– Es gilt das gesprochene Wort –
Liebe Kollegin, Ministerin Svenja Schulze,
liebe Kolleginnen und Kollegen, Abgeordnete des Deutschen Bundestages,
liebe Frau Dr. Scholz,
sehr geehrte Damen und Herren,
Mitte März habe ich die Bundesregierung auf der Weltwasserkonferenz in New York vertreten – einige von Ihnen waren vielleicht auch dort. Dort wurde einmal mehr offensichtlich: Die Agenda 2030 ist keine abstrakte Transformationsagenda. Sie treibt die einzelnen Staaten und die Weltgemeinschaft zu konkreten Maßnahmen und Verbesserungen an.
SDG 6 gesteht jedem Menschen das Recht auf sauberes Wasser zu. Die Konferenz in New York hat uns diesem Ziel ein gutes Stück nähergebracht – mit der neuen "Water Action Agenda" und ihren über 700 Verpflichtungen. Deutschland hat insgesamt 200 Millionen Euro für Kooperationen und Projekte zum Thema Wasser zugesagt.
Das SDG 6 steht für mich auch deshalb exemplarisch für die Agenda 2030, weil es deutlich macht, wie eng die SDGs miteinander verwoben sind. Wasser ist die Grundlage allen Lebens. Mir ist in New York noch einmal bewusstgeworden, wie unglaublich privilegiert wir hier in Deutschland sind. Wir können zu jeder beliebigen Zeit den Wasserhahn aufdrehen, und es sprudelt sauberes, frisches Trinkwasser heraus. Damit das so bleibt, haben wir in Deutschland gerade die "Nationale Wasserstrategie" verabschiedet.
Für sehr viele – viel zu viele – Menschen auf der Welt ist das immer noch ein weit entfernter Traum. Das gilt umso mehr, da wir in Folge der Klimakrise immer mehr verheerende Dürren erleben und die fortschreitende Naturzerstörung Entwicklungschancen behindert.
Es ist deshalb dringend erforderlich, dass wir die Art und Weise, wie wir mit Wasser umgehen, grundsätzlich ändern. Die Voraussetzungen dafür haben wir in den letzten Wochen und Monaten geschaffen:
- Anfang März ist es der Staatengemeinschaft erstmals gelungen, ein Abkommen zum Schutz der Hohen See zu verabschieden. Das ist ein echter Durchbruch. Endlich kann die Meeresnatur und die noch wenig erforschte Tiefsee auch außerhalb der nationalen Hoheitsgewässer geschützt werden.
- Bei der Weltnaturkonferenz in Montreal im Dezember haben wir einen Schutzschirm für die Natur aufgespannt. Zu den Vereinbarungen gehört, bis 2030 30 Prozent der Flächen an Land und im Meer als Schutzgebiete auszuweisen.
- Schon seit letztem Jahr laufen die Verhandlungen über ein Plastikabkommen, das die Vermüllung von Meeren und Ozean mit Plastik stoppen soll.
Diese Beispiele der globalen Zusammenarbeit auf Basis der SDGs in geopolitisch schwierigen Zeiten finde ich wirklich ermutigend. Insgesamt ist die internationale Umsetzung von SDG 6 aber noch zu langsam, zu punktuell und zu unkoordiniert. Deshalb habe ich auf der Welt-Wasserkonferenz dafür geworben, dass wir unsere Anstrengungen gemeinsam verstärken.
Schnellerer Fortschritt, das ist leider für viele SDGs notwendig. Bis 2030 bleiben uns noch sieben Jahre. Das ist nicht viel Zeit. Laut SDG-Fortschrittsbericht des VN-Generalsekretärs sind lediglich zwölf Prozent der Ziele auf dem richtigen Weg. Wir müssen also besser werden bei der Umsetzung. Wie das gehen kann, darüber wollen wir heute sprechen.
Wir werden gleich Dr. Imme Scholz zum Weltnachhaltigkeitsbericht hören. Eine Empfehlung des Berichts möchte ich hervorheben: SDG-Maßnahmen mit der Umsetzung anderer globaler Abkommen zu verknüpfen – zum Beispiel dem Beschluss von Montreal zum Schutz der Natur oder dem Pariser Klimaabkommen. Mir ist es ein Anliegen, die Synergien zwischen den Abkommen viel stärker zu nutzen.
Für den Umweltbereich kann ich zum Beispiel sagen, dass sich kaum ein Nachhaltigkeitsziel ohne verantwortungsvolles Chemikalien- und Abfallmanagement erreichen lässt. Diesem Thema stellt sich die 5. Weltchemikalienkonferenz ICCM5, die unter deutscher Präsidentschaft Ende September in Bonn stattfindet. 95 Prozent aller Produkte enthalten Chemikalien. Das zeigt die Dimension der Aufgabe. Bei der Weltchemikalienkonferenz werden Vertragsstaaten, internationale Organisationen, Zivilgesellschaft und der Privatsektor einen Rahmen setzen für ein zukünftiges globales Chemikalien- und Abfallmanagement. Die Verhandlungen sind ein sektorübergreifender Beitrag zur Bekämpfung der Verschmutzungskrise.
Es gibt noch viele weitere Querverbindungen: Eine intakte Natur ist die Grundlage unseres Lebens und Wirtschaftens – deswegen ist die Vereinbarung von Montreal so wichtig für eine nachhaltige Entwicklung. Oder nehmen Sie den Abbau von Rohstoffen. Er geschieht häufig unter unwürdigen Arbeitsbedingungen und mit massiven Umweltbelastungen. Wir müssen die Ressourcenverschwendung stoppen. Deswegen setze ich mich dafür ein, der Kreislaufwirtschaft eine viel stärkere Rolle beizumessen.
Die Agenda 2030 können wir nur umsetzen, indem wir Synergien nutzen. Die Herausforderungen sind global und miteinander verflochten: die ökologische Dreifachkrise aus Klimakrise, Artenaussterben und Umweltverschmutzung, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und seine Folgen, die Auswirkungen der Corona-Pandemie – um nur einige zu nennen. Die Antwort kann nur sein, die globale Zusammenarbeit zu verstärken.
Gemeinsam auf die SDGs hinarbeiten, das bedeutet zum Beispiel auch, die unterschiedlichen Bedingungen in den Ländern des globalen Südens wahrzunehmen. Sie wo nötig unterstützen und von ihnen wo möglich zu lernen. Auch freue ich mich sehr, die Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern wie Brasilien und Indien zu verstärken. Und heute, am Europatag, möchte ich auch besonders die Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union würdigen.
Mein persönliches Anliegen ist, dass wir gemeinsam beim Thema Wasser vorankommen. Denn Wasser ist die wichtigste Lebensgrundlage und damit die Voraussetzung für eine gerechte Welt für alle. Nutzen Sie heute die Gelegenheit zum Austausch! Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge, wie wir schneller und wirksamer die Weichen für eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft stellen können.
Herzlichen Dank, dass Sie heute dabei sind.