Warum verschwinden die Bienen?
Die Bestände von Wildbienen und anderen Insekten gehen zurück. Wieso ist das ein Problem, und was steckt dahinter?
Es gibt immer weniger wildlebende Insekten in Deutschland. Die Vielfalt der Arten hat über die letzten Jahrzehnte stark abgenommen, und auch die Insekten-Biomasse. Das bedeutet: Die Anzahl der Tiere ist kleiner geworden.
42 Prozent der in den Roten Listen erfassten Insektenarten gelten als bestandsgefährdet, selten oder bereits ausgestorben. Bei einigen Arten ist die Anzahl der Tiere in den letzten Jahrzehnten um über 80 Prozent gesunken.
Von diesem Rückgang betroffen sind auch die Wildbienen. Mehr als die Hälfte davon ist bedroht. Manche leben in einem Volk wie Honigbienen, zum Beispiel die Hummeln, andere einzeln als "Solitärbienen".
Der Begriff "Bienensterben"
Häufig ist vom "Bienensterben" die Rede. Der Kinofilm „More than honey“ hat diesen Begriff 2012 bekannt gemacht. Im Film geht es jedoch nicht um den Rückgang wildlebender Insekten. In der Dokumentation ist der Einsatz von Honigbienen in der Landwirtschaft zu sehen. Honigbienen sind von Menschen gehaltene Nutztiere, keine wilden Insekten. Sie leiden zwar unter Krankheiten und Chemikalien, sind aber nicht – wie oft angenommen – in ihrem Bestand bedroht. Im Gegenteil: Seit einigen Jahren wächst weltweit die Zahl der Bienen. Auch in Deutschland gibt es immer mehr Imker und Bienenvölker.
Warum ist der Rückgang von Bestäubern ein Problem?
Es gibt zwar Pflanzen, die der Wind bestäubt, aber viele Blüten brauchen Tiere zur Bestäubung. Damit die vielen verschiedenen Pflanzenarten bestäubt werden können, ist eine große Vielfalt von Insekten nötig. Wildbienen und Schwebfliegen sind die wichtigsten Bestäuberinsekten. Aber auch Käfer, Schmetterlinge und andere Insekten besuchen Blüten und tragen dabei Pollen weiter.
Die Bestäubung durch Insekten ist auch für Nutzpflanzen und somit für die Versorgung mit Nahrungsmitteln entscheidend. Neue Schätzungen beziffern den volkswirtschaftlichen Nutzen der Bestäubungsarbeit von Tieren allein in Deutschland mit durchschnittlich 3,8 Mrd. Euro pro Jahr. Weltweit sind es 1 Billion US-Dollar.
Wildbienen sind oftmals sogar effektivere Bestäuber als Honigbienen. Um Nektar und Pollen zu sammeln, besuchen sie jede einzelne Blüte. Dabei tragen sie die Pollen von einer Blüte zu anderen und bestäuben diese dabei. Die Pflanzen können dann Früchte und Samen bilden – einige davon ernten und essen wir.
Wie stark geht die Zahl der Insekten zurück?
Vor einigen Jahren zeigte eine wissenschaftliche Studie, dass die Gesamtbiomasse der Fluginsekten in vielen Naturschutzgebieten Deutschlands in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen hatte: Um 76 Prozent, im Hochsommer sogar bis zu 82 Prozent.
Auch andere wissenschaftliche Untersuchungen belegen den Rückgang der Insektenvielfalt. Dokumentiert ist er in den Roten Listen der gefährdeten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten Deutschlands. Auch anderswo sinkt die Vielfalt der Insektenarten und Bestäuber. Das zeigen Studien und Berichte aus anderen Teilen Europas und der Welt.
Der massive Rückgang der Anzahl und Vielfalt von Insekten hat weitreichende Konsequenzen für die Umwelt und uns Menschen. Insekten spielen in Ökosystemen eine wichtige Rolle. Sie sind die Nahrungsgrundlage für viele anderen Tiere wie Vögel, Säugetiere, Reptilien, Amphibien und Fische.
Was sind die Ursachen für das Insektensterben?
Die Hauptursache für Rückgang der Insekten ist der Verlust an Lebensräumen und Nahrung, vor allem bedingt durch intensive Landwirtschaft und Flächenversiegelung. Zudem werden immer noch große Mengen an Pestiziden eingesetzt, also Chemikalien zur Schädlingsbekämpfung.
Die Wirkung der Pestizide auf Bienen wird vor der Zulassung getestet, um die Bienen vor der Wirkung der Mittel zu schützen. Allerdings bezieht sich dies nur auf Honigbienen, nicht aber auf die vielen verschiedenen Wildbienenarten. So besteht die Möglichkeit, dass einige Arten die Pestizide nicht vertragen.
Zudem werden viele Nutzpflanzen auf großen Feldern in Monokulturen angebaut. In diesen Agrarlandschaften fehlt es vielen Insekten an Nahrung und Nistmöglichkeiten.
Auch die Versiegelung von Böden durch den Bau von Wohn- und Gewerbegebieten, den Straßenbau und eine einseitige Gestaltung von Gärten nehmen den Insekten ihre Lebensräume und ihr Nahrungsangebot.
Bestäuben in Not
Wie reagiert die Umweltpolitik?
Insekten sind von unschätzbarem Wert. Um den Insektenschwund aufzuhalten, wurden in den letzten Jahren verschiedene politische Initiativen auf den Weg gebracht.
In Deutschland hat die Bundesregierung 2019 das Aktionsprogramm Insektenschutz aufgesetzt. Es legt Handlungsbereiche und Maßnahmen fest, um den Rückgang der Insekten und ihrer Artenvielfalt aufzuhalten – weniger Pestizide und Schadstoffe, die Eindämmung des "Staubsaugereffekts", den Licht auf Insekten ausübt, der Schutz und die Wiederherstellung von Lebensräumen und die entsprechende Finanzierung.
Die Europäische Kommission hat 2018 die „EU Pollinators Initiative“ gestartet, die den Schwund wilder Bestäuber aufhalten soll. Die Kommission will die bestäuberfreundliche Landwirtschaft und Städte fördern und die Auswirkungen des Einsatzes von Pestiziden auf Bestäuber verringern.
Auf der internationalen Ebene wird der Schutz von Insekten im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt der Vereinten Nationen vorangetrieben. Das Abkommen sieht unter anderem vor, mindestens 30 Prozent der Erdoberfläche unter Schutz zu stellen, um die Biodiversität zu erhalten – davon würden auch Insekten profitieren.
Was kann ich selbst tun?
Je mehr nektar- und pollentragende Pflanzen vorhanden sind, die heimischen Insekten Unterschlupf und Nahrung bieten, desto wohler fühlen sie sich. So kann man sie unterstützen:
- Auf dem Balkon oder im Garten eine Bienenweide aus passenden Blütenpflanzen anlegen.
- Den Rasen nur abschnittsweise mähen, so dass immer genügend Blüten da sind.
- Fugen zwischen Pflastersteinen offen und dort Pflanzen wachsen lassen.
- Das Dach des eigenen Hauses begrünen.
- Platz für Wildbienennester schaffen: Altes Holz stapeln, Sonnenblumen, Brombeeren und Holunder stehenlassen
- Auf Spritzmittel vollständig verzichten.
Da die industrielle Landwirtschaft Insekten besonders schadet, ist es gut, Lebensmittel zu kaufen, die umweltschonender hergestellt werden – zum Beispiel auf dem Biomarkt.