Allgemeines

Während der gesamten Lebensdauer von der Errichtung und bis einschließlich ihrer Stilllegung unterliegen Atomkraftwerke und Forschungsreaktoren nach Erteilung der erforderlichen Genehmigung einer kontinuierlichen staatlichen Aufsicht gemäß Atomgesetz (AtG) und den zugehörigen atomrechtlichen Verordnungen.

Für die Aufsicht und somit die Überwachung der Sicherheit und der Sicherung von Atomkraftwerken und Forschungsreaktoren sind die Bundesländer zuständig. Diese wird durch eine für die Atomaufsicht jeweils zuständige Landesbehörde wahrgenommen. Das ist in den meisten Bundesländern das jeweilige Umweltministerium. Die Aufsichtsbehörden entscheiden im Regelfall, ob und welche aufsichtliche Maßnahme ergriffen wird (Sachkompetenz). Wie im Genehmigungsverfahren lassen sich die Länder bei der Aufsicht durch unabhängige Sachverständige unterstützen. Die Entscheidungen bezüglich anstehender Aufsichtsmaßnahmen verbleiben bei der Aufsichtsbehörde.

Oberstes Ziel der staatlichen Aufsicht über Atomkraftwerke und Forschungsreaktoren ist der Schutz der Bevölkerung und der in diesen Anlagen beschäftigten Personen vor den mit der Anlage verbundenen Risiken.

Die Aufsichtsbehörde des jeweiligen Landes überwacht insbesondere

  • die Einhaltung der Bestimmungen, Auflagen und Nebenbestimmungen der Genehmigungsbescheide,
  • die Einhaltung der Vorschriften des Atomgesetzes, der atomrechtlichen Verordnungen und sonstiger sicherheitstechnischer Regeln und Richtlinien,
  • die Einhaltung der erlassenen aufsichtlichen Anordnungen

und sie prüft, ob darüber hinaus zum Schutz von Leben und Gesundheit oder Sachgütern zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind.

Zur Gewährleistung der Sicherheit und Sicherung überwacht die Aufsichtsbehörde auch mit Hilfe ihrer Sachverständigen oder durch andere Behörden

  • die Einhaltung der Betriebsvorschriften,
  • die Durchführung der wiederkehrenden Prüfungen sicherheitstechnisch relevanter Anlagenteile,
  • die Auswertung besonderer Vorkommnisse,
  • die Durchführung von Änderungen der Anlage oder ihres Betriebes,
  • die Strahlenschutzüberwachung des Anlagenpersonals,
  • die Strahlenschutzüberwachung der Umgebung, auch durch das betreiberunabhängige Fernüberwachungssystem für Atomwerke,
  • die Einhaltung der anlagenspezifisch genehmigten Grenzwerte bei der Ableitung von radioaktiven Stoffen,
  • die Vorkehrungen gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter,
  • die Zuverlässigkeit und Fachkunde und den Fachkundeerhalt der verantwortlichen Personen sowie den Kenntniserhalt der sonst tätigen Personen auf der Anlage,
  • die Qualitätssicherungsmaßnahmen.

Die von der Aufsichtsbehörde zugezogenen Sachverständigen haben nach dem Atomgesetz jederzeit Zugang zur Anlage und sind berechtigt, notwendige Untersuchungen durchzuführen und Information zur Sache zu verlangen. An das Ergebnis ihrer Untersuchungen ist die Aufsichtsbehörde nicht gebunden.

Die Betreiber der Atomkraftwerke müssen, auch nach dem Ausstieg aus der kommerziellen Nutzung der Atomkernenergie, den Aufsichtsbehörden nach den jeweiligen Genehmigungsbestimmungen regelmäßig Betriebsberichte vorlegen. Darin sind Angaben zum Betriebsverlauf, zu Instandhaltungsmaßnahmen und Prüfungen, zum Strahlenschutz und zu radioaktiven Abfällen enthalten.

Sicherheitstechnisch relevante und sicherungsrelevante Vorkommnisse sind den Behörden nach der Verordnung über den Sicherheitsbeauftragten und über die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen [AtSMV] zu melden. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Berichterstattung der Betreiber zu einzelnen Themen. 

Ergänzend zu der ständigen behördlichen Aufsicht erfolgt nach Paragraf 19a AtG die Durchführung von Sicherheitsüberprüfungen und die Vorlage der Ergebnisse zu festgelegten Terminen.

Die Abgabe radioaktiver Stoffe wird über die Reaktorfernüberwachung von den Behörden kontinuierlich direkt in der Anlage und in ihrer Umgebung automatisch überwacht. Zusätzlich verfügt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) über ein feingliedriges Überwachungsnetz zur Messung der Umweltradioaktivität in der Bundesrepublik. 

Die Länder handeln bei der Atomaufsicht im Auftrag des Bundes (Paragraf 24 Atomgesetz in Verbindung mit Artikeln 87c, 85 Grundgesetz). Das Bundesumweltministerium hat die Aufgabe, im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung für eine einheitliche Rechtsanwendung und Handhabung sicherheitstechnischer Grundsätze und Anforderungen zu sorgen. Der Bund kann den Ländern verbindliche Weisungen zu Sach- und Rechtsfragen und zur Verfahrensleitung erteilen. Macht der Bund von seinem Weisungsrecht Gebrauch, zieht er insoweit die so genannte Sachkompetenz an sich.

Davon zu unterscheiden ist die sogenannte Wahrnehmungskompetenz, welche unentziehbar dem Land zusteht. Wahrnehmungskompetenz ist die Befugnis, im Außenverhältnis, das heißt insbesondere gegenüber den Anlagenbetreibern, rechtsverbindlich zu handeln. Dem Bund ist es in Aufsichtsverfahren verwehrt, Entscheidungen gegenüber den Betreibern selbst zu treffen und durchzusetzen.

In der Praxis macht der Bund gegenüber den Ländern von seinem Weisungsrecht selten Gebrauch. In den meisten Fällen, in denen der Bund sich in ein Aufsichtsverfahren einschaltet, verständigen sich Bund und Länder einvernehmlich darauf, ob und welche Maßnahmen getroffen werden sollen. 

Im Nachgang zur Integrated Regulatory Review Service (IRRS) Follow Up-Mission 2011 der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) haben sich das Bundesumweltministerium und die zuständigen atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden der Länder darauf verständigt, ein gemeinsames Aufsichtshandbuch zu erstellen, das die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern bei Leistungsreaktoren mit Betriebsgenehmigung und die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in atomrechtlichen Verfahren darstellt.

Im Jahr 2019 haben sich das Bundesumweltministerium und die zuständigen atomrechtlichen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden der Länder darauf verständigt das bestehende "Handbuch über die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Atomrecht" auf die Bereiche Stilllegung von Kernkraftwerken sowie Betrieb und Stilllegung von Forschungsreaktoren zu erweitern. Hierzu sind die bestehenden Prozessbeschreibungen für den Betrieb von Atomkraftwerken um Abschnitte ergänzt worden, welche die Relevanz des jeweiligen Prozesses bezüglich Stilllegung von Atomkraftwerken, Forschungsreaktoren in Betrieb und Forschungsreaktoren in Stilllegung beschreiben.

Stand: 27.09.2024

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