Meldepflichtige Ereignisse in Atomkraftwerken und Forschungsreaktoren
Mit der Verordnung über den kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten und über die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen (Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung AtSMV) vom 14. Oktober 1992 (Bundesgesetzblatt I Seite 1766) wurde die Verpflichtung der Betreiber kerntechnischer Anlagen rechtsverbindlich festgelegt, betriebliche Ereignisse (Betriebsstörung oder Störfall bis hin zum Unfall) an die Aufsichtsbehörde zu melden. Sinn und Zweck des behördlichen Meldeverfahrens ist es, den Sicherheitsstatus dieser Anlagen zu überwachen und ihn mit den aus den gemeldeten Ereignissen gewonnenen Erkenntnissen im Rahmen der Aufsichtsverfahren zu verbessern. Die Meldungen sind eine wesentliche Grundlage dafür, etwaige Mängel in der betreffenden Anlage frühzeitig zu erkennen und gegen das Auftreten ähnlicher Fehler in anderen Anlagen vorzubeugen beziehungsweise ähnliche Fehler in anderen Anlagen zu erkennen. Meldepflichtige Ereignisse werden entsprechend der ersten ingenieurtechnischen Einschätzung nach deren Auftreten den unterschiedlichen Meldekategorien zugeordnet.
In Deutschland sind die Bundesländer für die Aufsicht und somit die Überwachung der Sicherheit von kerntechnischen Einrichtungen zuständig. Das Bundesumweltministerium übt im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung die Bundesaufsicht über das Handeln der Bundesländer aus und sorgt für eine einheitliche Handhabung sicherheitstechnischer Grundsätze und Anforderungen.
Meldepflichtige Ereignisse werden vom Anlagenbetreiber zunächst der jeweils zuständigen Landesbehörde gemeldet und anschließend von dieser an das Bundesumweltministerium und parallel dazu an die zentrale Erfassungsstelle im Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) und an den für das Bundesumweltministerium tätigen Gutachter, die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH weitergegeben. Die jeweils zuständige Landesbehörde nimmt – bedarfsweise unter Hinzuziehung von Sachverständigen – eine Bewertung der Meldungen der Betreiber vor und ordnet gegebenenfalls Konsequenzen an.
Die Störfallmeldestelle des BASE hat die Aufgabe, alle Ereignisse, die in kerntechnischen Einrichtungen auftreten und die von der jeweils zuständigen Landesaufsichtsbehörde unter anderem dem BASE weitergemeldet werden, zu erfassen, zu dokumentieren und für das Bundesumweltministerium auszuwerten. Die Störfallmeldestelle des BASE unterstützt das Bundesumweltministerium bei dessen Aufgabe, die Öffentlichkeit in regelmäßigen Abständen über meldepflichtige Ereignisse zu unterrichten und veröffentlicht diese Informationen im Internet. Neben den aktuellen Monatsberichten werden die Jahresberichte über meldepflichtige Ereignisse, unterschieden nach Kernkraftwerken, Forschungsreaktoren und Anlagen der Ver- und Entsorgung von Kernbrennstoffen, erstellt. In einem Archiv sind die Berichte der vergangenen Jahre abgelegt. Neben weiteren Informationen zum Meldeverfahren sind Übersichtskarten mit den Standorten der kerntechnischen Einrichtungen vorhanden, die der Meldepflicht unterliegen und Informationen zum Anlagenstatus enthalten.
Im Auftrag des Bundesumweltministeriums untersucht die GRS Ereignisse im In- und Ausland, aber auch andere Erkenntnisse darauf hin, ob daraus etwas für andere kerntechnische Anlagen zu lernen ist. Um ein breites wissenschaftliches Meinungsspektrum zu berücksichtigen, werden zudem weitere Sachverständige, das Physikerbüro Bremen und das Öko-Institut e.V., hinzugezogen. In so genannten Weiterleitungsnachrichten (WLN) werden mit Zustimmung des Bundesumweltministeriums Empfehlungen für Verbesserungen in den deutschen Kernkraftwerken ausgesprochen.