einschließlich Butterfett | 1,75 | 2 | 2,0 | 4,0 |
Schwein | ||||
Fleisch und Fleischerzeugnisse | 0,75 | 0,5 | 1,0 | 1,25 |
Öle und Fette | - | - | 1,0 | 1,25 |
Tierische Produkte | ||||
Gemischtes tierisches Fett | 1,0 | 0,75 | 1,5 | 2,5 |
- Maßeinheit: 1 pg (Pikogramm) = 0,000 000 000 001 Gramm
- Auslösewerte: Empfehlung der Europäischen Kommission vom 11. September 2014 zur Änderung des Anhangs der Empfehlung 2013/711/EU zur Reduzierung des Anteils von Dioxinen, Furanen und PCB in Futtermitteln und Lebensmitteln (2014/663/EU; Amtsblatt der Europäischen Union Nummer L 272, Seite 17 bis 18)
- Höchstgehalte: Die Höchstgehalte für Dioxine, dioxinähnliche PCB und nicht dioxinähnliche PCB sind in Abschnitt 4 des Anhangs I der Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 festgelegt.
Die Höchstgehaltregelung für Dioxine und für die Summe von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB wird seit 1. Januar 2012 durch einen europaweit geltenden und gegenüber der bisherigen nationalen Regelung niedrigeren Höchstgehalt für die ebenfalls gesundheitsschädlichen nicht dioxinähnlichen PCB in Höhe von 40 Nanogramm je Gramm Fett (1 Nanogramm entspricht 0,000 000 001 Gramm) unter anderem im Fleisch von Geflügel, Rindern, Schafen und Schweinen sowie in Kuhmilch, Eiern und gemischten tierischen Fetten ergänzt. Die über das EU-Recht hinausgehenden seit 1988 in Deutschland geltenden nationalen Höchstgehalte zur Begrenzung des Gehalts von nicht dioxinähnlichen PCB in verschiedenen Lebensmitteln wie Fleisch vom Pferd, Ziege und Kaninchen, Federwild und Haarwild sowie von Wildschweinen sind im Abschnitt 4 der Anlage in der nationalen Kontaminanten-Verordnung (KmV) festgelegt.
Untersuchungen belegen, dass Dorschleber-in-Öl-Konserven oftmals hoch mit Dioxinen und Polychlorierten Biphenylen (PCB) belastet sind. Anfang Juli 2008 wurde erstmals EU-weit ein Höchstgehalt in Höhe von 25 Pikogramm je Gramm Frischgewicht für die Summe von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in Fischleber und ihre Verarbeitungserzeugnisse eingeführt. Dieser wurde Anfang Januar 2012 durch einen Höchstgehalt in Höhe von 20 Pikogramm je Gramm Frischgewicht ebenfalls für die Summe von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB abgelöst. Auch dieser niedrigere Höchstgehalt sichert den gesundheitlichen Verbraucherschutz bei regelmäßigem Konsum von Dorschleber in Öl nicht, sodass aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes empfohlen wird, Dorschleber in Öl in der üblichen Portionsgröße höchstens alle zwei Monate zu verzehren. Seit 1. Januar 2014 gelten europaweit neue Höchstgehalte für Dioxine und PCB in Lebern und ihren Verarbeitungserzeugnissen lebensmittelliefernder Nutztiere. In dem Zusammenhang empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung, auch weiterhin den Verzehr von Schafleber zu meiden.
Europaweit geltende Höchstgehalte für Dioxine und PCB in Lebern lebensmittelliefernder Nutztiere
Lebensmittel | EU-Höchstgehalt pg WHO-TEQ/g Frischgewicht | EU-Höchstgehalt ng/g Frischgewicht | |
---|---|---|---|
Dioxine | Dioxine + dl-PCB | ndl-PCB | |
Leber und ihre Verarbeitungserzeugnisse von Rindern, Ziegen, Geflügel, Schweinen und Pferden | 0,3 | 0,5 | 3,0 |
Leber und ihre Verarbeitungserzeugnisse von Schafen | 1,25 | 2,0 | 3,0 |
Leber von Federwild | 2,5 | 5,0 | |
Fischleber und ihre Verarbeitungserzeugnisse (Ausnahme Öle) | - | 20 | 200 |
- Maßeinheit: 1 ng (Nanogramm) = 0,000 000 001 Gramm
- Maßeinheit: 1 pg (Pikogramm) = 0,000 000 000 001 Gramm
- Höchstgehalt: Die Höchstgehalte für Dioxine, dioxinähnliche PCB und nicht dioxinähnliche PCB in der Leber von lebensmittelliefernden Nutztieren sind in in Abschnitt 4 des Anhangs I der Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 festgelegt.
Dioxine und PCB in der Umwelt
Die gesundheitsschädlichen Dioxine und polychlorierten Biphenyle (PCB) können aus Luft und Boden sowie Sedimenten in Lebensmittel gelangen. Diese Verunreinigungen in Lebensmitteln werden daher auch "Umweltkontaminanten" genannt. Dioxine wurden nie gezielt technisch hergestellt. Dioxine entstehen als nicht erwünschte Nebenprodukte bei chemischen Prozessen in der "Chlorchemie" und bei allen Verbrennungsprozessen in Anwesenheit von Chlor und organischem Kohlenstoff unter bestimmten Bedingungen, zum Beispiel bei Temperaturen zwischen 250 Grad Celsius und 800 Grad Celsius und bestimmten Verweilzeiten. Im Gegensatz zu Dioxinen sind PCB früher für verschiedene Anwendungen zweckbestimmt hergestellt worden, in der Hauptsache als nicht brennende und den Strom nichtleitende zähe Flüssigkeiten in Transformatoren und in der Hydraulik (Bergbau).
Rückgang der Emissionen an Dioxinen in die Umwelt von 1990 bis 2018
Seit Mitte der 1980er Jahre sorgen zahlreiche regulatorische Maßnahmen, insbesondere durch das Bundes-Immissionsschutzrecht, für eine Minderung der Freisetzung von Dioxinen und PCB in die Umwelt. Die Emissionen an Dioxinen aus bekannten Quellen konnten von 1990 bis 2004 bereits um mehr als 90 Prozent gesenkt werden. Bis zum Jahr 2009 ist ein weiterer Rückgang zu verzeichnen, danach sind die Emissionen an Dioxinen auf einem niedrigen Niveau weitgehend stabil geblieben.
Seit dem Jahr 1990 hat sich die Bedeutung der einzelnen Emissionsquellen deutlich verändert. Während 1990 die Abfallverbrennung mit Abstand die Quelle mit den höchsten Emissionen war, verursachten im Jahr 2018 Brände, Kleinfeuerungsanlagen, Verkehr sowie thermische Prozesse der Metallgewinnung und -verarbeitung den größten Anteil an den verbleibenden Emissionen an Dioxinen.
Übergang von Dioxinen und PCB in die Nahrungskette
Aufgrund ihrer Langlebigkeit sind Dioxine und PCB gleichwohl insbesondere als Altlasten nach wie vor allgegenwärtig in der Umwelt vorhanden, wenngleich meist auf einem niedrigen Niveau. Vor allem Böden und die Sedimente in den Gewässern sind einerseits Schadstoffspeicher, andererseits durch Remobilisierung die wesentlichen Quellen für den Übergang dieser Schadstoffe in die Nahrungskette. Auch fahrlässige Entsorgung von PCB-haltigen Altprodukten und Altgeräten verhindern den weiteren Rückgang dieser Schadstoffe in der Umwelt und damit auch in der Nahrungskette. Der in den vergangenen 20 Jahren deutlich verminderte Neueintrag von Dioxinen und PCB in die Umwelt spiegelt sich insbesondere aufgrund ihrer Langlebigkeit nicht in einer vergleichbaren Verringerung der Schadstoffgehalte in allen Lebensmittelgruppen aller Haltungsformen gleichermaßen wider.
Anreicherung von Dioxinen und PCB in der Nahrungskette
Für das am umfangreichsten untersuchte Lebensmittel Milch ist festzustellen, dass die Dioxinbelastung zwischen 1987 und 2000 um rund 80 Prozent von circa 2,3 auf circa 0,4 Pikogramm Dioxin-Toxizitätsäquivalente je Gramm Milchfett (1 Pikogramm entspricht 0,000 000 000 001 Gramm) abgenommen hat und seitdem mit geringen Schwankungen auf niedrigem Niveau bleibt. Durch die Abnahme der durchschnittlichen Dioxinbelastung in Milch und der Wichtigkeit der Gewährleistung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus, insbesondere für gefährdete Bevölkerungsgruppen, wurden 2022 die Höchstgehalte für Dioxine und die Summe von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in Milch und Milcherzeugnissen bereits gesenkt. Diese und alle bisher veröffentlichten Höchstgehalte an Dioxinen in bestimmten Lebensmittel wurden in die Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 übernommen.
Abnahme der Dioxinbelastung in Milch von 1987 bis 2018
Bundesweite Untersuchungsergebnisse der Länder dokumentieren jedoch, dass in Nischenlebensmitteln wie Leber von Lämmern, Schafen, Wild und vom Ostseedorsch sowie Muskelfleisch wildlebender Flussfische regelmäßig hohe Belastungen mit Dioxinen und dioxinähnlichen PCB oberhalb der EU-Höchstgehalte vorkommen und damit nicht verkehrsfähig sind. Ergänzend zu den Rechtsvorschriften hat das Bundesumweltministerium Verbrauchertipps zum gesundheitlichen Verbraucherschutz erarbeitet.
Aus der Grafik wird deutlich, dass 70 Prozent der aus Lebensmitteln aufgenommenen Dioxine und PCB aufgrund deren vergleichsweise hohen Verzehrmengen über die tierischen Lebensmittel Eier, Milch und Milchprodukte sowie Geflügel, Rinder und Schweinefleisch erfolgen.
Frühwarnsystem
Parallel zur europaweit geltenden rechtsverbindlichen Höchstgehaltregelung für Dioxine und polychlorierte Biphenyle (PCB) in verschiedenen Lebensmitteln wurden als weitere Maßnahmen zur Begrenzung des Vorkommens von Dioxinen und PCB in Lebensmitteln europaweit erstmals im Jahr 2002 rechtlich unverbindliche sogenannte Auslösewerte erlassen. Dioxine und dioxinähnliche PCB werden aus unterschiedlichen Quellen emittiert. Daher werden getrennte Auslösewerte für jede Stoffgruppe festgelegt. Die Auslösewerte sind in der Regel je nach Lebensmittelgruppe zwischen 25 bis 30 Prozent niedriger als die Werte für die Höchstgehalte. Auslösewerte dienen als Frühwarnsystem und sollen überdurchschnittlich hohe Belastungen, also Belastungen oberhalb der für den Lebensmittelerzeuger unvermeidbaren so genannten Hintergrundbelastung, finden helfen. Die Anwendung der Auslösewerte trägt zur Verringerung des Gehalts an Dioxinen und PCB in Lebensmitteln bei. Sie dienen als Hilfsmittel, um Kontaminationsquellen ausfindig zu machen und diese einzuschränken oder zu beseitigen, bevor eine Höchstgehaltüberschreitung eintritt. Die Empfehlung 2013/711/EU der Kommission vom 3. Dezember 2013 zur Reduzierung des Anteils von Dioxinen, Furanen und PCB in Futtermitteln und Lebensmitteln beinhaltet die seit dem 1. Januar 2012 geltenden Auslösewerte getrennt für die Stoffgruppe der Dioxine und die der dioxinähnlichen PCB.