Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie und ihre Umsetzung in Deutschland
"Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss ... ... es ist erforderlich, eine integrierte Wasserpolitik in der Gemeinschaft zu entwickeln."
(Auszug aus den Erwägungsgründen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie)
Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft ist am 22. Dezember 2000 in Kraft getreten. Mit dem Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt fiel der Startschuss für eine integrierte Gewässerschutzpolitik in Europa, die auch über Staats- und Ländergrenzen hinweg eine koordinierte Bewirtschaftung der Gewässer innerhalb der Flusseinzugsgebiete bewirkt. Das Bundesumweltministerium begrüßt die Wasserrahmenrichtlinie, die zu einer Harmonisierung des Gewässerschutzes innerhalb der weiter anwachsenden Gemeinschaft und zu einer Verbesserung des Zustands der Gewässer beiträgt.
Der besondere Reiz dieser Richtlinie liegt in der konsequenten Umsetzung einer ganzheitlichen Betrachtung der Gewässer, vor allem aus ökologischer Sicht. Gleichzeitig regelt sie aber auch spezifische Tatbestände. Beide Aspekte zeigen sich insbesondere im
- konsequent flächenhaften, auf das Flusseinzugsgebiet bezogenen Ansatz,
- gewässertypenspezifischen Ansatz,
- kombinierten Ansatz der Betrachtung von Schadstoffen (Emission und Immission) und
- einzelstoff- beziehungsweise gruppenparameterbezogenen Ansatz.
Insgesamt werden sieben EG-Richtlinien, die auf einen sektoralen, nutzungsspezifischen Gewässerschutz abzielen, nach Übergangsfristen (sieben beziehungsweise 13 Jahre) aufgehoben. Durch die Richtlinie werden insbesondere neue Impulse für einen stärker ökologisch ausgerichteten ganzheitlichen Gewässerschutz erwartet. Die bereits im deutschen Wasserrecht verankerten Bewirtschaftungselemente und immissionsbezogenen Instrumente werden verstärkt angewendet. Auch ökonomische Betrachtungen haben an Bedeutung gewonnen. Die Regelungen der Wasserrahmenrichtlinie, insbesondere die geforderte integrierte Bewirtschaftung der Gewässer nach Flussgebietseinheiten, werden das allgemein hohe Niveau des Gewässerschutzes in Deutschland noch verstärken. Ab Inkrafttreten laufen die in der Richtlinie vorgegebenen Fristen zur rechtlichen und materiellen Umsetzung in den Mitgliedsstaaten an. Für die föderale Struktur in Deutschland bedeutet dies: Bund und Länder müssen ihr Handeln aufeinander abstimmen, damit möglichst in 15 Jahren eine gute Gewässerqualität in Deutschland erreicht ist.
Anhand der nachfolgenden Stichworte wird die Richtlinie näher vorgestellt
Im Februar 1996 begann die Europäische Kommission mit Konsultationen über die Wasserpolitik in der Europäischen Union. Diese Beratungen waren die Grundlage für einen Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Gewässerpolitik, den sie ein Jahr später vorlegte.
Nach umfangreichen Anhörungen der beteiligten Kreise und im Rat in Brüssel wurde der mehrfach veränderte Richtlinienentwurf dem Europäischen Parlament vorgelegt, das in erste Lesung im Februar 1999 zahlreiche Änderungsvorschläge machte. Manche der Vorschläge flossen in den gemeinsamen Standpunkt des Rates der Europäischen Union vom Oktober 1999 ein. Dieser gemeinsame Standpunkt fand in der zweiten Lesung des Europäischen Parlaments im Februar 2000 keine Mehrheit, so dass ein Vermittlungsverfahren notwendig wurde. Das im Mai 2000 eingeleitete Vermittlungsverfahren konnte nach langwierigen Verhandlungen im Juni 2000 unter portugiesischer Präsidentschaft erfolgreich abgeschlossen werden. Der Kompromiss wurde vom Rat und vom Parlament im September 2000 angenommen.
Die Richtlinie schafft einen Ordnungsrahmen für den Schutz der Binnenoberflächengewässer, der Übergangsgewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers. Die übergeordneten Ziele sind in Artikel 1 festgelegt:
- Schutz und Verbesserung des Zustandes aquatischer Ökosysteme und des Grundwassers einschließlich von Landökosystemen, die direkt vom Wasser abhängen
- Förderung einer nachhaltigen Nutzung der Wasserressourcen
- Schrittweise Reduzierung prioritärer Stoffe und Beenden des Einleitens/Freisetzens prioritär gefährlicher Stoffe
- Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers
- Minderung der Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren
Die eigentlichen, verbindlichen Umweltziele sind in Artikel 4 festgelegt, der zentralen Vorschrift der Richtlinie. Bei oberirdischen Gewässern gelten folgende Ziele:
- Guter ökologischer und chemischer Zustand in 15 Jahren
- Gutes ökologisches Potenzial und guter chemischer Zustand bei erheblich veränderten oder künstlichen Gewässern in 15 Jahren
- Verschlechterungsverbot
Beim Grundwasser sind folgende Ziele zu erreichen:
- Guter quantitativer und chemischer Zustand in 15 Jahren
- Umkehr von signifikanten Belastungstrends
- Schadstoffeintrag verhindern oder begrenzen
- Verschlechterung des Grundwasserzustandes verhindern
Im Hinblick auf den Grundwasserschutz sind vom Europäischen Parlament und vom Rat spezielle Maßnahmen zur Verminderung und Begrenzung von Verschmutzungen zu erlassen. Die Europäische Kommission sollte dazu innerhalb von zwei Jahren nach Verabschiedung der Richtlinie entsprechende Vorschläge unterbreiten. Im September 2003 hat die Europäische Kommission einen solchen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzungen vorgelegt. Am 16. Januar 2007 ist die Grundwasserrichtlinie vom 12. Dezember 2006 in Kraft getreten.
Bei künstlichen und erheblich veränderten Oberflächengewässern kann eine gesonderte Ausweisung erfolgen. Die Ausweisung erheblich veränderter Gewässer steht aber erst am Ende einer sorgfältigen Prüfung der Verbesserungsmöglichkeiten. Soweit bei diesen Gewässern, beziehungsweise bei Gewässerabschnitten, bei denen der gute ökologische Zustand nicht oder nicht mit verhältnismäßigen Mitteln wieder hergestellt werden kann und wenn durch die erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung des guten ökologischen Zustands bestimmte Nutzungen, wie Wasserkraft, Schifffahrt, Hochwasserschutz entscheidend beeinträchtigt würden, muss für die entsprechenden Gewässer bzw. Gewässerabschnitte nicht der gute ökologische Zustand erreicht werden, sondern das gute ökologische Potenzial. Die Definitionen des guten ökologischen Zustandes und des guten ökologischen Potenzials ergeben sich aus den Tabellen in Anhang V der Richtlinie. Die Anforderungen an die chemische Qualität der Gewässer, also hinsichtlich der Schadstoffbelastung, bleiben davon unberührt; sie gelten auch für als erheblich verändert ausgewiesene Gewässer. Die sorgfältige Prüfung zur Ausweisung erheblich veränderter Gewässer bezieht sich nicht nur auf den bestehenden Gewässerzustand, sondern auch auf Veränderungen aufgrund künftiger Maßnahmen. Hier sind alternative, umweltfreundlichere Optionen Umweltoptionen in den Abwägungsprozess einzubeziehen.
Für die Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Richtlinie ergeben, trägt jeder Mitgliedstaat die Verantwortung. Zu den wichtigsten Aufgaben gehören:
Bestandsaufnahme (Ist-Zustand)
Zielbestimmung (Soll-Zustand)
Festlegung der Maßnahmen, um die Ziele zu erreichen.
Die Aufgaben im Einzelnen sind zum Beispiel:
- Bestimmung der Flusseinzugsgebiete
- Zuordnung zu einer internationalen Flussgebietseinheit
- Analyse der Merkmale im Einzugsgebiet, wie
- Festlegung der Typen der Oberflächengewässer
- Festlegung der Referenzbedingungen und Messstellen
- Beschreibung der Grundwasserkörper
- Überprüfung der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten
- Erarbeitung von Signifikanzkriterien
- Festlegung der Überwachungsmodalitäten
- Bewertung des Gewässerzustandes
- Durchführung der wirtschaftlichen Analyse
- Durchsetzung des Kostendeckungsprinzip
- Festlegung der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme
Umsetzung der WRRL in nationales Recht
Die Richtlinie ist durch Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und in den Landeswassergesetzen sowie durch den Erlass von Landesverordnungen umgesetzt worden. Das novellierte Wasserhaushaltsgesetz ist fristgerecht im Juni 2002 in Kraft getreten. Auch alle Bundesländer haben ihre Wassergesetze zur Umsetzung der Richtlinie angepasst.
Wasserhaushaltsgesetz
Im Wasserhaushaltsgesetz war aufgrund der damaligen Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (Artikel 75 GG) keine umfassende Umsetzung der WRRL möglich. In der Fassung von 2002 konnten nur die wesentlichen Grundsätze der Richtlinie übernommen werden, insbesondere Regelungsaufträge an die Länder erteilt werden.
Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 wurde das Wasserrecht des Bundes grundlegend neu gestaltet. Ihren Ursprung hat die Neuregelung in der Föderalismusreform von 2006, die die Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern neu geordnet hat. Mit der Abschaffung der Rahmengesetzgebung war insbesondere der Bereich des Umweltschutzes von den Kompetenzverschiebungen betroffen, welcher von der Rahmenkompetenz in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz überführt wurde. Der Bund machte nicht zuletzt aufgrund der Schwierigkeiten, die bei der Umsetzung von EG-Recht in deutsches Recht bei bestehender Rahmengesetzgebung deutlich geworden waren, von seiner neuen Kompetenz Gebrauch. Ein Ziel der Wasserrechtsreform war daher auch, die "Europatauglichkeit" des deutschen Umweltrechts zu verbessern, indem die Voraussetzungen für eine bundesweit einheitliche Umsetzung europäischer Vorgaben im Wasserrecht geschaffen werden sollten. Die Umsetzung des EG-Wasserrechts sollte nicht mehr auf zwei Stufen durch Bund und Länder erfolgen.
Das neue WHG trat am 1. März 2010 in Kraft. Es baut im Wesentlichen auf seinem Vorgänger auf und enthält folgende Aspekte der WRRL:
- Ergänzung im Hinblick auf eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung und den Schutz direkt von Gewässern abhängender Ökosysteme, Vorrang der ortsnahen Wasserversorgung
- Übernahme einiger Definitionen der WRRL (zum Beispiel Flussgebietseinheit, Einzugsgebiet), Grundsatz der Bewirtschaftung nach Flussgebietseinheiten und Verpflichtung zur nationalen und internationalen Koordination,
- Aufnahme der Bewirtschaftungsziele für die Gewässer entsprechend der Struktur des WHG: guter ökologischer und chemischer Zustand der oberirdischen Gewässer und Küstengewässer, gutes ökologisches Potenzial und guter chemischer Zustand für die künstlichen und erheblich veränderten Gewässer (ein Ausnahmetatbestand der WRRL), guter mengenmäßiger und chemischer Zustand des Grundwassers,
- Regelung der nach der WRRL zulässigen Ausnahme- und Fristverlängerungsmöglichkeiten. Die Erreichung des Zieles eines guten Gewässerzustandes kann um maximal 12 Jahre verlängert werden, unter bestimmten Umständen (z. B. entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen, Verhältnismäßigkeitserwägungen) können schwächere Ziele angestrebt werden und für künstliche oder durch den Menschen erheblich veränderte Gewässer können geringere Zielanforderungen festgelegt werden. Hier besteht aber ein hoher Begründungsbedarf und die Ausnahmen und Verlängerungen sind regelmäßig zu überprüfen und ggf. anzupassen.
Das neue WHG löst das bisherige Rahmenrecht des Bundes im Bereich der Wasserwirtschaft nun durch Vollregelungen ab und verlagert die Regelung von Detailfragen, deren Notwendigkeit aus den umfangreichen Vorgaben des EG-Rechts resultiert, weitestgehend auf die Verordnungsebene. Ein Beispiel für die nun möglich gewordene bundeseinheitliche Umsetzung des EG-Wasserrechts ist die Grundwasserverordnung, die der Bund auf der Ermächtigungsgrundlage im neuen WHG erlassen hat. Die Länder können gemäß Artikel 72 des Grundgesetzes vom Bundesrecht abweichende Regelungen erlassen, wenn es sich nicht um stoff- oder anlagenbezogene Regelungen handelt. Einige Länder haben bereits ihre Landeswassergesetze an den neuen Rechtszustand angepasst, andere Länder novellieren derzeit noch ihre Landeswassergesetze.
Am 16. Januar 2007 ist die Richtlinie 2006/118/EG des europäischen Parlamentes und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung in Kraft getreten.
Die neue Grundwasserrichtlinie enthält:
- Kriterien für die Beschreibung des chemischen Grundwasserzustandes:
- Normen und Verfahren für die Bewertung dieses Zustandes
- EU–einheitliche Qualitätsnormen für Nitrat und Pflanzenschutzmittel
- eine Mindestliste für Parameter, für die national Schwellenwerte (nationale Qualitätsnormen) abzuleiten sind
- Kriterien für die Ableitung dieser Werte:
- Kriterien zur Ermittlung signifikanter und anhaltender steigender Schadstoffbelastungstrends
- Regelungen zur Umkehrpunkt solcher Belastungstrends
- Maßnahmen zur Verhinderung oder Begrenzung des Eintrags von Schadstoffen in das Grundwasser
Wesentliches Element der Grundwasserrichtlinie ist die Unterscheidung des qualitativ guten vom schlechten Grundwasserzustand anhand von "Grenzwerten" (EU-einheitliche Qualitätsnormen und national festzulegende Schwellenwerte). Grundwasser ist dann in einem guten Zustand, wenn an keiner Messstelle die Werte überschritten werden. Wird an einer oder mehreren Messstellen der Wert überschritten, ist im Einzelnen zu prüfen, ob Nutzungen oder (ökologische) Funktionen des Grundwassers gefährdet sind. Bestehen solche Gefährdungen, wird der Grundwasserkörper in den schlechten Zustand eingestuft. Ein Grundwasserkörper im schlechten Zustand ist durch entsprechende Maßnahmen zu verbessern mit dem Ziel, den guten Zustand bis 2015 zu erreichen. Ebenfalls Maßnahmen zur Reduzierung von Grundwasserbelastungen sind dann zu ergreifen, wenn ansteigende Schadstofftrends beobachtet werden. Spätestens bei Überschreitung von 75 Prozent des Wertes einer Qualitätsnorm oder eines Schwellenwertes sind Minderungsmaßnahmen zu ergreifen. Zur Berücksichtigung des vorsorgenden Grundwasserschutzes ist in Analogie zur alten Grundwasserrichtlinie (80/68/EWG vom Dezember 1979) vorgesehen, den Eintrag bestimmter besonders gefährlicher Schadstoff zu verhindern und den Eintrag weniger schädlicher Stoffe zu begrenzen. Die Regeln der besten Umweltpraxis und der besten verfügbaren Technik nach Maßgabe einschlägiger Gemeinschaftsvorschriften sind dafür zu Grunde zu legen.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat, nachdem die Förderalismusreform 2006 die Voraussetzungen hierfür geschaffen hat, die EU-rechtlichen Bestimmungen zum Grundwasserschutz umfassend und inhaltsgleich durch eine Bundesverordnung umgesetzt. Die neue Grundwasserverordnung vom 9. November 2010 (BGBl. I S. 1513) ist am 16. November 2010 in Kraft getreten.
Die Verordnung zum Schutz des Grundwassers enthält als Kernelement die Festlegung einheitlicher Schwellenwerte für die Beschreibung und Bewertung des chemischen Grundwasserzustandes . Neben der Ermittlung der flächenhaften Ausbreitung von Überschreitungen der Schwellenwerte müssen für die Zustandseinstufung eines Grundwasserkörpers nach den EU-Vorgaben folgende Grundsätze berücksichtigt werden: Ein Grundwasserkörper ist im guten Zustand, wenn Untersuchungen belegen, dass
- keine Salz- oder andere Intrusionen bestehen (Nachweis über Leitfähigkeit) und
- die Ziele für verbundene Oberflächengewässer nicht gefährdet werden und die ökologische oder chemische Qualität dieser Oberflächengewässer nicht signifikant verringert wird und
- abhängige Landökosysteme nicht signifikant geschädigt werden und
- die Werte der Qualitätsnormen und der relevanten Schwellenwerte an keiner Messstelle im Grundwasserkörper überschritten werden.
Die für die entsprechende Überprüfung und Bewertung des Grundwasserzustandes erforderlichen Überwachungsprogramme, die zur Zeit noch in Landesverordnungen zur Umsetzung von Anhang II und V der Wasserrahmenrichtlinie geregelt sind, wurden aus Gründen der Kohärenz und Vollzugsvereinfachung ebenfalls in die neue Grundwasserverordnung des Bundes integriert. Erleichtert werden dadurch ebenfalls die Schritte zur Erfassung und Bewertung signifikanter ansteigender Schadstofftrends, die bundeseinheitlich in der Verordnung geregelt sind.
Weitere Informationen
- Kriterien für die Beschreibung des chemischen Grundwasserzustandes:
Die koordinierte Bewirtschaftung innerhalb von Flusseinzugsgebieten nach Artikel drei ist ein zentrales Element der Richtlinie, auf das sich die deutsche Wasserwirtschaft eingestellt hat. Bislang wurde die Bewirtschaftung überwiegend nach den politischen Grenzen der Gebietskörperschaften durchgeführt. Die einheitliche Bewirtschaftung von Flussgebieten wurde in Deutschland vor dem Inkrafttreten der Wasserrahmenrichtlinie kaum genutzt, sieht man von den Aufgaben der Wasserverbände und der flussgebietsbezogenen Planung bestimmter Teilaufgaben, zum Beispiel zur Abwasserbeseitigung ab.
Um die Ziele der Richtlinie zu verwirklichen, haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die Anforderungen der Richtlinie, und hier insbesondere die Bewirtschaftungspläne und die Maßnahmenprogramme, für die gesamte Flussgebietseinheit koordiniert werden. Bei internationalen Flussgebieten sorgen die beteiligten Staaten gemeinsam für die Koordination. Für nationale und internationale Flussgebietseinheiten soll jeweils ein einziger Bewirtschaftungsplan aufgestellt werden. Soweit Nichtmitgliedstaaten beteiligt sind, sollen sich die Mitgliedstaaten zumindest darum bemühen, einen einzigen Bewirtschaftungsplan zu erreichen.
Zur Aufstellung eines Bewirtschaftungsplans und eines Maßnahmenprogramms ist eine vielfältige Arbeit von der Datensammlung über die Bewertung, die Festlegung von Zielen und schließlich die Durchführung von Maßnahmen erforderlich. Nach Anhang VII Wasserrahmenrichtlinie enthält der Bewirtschaftungsplan unter anderem eine allgemeine Beschreibung des Flussgebietes einschließlich des Grundwassers, eine Zusammenfassung aller signifikanten Belastungen und menschlichen Einwirkungen auf die Gewässer, eine Kartierung der Schutzgebiete und des Überwachungsnetzes, eine Liste der Umweltziele für die Gewässer, eine Zusammenfassung der wirtschaftlichen Analyse und aller Maßnahmen und Maßnahmenprogramme, eine Auflistung der zuständigen Behörden und eine Zusammenfassung der Maßnahmen zur Information und Anhörung an der Erstellung des Bewirtschaftungsplans zu beteiligenden Öffentlichkeit.
Der Bewirtschaftungsplan und das Maßnahmenprogramm müssen im Sechs- Jahres-Rhythmus fortgeschrieben werden. Im Bewirtschaftungsplan sind auch der zu erwartende Erfolg oder der spätere Misserfolg der Maßnahmen ebenso wie die Inanspruchnahme von Ausnahmeregelungen darzustellen und regelmäßig zu dokumentieren. Er wird damit zum Kontrollinstrument für die an der Flussgebietsbewirtschaftung Beteiligten selbst wie für die Europäische Kommission.
Um die flussgebietsbezogene Koordinierung effektiv zu gestalten, wird es darauf ankommen, den Umfang auf das zur Erreichung der Ziele notwendige Maß zu beschränken. Nur so kann in der verhältnismäßig kurzen Zeitspanne zur Umsetzung der Richtlinie eine zufriedenstellende Lösung gefunden werden. Die Koordinierung ist daher in erster Linie eine Managementaufgabe und bedarf einer Einrichtung, bei der die Fäden zusammenlaufen. Die Umsetzung und die inhaltliche Arbeit werden die bestehenden wasserwirtschaftlichen Behörden leisten.
Die Zuordnung zu den jeweiligen Flussgebietseinheiten zeigt die Karte der Flussgebietseinheiten in Deutschland.
Es liegt im Interesse der Bundesrepublik Deutschland, dass die sich aus der Richtlinie ergebenden Pflichten auch bei einer flussgebietsbezogenen Vorgehensweise dennoch national gleichartig und vergleichbar umgesetzt werden. Deshalb ist es erforderlich, sich innerhalb Deutschlands auf bundeseinheitliche Vorgaben, zum Beispiel zur Ausweisung von erheblich veränderten Wasserkörpern, zu Signifikanzkriterien für Belastungen, zur ökologischen Bewertung oder zur Datenaufbereitung zu einigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Kriterien und Prinzipien bundesweit (teilweise auch EU-weit) erarbeitet und festgelegt werden und die konkrete Durchführung dann im Flussgebiet geschieht.
Der kombinierte Ansatz nach Artikel 10 Wasserrahmenrichtlinie für Einleitungen aus Punktquellen und diffusen Quellen in die Oberflächengewässer sieht einerseits die Festlegung von Emissionswerten und der damit verbundenen Definition des jeweiligen Standes der Technik und andererseits eine Definition von immissionsbezogenen Qualitätszielen für die Gewässer selbst vor. Werden die Qualitätsziele im Gewässer überschritten, sind strengere Emissionswerte festzulegen. Dieses Prinzip wird in der deutschen Wasserwirtschaft bereits angewendet.
Aktuelle Informationen zu prioritären Stoffen:
Die Richtlinie führt eine ganze Reihe von Fristen auf, innerhalb derer die rechtliche Umsetzung, die Bestandsaufnahme, die Überwachungsprogramme, die Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme fertig gestellt sein müssen und vor allem, wann das Ziel eines guten Gewässerzustandes erreicht werden muss.
Bislang waren der Europäischen Kommission vier Berichte vorzulegen:
- Liste und Karte der zuständigen Behörden einschließlich der internationalen Einrichtungen gemäß Artikel 3 Absatz 8 und Anhang I WRRL (11. Juni 2004)
- Bericht gemäß Artikel 15 Absatz 2 über die Analyse nach Artikel 5 WRRL (sogenannte Bestandsaufnahme 2004) (22. März 2005)
- Bericht gemäß Artikel 15 Absatz 2 über die Überwachungsprogramme gemäß Artikel 8 (22. März 2007)
- Bericht gemäß Artikel 15 Absatz 1 über die Bewirtschaftungspläne inklusive der Zusammenfassung der Maßnahmenprogramme gemäß Artikel 13 und Anhang VII (22. März 2010)
Weitere Informationen
Die Richtlinie fordert in Artikel 14 die Mitgliedstaaten auf, die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen zu fördern und die Öffentlichkeit zu informieren und anzuhören. Das gilt zum einen bei der Aufstellung und der späteren Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne in den jeweiligen Einzugsgebieten. Dazu sollen rechtzeitig die Zeitpläne und Arbeitsprogramme für die Aufstellung von Bewirtschaftungsplänen (spätestens Ende 2006) sowie ein Überblick über die wichtigen Wasserbewirtschaftungsfragen in der Flussgebietseinheit (spätestens Ende 2007) veröffentlicht werden. Anschließend ist der Entwurf des Bewirtschaftungsplans bis spätestens Ende 2008 zur Anhörung zu veröffentlichen. Die Öffentlichkeit soll in allen drei Stufen schriftlich Stellung nehmen können. Auf Antrag müssen auch Hintergrundinformationen und -dokumente zur Verfügung gestellt werden.
Eine frühzeitige aktive Beteiligung der Öffentlichkeit schon vor dieser dreistufigen Anhörung zum Bewirtschaftungsplan soll nach der Richtlinie gefördert werden. Dadurch wird der gesamte Planungsprozess transparent, können Konflikte früher erkannt und ggf. schon gelöst werden, die Akzeptanz für die Planungen erhöht und eine Vertrauensbasis zwischen Behörden und den von den Maßnahmen Betroffenen geschaffen wird. Hier sind in den Bundesländern vielfältige und erfolgreiche Aktivitäten ergriffen worden.
Die Richtlinie fordert, dass
- die Mitgliedstaaten das Prinzip der Kostendeckung bei Wasserdienstleistungen berücksichtigen müssen. Dabei sind auch Umwelt- und Ressourcenkosten zu berücksichtigen,
- die Wasserpreise angemessene Anreize für die effiziente Nutzung der Ressource Wasser darstellen müssen und
- unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips durch die verschiedenen Nutzer angemessene Beiträge zu erbringen sind.
Die Mitgliedstaaten können bei der Umsetzung soziale, geographische und ökonomische Auswirkungen und Umweltgesichtspunkte einbeziehen. Die Forderung nach kostendeckenden Wasserpreisen war bis zum Jahr 2010 umzusetzen. Insgesamt betrachtet hat Deutschland bereits einen hohen Kostendeckungsgrad bei den Wasserpreisen erreicht.
Die WRRL fordert ein kohärentes Konzept für die Bewirtschaftung einer Flussgebietseinheit. Damit wird eine Länder- und Staatengrenzen überschreitende Koordination erforderlich, die die deutsche Wasserwirtschaftsverwaltung vor neue organisatorische Herausforderungen stellte. Grundsätzlich konnte für die Umsetzung der WRRL sowohl national als auch international auf die bestehenden Strukturen und Behörden abgestellt werden. Diese Strukturen mussten jedoch angepasst werden, vor allem im internationalen Bereich. Zudem mussten Koordinierungsgremien oder -ebenen eingerichtet werden, um die nach der WRRL erforderliche Abstimmung sicherzustellen. Die WRRL forderte bis Mitte 2004 die Meldung der für die Umsetzung der Richtlinie zuständigen Behörden und Strukturen nach Brüssel.
National sind Koordinierungsgremien in den betreffenden Flussgebietseinheiten eingerichtet worden, die auf einer informellen oder mehr oder weniger formalisierten Grundlage (zum Beispiel Staatsvertrag, Verwaltungsvereinbarung) arbeiten und an denen die betroffenen Verwaltungen beteiligt sind. Bereits hier wird die Einbindung der Wasserwirtschaftsverwaltungen aus den benachbarten Mitgliedstaaten überlegt, um schon frühzeitig eine Abstimmung zu erreichen und Meinungsverschiedenheiten zu vermeiden.
Für jede Flussgebietseinheit gibt es in Anbetracht der Größe und der an ihr beteiligten Länder und/oder Staaten hinsichtlich der Koordinierung unterschiedliche Ansätze.
Die WRRL stellt alle Beteiligten, vor allem die Bundesländer vor große Herausforderungen, die es zur Stärkung des integrativen Gewässerschutzes zu meistern gilt. Aufgrund des von der WRRL gesetzten Zeitdrucks gilt es, die erforderlichen finanziellen, personellen und organisatorischen Entscheidungen zügig zu treffen. Die rechtlichen und fachlichen Vorgaben zur Umsetzung der Richtlinie müssen zeitgerecht vorliegen, um die erforderlichen Arbeiten auf einer sicheren Grundlage in Angriff nehmen zu können. Mit der engen und guten Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, die schon bei den Beratungen der Richtlinie und bei der Vorbereitung der Umsetzungsarbeiten sehr hilfreich gewesen ist, kann eine zeitlich und inhaltlich ordnungsgemäße Umsetzung der WRRL gelingen.