Klimaschutz durch intakte Natur: Wie Ökosysteme Treibhausgase speichern
Moore, Böden, Wälder und Meere: Welche Rolle spielen gesunde Ökosysteme beim Klimawandel?
Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel können nur gelingen, wenn gleichzeitig Arten sowie deren Lebensräume geschützt werden. Man spricht auch von "naturbasierten Lösungen" (Englisch: nature-based solutions).
Gesunde Ökosysteme bieten Lebensräume für zahlreiche Arten. Einige Ökosysteme sind sogar in der Lage, das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO2) zu speichern, so etwa Wälder und Torfmoore. Es ist wichtig, diese natürlichen Speicher zu schützen. Denn die sogenannten CO2-Senken setzen die gebundenen Treibhausgase wieder frei, wenn sie geschädigt werden.
Andere Ökosysteme bieten einen natürlichen Schutz gegen die Folgen des Klimawandels. Zum Beispiel helfen intakte Auen beim Schutz vor Überschwemmungen, indem sie bei Hochwasser großer Wassermengen aufnehmen können und so die Gefahr reduzieren.
Ökosysteme leiden unter Klimawandel
Die Folgen des Klimawandels zeigen sich zunehmend. Steigende Temperaturen und extreme Ereignisse wie Hitzewellen, Dürren und Starkregen setzen Pflanzen und Tieren immer stärker zu. Viele Arten kommen an die Grenzen ihrer Anpassungsfähigkeit. Sie sind klimatischen Bedingungen ausgesetzt, wie sie es in den letzten zehntausenden Jahren nicht erlebten.
Im Laufe des 21. Jahrhunderts könnten bereits eine Million Tier-, Pflanzen- und Pilzarten bedingt durch die Veränderungen aussterben, warnt der Weltbiodiversitätsrat.
Der Klimawandel verstärkt auch die Schäden an vielen Ökosystemen, die bereits durch menschliche Eingriffe verursacht wurden. Dazu zählen zum Beispiel gerodete Wälder, überfischte Meere sowie verschmutzte oder versiegelte Böden.
Je häufiger Tiere, Pflanzen und ganze Ökosysteme von extremen Ereignissen und Belastungen betroffen sind und je intensiver diese werden, desto mehr nähern sie sich sogenannten Kipppunkten (Englisch: tipping points). Wenn diese Punkte erreicht werden, können plötzlich starke Veränderungen auftreten, die teilweise unumkehrbar sind. Im Extremfall können zahlreiche Arten aussterben oder ganze Ökosysteme verloren gehen. Ein Beispiel sind die Korallenriffe: Durch Erwärmung und Versauerung der Ozeane aber auch Überfischung sind sie besonders stark gefährdet. Wenn die Korallen sterben, geht damit ein wertvoller Lebensraum für unzählige Arten, die Kinderstube für Fische und ein natürlicher Schutz vor Sturmfluten an den Küsten verloren.
Im Zuge dieser Entwicklung gehen auch die vielen Leistungen von Ökosystemen verloren, von denen wir Menschen abhängig sind und die in der Klimakrise immer wichtiger werden.
Ökosystemleistungen
Ökosysteme übernehmen zahlreiche Aufgaben, die für uns Menschen zum Teil lebensnotwendig sind. So produzieren Ökosysteme Nahrung, die wir essen und Sauerstoff, den wir atmen. Sie filtern unser Wasser und recyceln Nährstoffe. Sie bieten uns Menschen Orte der Erholung und liefern zahlreiche Rohstoffe, von denen ganze Wirtschaftszweige abhängen. Auch mit Blick auf den Klimawandel können sie uns helfen: So speichern gesunde Böden, Moore, Wälder und Meere das Treibhausgas CO2.Wälder kühlen bei sommerlicher Hitze die Luft. Intakte Küsten und Flussauen verstärken zudem den Schutz vor Fluten und Hochwassern. Und eine dichte Pflanzendecke schützt Böden vor Austrocknung.
Ökosysteme beeinflussen das Klima
Gesunde Meere, Wälder, Moore und Böden sind CO2-Senken. Das bedeutet, dass sie der Atmosphäre das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid (CO2) entziehen und den darin enthaltenen Kohlenstoff für lange Zeit speichern. Wenn sich jedoch der Zustand dieser CO2-Senken verschlechtert, können sie zu Quellen von Treibhausgasemissionen werden.
Insgesamt speichern die CO2-Senken derzeit noch große Mengen Kohlenstoff. So entfernen Ökosysteme weltweit an Land jährlich ungefähr 1,9 Gigatonnen (GtC) Kohlenstoffdioxidaus der Atmosphäre. Das ist ein beträchtlicher Umsatz: Eine Gigatonne entspricht einer Milliarde Tonnen oder einer Billion Kilogramm. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 wurden in Deutschland rund 762 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt, also etwa 0,76 GtC. Derzeit sind weltweit zwischen 3.000 und 4.000 Gigatonnen Kohlenstoffdioxid (GtC) in Ökosystemen gebunden.
Wenn die Ökosysteme durch menschliche Eingriffe zu stark geschwächt und geschädigt werden, können aus CO2-Senken jedoch CO2-Quellen werden. Das bedeutet, dass die Ökosysteme dann mehr CO2 freisetzen, als sie aus der Atmosphäre entfernen.
Beispielsweise nimmt auf globaler Ebene die Fähigkeit tropischer Regenwälder, CO2 zu speichern, bereits seit den 1990er Jahren ab. Ursachen sind vor allem Abholzungen sowie Waldbrände. Auch Moore haben sich im weltweiten Durchschnitt bereits von CO2-Senken in CO2-Quellen gewandelt. Viele Gebiete wurden trockengelegt, das CO2-haltige Torf abgegraben.
Wie wirken verschiedene Ökosysteme auf das Klima?
Der Einfluss gesunder Ökosysteme auf das Klima
Wälder, Böden, Moore, aber auch Meere, Gewässer und Auen – all diese Ökosysteme leisten einen Beitrag zum "natürlichen Klimaschutz". Sie können Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre binden und langfristig speichern – sofern sie ökologisch intakt sind.
Außerdem tragen sie zum Schutz vor den bereits unvermeidbaren Folgen des Klimawandels bei, den man als Anpassung bezeichnet. Gesunde Böden zum Beispiel speichern Wasser und regulieren den Wasserhaushalt. Selbst kleinere Grünflächen tragen im Sommer zur Senkung der Temperatur in unseren Städten bei. Intakte Küsten und Flussauen schützen vor Fluten und Hochwasser.
Je besser der ökologische Zustand der Ökosysteme ist, desto widerstandsfähiger sind sie gegenüber Extremwetterereignissen wie Dürre oder Starkregen und desto mehr können sie uns davor schützen.
Geschädigte und zerstörte Ökosysteme können wiederhergestellt werden. Mit Wiederaufforstung und Wiedervernässung können etwa Wälder und Moore als natürliche Speicher von CO2 reaktiviert werden. Allerdings wird die Wiederherstellung von Ökosystemen mit zunehmender globaler Erwärmung schwieriger. Daher müssen jetzt die Treibhausgasemissionen drastisch reduziert werden. So kann eine weitere globale Erwärmung und ihre schädigenden Auswirkungen auf die Ökosysteme auf der ganzen Welt gemindert werden.
Der Wald und das Klima
Wie funktioniert ein Wald als Kohlenstoffsenke? Und unter welchen Umständen geht diese Funktion verloren?
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Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen
Auf allen politischen Ebenen gibt es Bemühungen, Ökosysteme wiederherzustellen und zu erhalten. Die EU-Biodiversitätsstrategie 2030 setzt sich zum Ziel, zehn Prozent der Landes- und Meeresfläche unter strengen Schutz zu stellen.
Ein wichtiger Baustein zur Umsetzung ist der im Juni 2022 von der Europäischen Kommission veröffentlichte Entwurf einer EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law). Dieser enthält Vorschläge für neue und rechtsverbindliche Ziele, unter anderem zur Renaturierung von Meeren, Flüssen und Wäldern, von Ökosystemen in der Stadt und in der Agrarlandschaft. Bis 2050 sollen demnach alle Ökosysteme an Land und 90 Prozent der Meere in einen guten ökologischen Zustand gebracht werden. Bevorzugt bei der Renaturierung werden die Ökosysteme, die am effektivsten zum Klimaschutz beitragen können.
Folgende Schutzmaßnahmen sind bei den verschiedenen Ökosystemen im Gespräch:
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Böden sollen schonend bewirtschaftet werden, um Treibhausgasemissionen zu vermeiden. Dabei ist es wichtig, auch die Biodiversität im Boden und die Humusbildung zu erhalten und zu fördern. Dafür müssen Böden vor Schadstoffeinträgen und Versiegelung (durch Bebauung) geschützt werden. Die Versiegelung von Böden sollte rückgängig gemacht werden, wann immer das möglich ist.
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Moore sollen wiedervernässt und geschützt werden. Das beinhaltet auch, dass der Torfabbau und die Verwendung von Torf für beispielsweise Blumenerde eingestellt werden. Stattdessen muss eine nachhaltige, nasse Landwirtschaft gefördert werden, bei der zum Beispiel Schilf angebaut wird. Dieses kann etwa in der Bauindustrie in Form von Dämmmaterial oder für Konstruktionsplatten genutzt werden.
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Flüsse und ihre natürlichen Überschwemmungsflächen wie zum Beispiel Auen sollen renaturiert werden. So können Rückzugsgebiete für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt entstehen. Gleichzeitig filtern Auen das Oberflächenwasser und halten es in der Landschaft. Auf diese Weise beugen sie Dürren vor und reduzieren die Gefahr von Hochwasser.
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Für den Schutz von Meeren und Küsten können Seegraswiesen, Algenwälder, Salzwiesen und weitere marine und Küsten-Ökosysteme aufgebaut werden, um die natürliche CO2-Speicherfähigkeit zu verbessern.
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Nicht naturnahe Wälder wie beispielsweise Monokulturen müssen gezielt umgebaut werden. Gleichzeitig müssen geschädigte Waldflächen wiederbewaldet werden. Dadurch können sich naturnahe Waldökosysteme entwickeln, und die Funktion von Wäldern als CO2-Senke kann verbessert werden.
Was tut die Bundesregierung?
Auch die Bundesregierung will ihr Budget für die Bewahrung von Ökosystemen erheblich erhöhen: Bis 2026 werden vier Milliarden Euro für natürlichen Klimaschutz bereitgestellt. Das Bundesumweltministerium entwickelt dazu ein "Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz", in dem positive Wechselwirkungen zwischen Natur- und Klimaschutz geschaffen werden sollen.
Was kann ich selbst tun?
Ein klimafreundlicher Lebensstil ist im eigenen Alltag wichtig: Jede und jeder kann im Alltag darauf achten, den eigenen Konsum möglichst ressourcenschonend und klimafreundlich zu gestalten. Ein derartiges Verhalten trägt immer auch zum Schutz von natürlichen Lebensräumen bei.
Wenn man zum Beispiel Lebensmittel aus ökologischem Anbau bezieht, unterstützt man damit gleichzeitig eine bodenschonende Bewirtschaftung von Flächen.
Gleichzeitig kann der Konsum von bestimmten Produkten reduziert werden, die mit der Zerstörung von natürlichen Lebensräumen einhergehen. Dazu gehören zum Beispiel Produkte mit Palmöl, torfhaltige Blumenerde oder nicht nachhaltig gefangener Fisch. Dieser kommt aus überfischten Beständen oder wurde unter Verwendung schädlicher Methoden gefangen. Konsumiert man weniger Fleisch, trägt man zu einem geringeren Flächenbedarf der Landwirtschaft, einem geringeren Wasserverbrauch und weniger Treibhausgasemissionen bei.
Zum Klimaschutz im privaten Alltag gehört auch, klimaschonende Verkehrsmittel zu nutzen, wie Bahnen oder Busse, und auf Flugreisen so weit wie möglich zu verzichten. Das kann gleichzeitig auch Räume für mehr Natur schaffen. Denn wenn mehr Menschen auf das Auto verzichten und stattdessen öfter Fahrrad fahren, die Bahn nutzen oder zu Fuß gehen, wird insgesamt viel weniger Straßenraum benötigt und somit weniger Boden versiegelt. Eine derartige, nachhaltige Mobilität schont zudem Ressourcen und damit die Umwelt.