Bonner Konvention
Schutz wandernder Arten
VieleTierarten legen lange Wanderungen zurück: Einige Vogelarten, wie Seeschwalben und Störche, sogar Tausende von Kilometern. Sie wandern regelmäßig von ihrem Überwinterungsgebiet zu den Sommerlebensräumen, von Fortpflanzungsgebieten zu Nahrungs- oder Ruhelebensräumen, von austrocknenden Gebieten in feuchtere Zonen. Hierbei überqueren sie auch Staatsgrenzen – oft sogar mehrere Grenzen.
In einigen Staaten – so in Ägypten, Zypern, Malta, Frankreich – werden zahlreiche Sing- oder Wasservogelarten während ihres Zuges unkontrolliert und unselektiert bejagt oder gewildert. In anderen Staaten verenden Störche, Geier oder andere Vögel mit großer Flügelspannbreite an ungesicherten Stromleitungen. Bisweilen sind ihre für den Zug wichtigen Trittsteinhabitate gefährdet – so werden für Vögel wichtige Feuchtgebiete trockengelegt. Dächer werden zugemauert und ab-isoliert, ohne dass Fledermäuse dort noch die gewohnte Zuflucht finden können. Zudem werden zunehmend lange Zäune oder Infrastruktur wie breite Straßen oder Bahntrassen errichtet, die Jahrhunderte alte Wanderwege von Elefanten oder Antilopen unterbrechen.
Aber es gibt auch zunehmend mehr Staaten, die wie auch Deutschland und seine Bundesländer sich für den Schutz wandernder Tierarten einsetzen und diesen mit hohem Einsatz engagiert voranbringen.
Entstehung und Gegenstand der Bonner Konvention
Die Bonner Konvention (Convention on Migratory Species; CMS) ist ein Übereinkommen zum Schutz dieser wandernden Tierarten. Das Übereinkommen wurde auf Initiative der Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen (Stockholm 1972) und mit besonderer Unterstützung Deutschlands ins Leben gerufen und seine Schlussakte 1979 in Bonn unterzeichnet. Es trat 1983 in Kraft und seither haben es 133 Vertragsparteien unterzeichnet (Stand Juli 2023). Das Sekretariat des Übereinkommens hat seinen Sitz in Bonn.
Von der Bonner Konvention werden wandernde Tierarten erfasst, von denen ein bedeutender Anteil zyklisch oder vorhersehbar eine oder mehrere nationale Zuständigkeitsgrenzen überquert. Den größten Anteil der wandernden Arten stellen die Zugvögel dar. Daneben fallen aber noch Wale und Delfine, Fledermäuse, Landsäuger, einige Reptilienarten (insbesondere Meeresschildkröten), verschiedene Fischarten (zum Beispiel Haie), und bisher eine Schmetterlingsart unter das Übereinkommen.
Das Abkommen enthält zwei Anhänge:
Anhang 1 beinhaltet die vom Aussterben bedrohten Tierarten und verbietet insbesondere die Entnahme von Tieren dieser Art.
In Anhang 2 sind die Arten erfasst, die sich in einer ungünstigen Erhaltungssituation befinden und für die eine internationale Zusammenarbeit erforderlich ist, oder nützlich wäre. Entsprechend könnten Arten auch in beiden Anhängen aufgeführt sein.
Abkommen der CMS
Bisher wurden unter CMS sieben "völkerrechtlich verbindliche Abkommen" und 19 völkerrechtlich nicht bindende Abkommen, so genannte Memoranda of Understanding (MoU) abgeschlossen. Deutschland betreffen unmittelbar die folgenden vier Regionalabkommen, die alle über die CMS-Webseite einsehbar sind:
sowie die die folgenden vier Absichtserklärungen (MoUs):
Aktuelle Schwerpunkte
Auf der 14. Vertragsstaatenkonferenz in Samarkand in Usbekistan wurden vierzehn weitere bedrohte wandernde Tierarten unter internationalen Schutz gestellt, darunter der Schweinswal der zentralen Ostsee, Sandtigerhai, Geigenrochen und Luchs. Dies war die erste große internationale Naturschutzkonferenz nach der Weltnaturkonferenz im Dezember 2022 in Montreal und die Ergebnisse sind damit ein erster wichtiger Meilenstein zur Umsetzung des globalen Rahmens für biologische Vielfalt (Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework). Eine weitere Besonderheit war, dass der erste Globale Bericht zum Zustand wandernder Tierarten veröffentlicht wurde, der verdeutlicht, dass sich der Erhaltungszustand vieler wandernder Tierarten verschlechtert hat. Die Konferenz, auf der über 2000 Delegierte der Vertragsstaaten sowie eine Vielzahl von NROs (Nichtregierungsorganisationen) und IOs (Internationale Organisationen) teilnahmen, einigte sich zudem auf Maßnahmen, um die Lebensbedingungen für viele wandernde Tierarten zu verbessern, die unter einer zunehmenden Zerschneidung ihrer Lebensräume leiden. So macht der weltweit zunehmende Ausbau der Infrastruktur (Straßen, Eisenbahn, Kanäle) vielen Arten Wanderungen unmöglich, was artenspezifische Querungshilfen erforderlich macht. Die Vertragsstaatenkonferenz stand passend dazu unter dem Motto "Nature knows no borders" (Natur kennt keine Grenzen). Im gleichen Zusammenhang wurde die Globale Partnerschaft zur ökologischen Konnektivität ("Global Partnership on Ecological Connectivity") gestartet. Im Rahmen dieser Initiative sollen Gebiete, die für wildlebende wandernde Arten von Bedeutung sind, identifiziert, geschützt und verbunden werden.
Die Resolutionen und Entscheidungen, die auch von Deutschland mit unterstützt wurden, sowie weitere Information finden Sie auf der Webseite der Konferenz.
Die Vertragsparteien arbeiten darüber hinaus gemeinsam daran, mit Hilfe von konkreten Aktionsplänen den Rückgang von Arten zu stoppen. Deutschland engagiert sich hier zum Beispiel in Initiativen zum Schutz asiatischer Steppentiere wie der Saigaantilope oder wandernder Antilopen- und Gazellenarten der Sahel-Sahara Region. In den nächsten Jahren steht auch weiterhin für Deutschland der Schutz wandernder Arten der Steppen Innerasiens als ein besonderer Schwerpunkt im Fokus. Angesichts zunehmender Rohstoffausbeutung sowie den Bau der neuen Seidenstraße gilt es, potentielle negative Auswirkungen dieser Abkommen – wie die Zerschneidung von Wanderkorridoren durch Straßen und Schienenwege mit eventuell großräumigen Geländeabzäunungen – auf wandernde Arten wie Saigas, Kulan-(Halb-)Esel, Kropfgazellen oder Wildkamele zu verhindern oder zumindest zu mindern.
Deutschland wird sich weiterhin besonders für den Schutz von wandernden Tierarten im Kontext des Ausbaus erneuerbarer Energien engagieren und mit anderen Ländern daran arbeiten, diesen Ausbau artenschutzverträglich zu gestalten.