Wildnis

moosbewachsener, umgestürzter Baum in einem Mischwald

Gebiete, in denen Natur wirklich Natur sein darf, sind selten in Deutschland. Schon seit Jahrhunderten wird nahezu die gesamte Landfläche für Siedlung, Gewerbe, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft genutzt. Vom Menschen kaum beeinflusste Gebiete sind daher nur noch in Fragmenten vorhanden, die für Wildnisgebiete typische natürliche Dynamik in der Landschaft wurde zurückgedrängt. Um die natürlichen Prozesse der Lebensraumdynamik wieder zu aktivieren, sollen mindestens zwei Prozent der Landesfläche einer von menschlichen Nutzungen freien Entwicklung überlassen werden. Dies entspricht etwa einer Fläche von 714.000 Hektar. 

Zentrale Ziele der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS):

  • Die Natur kann sich auf mindestens zwei Prozent der Landesfläche Deutschlands wieder nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln, beispielsweise in Bergbaufolgelandschaften, auf ehemaligen Truppenübungsplätzen, an Fließgewässern, an den Meeresküsten, in Mooren und im Hochgebirge.
  • Bei einem Großteil der Wildnisgebiete handelt es sich um großflächige Gebiete.

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Warum brauchen wir mehr Wildnis in Deutschland?

  • Große Gebiete, in denen sich die Natur gemäß ihren Gesetzmäßigkeiten entwickeln kann, sind unverzichtbar für den Schutz der biologischen Vielfalt. Viele Arten brauchen ungestörte Rückzugsräume mit hohem Strukturreichtum, die sie nur in großen, ungestörten Gebieten vorfinden. Darüber hinaus ist der genetische Austausch und das Ablaufen evolutiver Prozesse, die beispielsweise für die Anpassung an den Klimawandel wichtig sind, fast nur noch in Wildnisgebieten möglich.
  • In Wildnisgebieten können wir viel von der Natur lernen: Hier können wir erforschen, wie sich vom Menschen weitgehend unbeeinflusste Gebiete beispielsweise in Zeiten des Klimawandels verhalten und so Erkenntnisse für Management oder Bewirtschaftung gewinnen.
  • Es ergeben sich Synergien beim Klima- oder beim Hochwasserschutz: Naturnahe, "wilde" Wälder sind Hotspots der biologischen Vielfalt ebenso wie effektive Kohlendioxidsenken und Kohlenstoffspeicher. Natürliche Auen können Wasser und Nährstoffe zurückhalten, somit ergeben sich Synergien zwischen Natur-, Hochwasser- und Gewässerschutz.
  • Großflächige Wildnisgebiete können unsere Sehnsucht nach ursprünglichem Naturerleben stillen. Daher sind beispielsweise die Nationalparke auch in Deutschland Tourismusmagneten. Die Mehrheit der Menschen in Deutschland gibt an, Natur umso schöner zu finden, je wilder sie ist.
  • Es ist ein Gebot der internationalen Glaubwürdigkeit, dass wir uns auch in unserem Land für den Schutz von großflächigen Wildnisgebieten einsetzen und dies nicht nur beispielsweise im Regenwaldschutz einfordern.

Mehr dazu:

Für einen tieferen fachlichen Einstieg in die Argumentation für die Wildnisentwicklung in Deutschland hat das Bundesamt für Naturschutz ein umfangreiches Papier "Mehr Wildnis in Deutschland!" erstellt und mehrere Studien vergeben, die fundierte Informationen für Diskussionen und Argumentation liefern.

Wo stehen wir und was tun wir für die Wildnis in Deutschland?

  • Wir stellen seit 2019 einen Wildnisfonds zur Verfügung mit dem Ziel, die Länder bei der Umsetzung des Zwei-Prozent-Ziels Wildnis zu unterstützen. Informationen zur Antragstellung und zu bereits geförderten Projekten finden Sie auf der Seite von Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH.
  • Auch kleinere Flächen mit eigendynamischer Entwicklung schaffen ideale Synergien zwischen Biodiversitätsschutz und Klimaschutz und können zur Vernetzung der großen Wildnisgebiete beitragen. Im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz legen wir ein Programm "KlimaWildnis" zur Sicherung von kleinen Wildnisflächen auf.
  • Ebenfalls aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz fördern wir die KlimaWildnisZentrale, die zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle für alle Fragen rund um Wildnis auch im Kontext Natürlicher Klimaschutz ist.
  • Bund und Länder arbeiten bei der Umsetzung der Wildnisziele zusammen. Etwa im jährlichen Turnus tauschen sie sich bei den Bund-Länder-Gesprächen „"Mehr Wildnis in Deutschland"“ über die Weiterentwicklung des Wildnisprozesses aus.
  • Der Bund hat mit dem Nationalen Naturerbe rund 181.500 Hektar Bundesfläche für den Naturschutz gesichert. Für etwa 20 Prozent der bundeseigenen Wälder ist damit die natürliche Entwicklung perspektivisch festgeschrieben. Darüber hinaus bieten die Flächen des Nationalen Naturerbes auch Potenzial für großflächige Wildnisentwicklung.
  • Die Umwelt- und Naturschutzverbände, auch viele Stiftungen, haben ein großes Interesse an der Wildnisentwicklung in Deutschland und bringen sich auch selbst aktiv mit der Übernahme von Flächen ein.
  • In der Dialogreihe "Wildnis im Dialog", die etwa jährlich vom BfN durchgeführt wird, tauschen sich Expertinnen und Experten aus Verbänden, Stiftungen, Ländern und Bund seit Jahren regelmäßig über fachliche Fragen der Wildnis aus.
Stand: 25.09.2024

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