Stimmt für die Natur – Gastbeitrag von Steffi Lemke zum Restoration Law

11.07.2023
Bundesministerin Steffi Lemke
Steffi Lemke hält in ihrem Gastbeitrag in der Welt ein Plädoyer für den europäischen Klimaschutz.

Der große Christdemokrat und ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat einst einen Satz geprägt, den man in diesen Tagen in leuchtenden Lettern über den Eingang des Europaparlamentes in Straßburg schreiben möchte. "Eine zweite Arche Noah wird es nicht geben, die uns in eine bessere Zukunft hinüberrettet."

Von Weizsäcker gehörte zu den weitblickenden (und nicht wenigen) Konservativen, die die Bedeutung des Umweltschutzes zu einer Zeit erkannten, als manche ihn noch als unnötige Spinnerei abtaten. Warum handeln Europas Konservative nicht danach?

In Europa spielt sich gerade ein Drama ab, in dem die konservative EVP, die Europäische Volkspartei, eine zentrale Rolle spielt. Es geht um nichts weniger als den Versuch, eine halbwegs intakte Natur in die Zukunft hinüberzuretten, damit wir selbst und auch unsere Kinder und Enkel noch frei und glücklich in ihr leben und sie nutzen können. Aber die EVP droht ein wichtiges Gesetz zur Wiederherstellung der Natur in der entscheidenden Abstimmung zu blockieren.

Ich möchte an dieser Stelle eine Einladung aussprechen an die Abgeordneten dieser traditionsreichen, europäischen Partei, im Sinne von Weizsäckers zu handeln. Schützen Sie unseren Planeten! Dieses Gesetz ist zu wichtig, um es aufgrund von machtpolitischen Spielchen scheitern zu lassen.

Es steht nicht gut um die Erde. Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen: Die unerbittlichen Begleiterscheinungen der Klimakrise nehmen zu. Auch die Natur um uns herum verändert sich in einem erschreckenden Tempo. I nsekten und Singvögel verschwinden , Fischbestände schrumpfen, Hitze und Trockenheit lassen Ackerböden und Wälder austrocknen. Es ist höchste Zeit, in Europa gemeinsam daran zu arbeiten, diese Entwicklung mit aller uns zur Verfügung stehenden Kraft zu stoppen und umzudrehen.

In Brüssel und Straßburg sind die Verhandlungen über diesen Rettungsplan fast abgeschlossen, es fehlt noch das Votum des Europaparlamentes. Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur - entwickelt von der konservativen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen - soll die Ökosysteme schützen, damit sie uns vor den Folgen der Klimakrise schützen können.

Agrarlandschaften sollen wieder humusreiche Böden haben, Forste zu naturnahem, widerstandsfähigem Mischwald werden, trockengelegte Moore wieder vernässt, Flüsse und ihre Auen aus ihrem Korsett befreit werden. Statt versiegelt und verdrängt, soll Natur "repariert" werden.

Und um gleich einem Missverständnis vorzubeugen, das von Gegnern des Gesetzes gerne bemüht wird: Es geht selbstverständlich keineswegs darum, Europa flächendeckend zum Naturschutzgebiet zu erklären, gar mit einem romantisierenden Naturbegriff andere Nutzungen unmöglich zu machen. Es geht schlicht darum, anzuerkennen, dass unsere Natur längst in einem so jämmerlichen Zustand ist, dass lebenswichtige Ökosystemfunktionen eben nicht mehr dauerhaft gewährleistet sind und dass wir uns kümmern müssen, nicht nur eine weitere Verschlechterung zu vermeiden, sondern sie Stück für Stück wiederherzustellen.

Den Auftrag zur Wiederherstellung des weltumspannenden Netzes des Lebens hat die Staatengemeinschaft im Übrigen schon längst beschlossen: auf der Weltnaturkonferenz in Montreal im letzten Dezember. Gute Gründe für eine Zustimmung Warum nun sollten Konservative für einen Plan stimmen, für den europäische Umweltminister seit Monaten werben?

Weil eine gesunde Natur die Lebensversicherung nicht nur für unsere Kinder und Enkel ist, sondern auch die Basis für Wirtschaften überhaupt.

Weil nur eine gesunde Natur den Land- und Forstwirten auf Dauer ihre Existenzgrundlage sichert: gute Böden, sauberes Wasser und Insekten mit ihrer Bestäuberleistung.

Weil es die Ernten von morgen und übermorgen sind, die unser Überleben sichern und nicht nur das, was die hart arbeitenden Bäuerinnen und Bauern heute in die Scheune einfahren.

Weil der Glaube an die europäischen Institutionen, daran, dass Verlässlichkeit gegenüber Partnern wichtig ist, wenn Prozesse verabredet wurden, mal zur DNA der EVP gehörte. Eine gesunde Natur bedeutet auch eine schöne Heimat.

Und nicht zuletzt, weil eine gesunde Natur auch eine schöne Heimat bedeutet. Überall in Europa lieben die Menschen den klaren See, in dem sie schon als Kind badeten, den Fluss, der ruhig durch Wiesen vor ihrer Stadt fließt, den alten Buchenwald, in dem es sich so herrlich wandern lässt.

Was könnte konservativer sein in Zeiten von Klimakrise, Naturkrise und geopolitischer Krise, als das Bewahren der Schöpfung?

Am 12. Juli wird das Europäische Parlament über das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur abstimmen. Ich sehe die Chance, eine Brücke zu schlagen zwischen denen, die viel und schnell verändern wollen, und denen, die das Gute bewahren möchten. Denn im Naturschutz gilt inzwischen ein Satz, der wie ein Paradoxon klingt, den aber kluge Konservative seit jeher in Politik übersetzen: Vieles muss sich ändern, damit Wertvolles so bleiben kann, wie es ist.

11.07.2023 | Medienbeitrag Naturschutz
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