Stoffliche Belastung von Böden
Der Boden stellt das wichtigste Reinigungs- und Puffersystem für Schadstoffeinträge und damit die bedeutendste Barriere für die Verlagerung von Schadstoffen in das Grund- und Oberflächenwasser. Eine anthropogene stoffliche Belastung entsteht durch den Eintrag von Chemikalien und anderen Schadstoffen in einer Menge, die eine Beeinträchtigung der Bodenfunktionen wahrscheinlich macht. Auch über den Luftpfad und durch Niederschläge gelangen Schadstoffe in Böden.
Die Korngröße sowie der Humusgehalt der Böden haben Einfluss auf das Rückhaltevermögen von Schadstoffen. Ein humusreicher Oberboden hat daher das größte Puffer-, Filter-, und Transformationspotential, welches mit der Tiefe abnimmt. Belastungen sind jedoch nur so lange kompensierbar, wie die Filter- und Pufferkapazität nicht überschritten und die biologische Aktivität nicht nachhaltig gestört wird.
Wichtige bodenrelevante Schadstoffgruppen sind unter anderem Schwermetalle, organische Schadstoffverbindungen wie die Mineralölkohlenwasserstoffe und die organischen Halogenverbindungen sowie Rückstände von schwer abbaubaren Pflanzenschutzmitteln.
Auch ein Überangebot von Pflanzennährstoffen wie Stickstoff (N) und Phosphor (P) durch unsachgemäße Düngung stellt eine Belastung des Bodens dar und kann schädliche Auswirkungen auf Grund- und Oberflächenwässer auslösen. Siehe hierzu auch Belastung aus der landwirtschaftlichen Nutzung.
Kunststoffeinträge bergen ebenfalls Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Folgen der Verunreinigungen mit großen Kunststoffteilen wie Plastiktüten sind offensichtlich, doch auch das kaum sichtbare Mikroplastik stellt eine Gefahr für verschiedenste Organismen und Ökosysteme dar. Denn einmal in die Umwelt eingetragen, kann Mikroplastik kaum zurückgeholt werden und verbleibt in der Umwelt. Eine zusätzliche Gefahr bergen die in vielen Kunststoffen enthaltenen Zusatzstoffe wie bestimmte UV-Stabilisatoren, Weichmacher oder Flammschutzmittel. Sie hierzu auch Kunststoffe in Böden.
Anorganische Schadstoffe
In Böden, Gesteinen und Wässern kommen anorganische Spurenelemente wie zum Beispiel Schwer- und Halbmetalle wie Blei, Quecksilber, Arsen und Cadmium in geringerer Konzentration vor als die anorganischen Hauptbestandteile gesteinsbildender Minerale. Die natürlichen Konzentrationen weisen allerdings eine große Bandbreite auf und in Lagerstätten kommt es sogar zu abbauwürdigen Anreicherungen. Anthropogene Einträgen erfolgen vor allem durch den Bergbau, Verhüttung, den Straßenverkehr, unsachgemäße Abfallentsorgung und Industriebetriebe.
Einige dieser Spurenelemente reichern sich durch langjährige Einträgen im Boden an und können bei Überschreiten bestimmter Konzentrationen zu Beeinträchtigungen von Bodenleben und Pflanzenwachstum sowie zu einem Übergang in Nahrungs- und Futterpflanzen führen. Verschiedene anorganische Spurenelemente, wie zum Beispiel einige Schwermetalle, besitzen eine hohe Toxizität.
Säurebildner, wie vor allem Schwefelverbindungen (SO2) aus der Kohleverbrennung und Stickstoffverbindungen (NOx) gelangen aus dem Straßenverkehr und der landwirtschaftlichen Massentierhaltungen über den Luftpfad in Böden. Diese können vor allem in Wäldern eine Versauerung des Bodens verursachen, wodurch insbesondere die Löslichkeit und damit die Austragsgefährdung von Schwermetallen ins Grundwasser erhöht wird.
Organische Schadstoffe
Weltweit werden hunderttausende von Chemikalien hergestellt. Jährlich kommen tausende neue Substanzen hinzu. Der überwiegende Teil davon sind organische Chemikalien, die sich anthropogen in Böden anreichern können. Diese Hintergrundbelastung reicht von wenigen Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) bis hin zu mehreren Milligramm pro Kilogramm (mg/kg).
Persistente organische Umweltchemikalien, wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), fluororganische Schadstoffe (zum Beispiel PFAS) und polychlorierte Dibenzo-Dioxine und -Furane (PCDD/F) können sich aufgrund ihrer geringen Abbaubarkeit ähnlich wie Schwermetalle im Boden verhalten und anreichern.
Unter der Vielzahl der umweltrelevanten organischen Verbindungen gelten folgende Stoffgruppen als am stärksten verbreitet beziehungsweise haben das höchste Gefährdungspotential:
Mineralölkohlenwasserstoffe
Mineralölprodukte bestehen aus Stoffgemischen von Alkanen (MKW), aromatischen Kohlenwasserstoffen (BTEX: Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylole), Asphaltenen sowie verschiedenen Heteroverbindungen.
Durch den vielfältigen Einsatz von Mineralölprodukten kommt es bei der Gewinnung, beim Transport, Lagerung und Gebrauch sowie durch unsachgemäße Beseitigung, zu Verunreinigungen von Böden. Unter günstigen Randbedingungen können Mineralölkohlenwasserstoffe mikrobiologisch zu CO2 und Wasser abgebaut werden. Diese natürlichen Abbauprozesse werden "Natural Attenuation" genannt.
- Alkane bestehen ausschließlich aus Einfachverbindungen der beiden Elemente Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H). Die Einzelstoffe und ihre Bezeichnung unterscheiden sich nur durch die Anzahl ihrer CH2-Gruppen (Methan, Ethan, Propan...). Bereits geringe Mengen entgasender Kohlenwasserstoffe können bei Einatmung Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Sie wirken außerdem phytotoxisch und führen in Wasser zu erheblichen Geschmacksbeeinträchtigungen.
- Aromatische Kohlenwasserstoffe sind Verbindungen, die sich aus einem oder mehreren Benzolringen aus sechs C-Atomen mit Doppelbindungen aufbauen. Sie werden in ein- (BTEX) und mehrkernige (PAK) aromatische Kohlenwasserstoffe unterschieden.
- Die wichtigsten Vertreter der über 100.000 einkernigen Monoaromaten sind die BTEX (Benzol, Tyluol, Ethylbenzol und Xylole). Sie haben einen typischen aromatischen Geruch, sind flüchtig, leicht entzündlich und brennbar. Im Boden sind sie hoch mobil und bewegen sich schnell durch die ungesättigte Zone. Insbesondere über die Aufnahme durch die Atemluft und die Haut wirken sie reizend und zum Teil toxisch.
- Die umfangreiche Gruppe der Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) bestehen aus mehreren miteinander verbundenen Benzolringen. Verbindungen mit vier und mehr Ringen besitzen eine kanzerogene und mutagene Wirkung. PAK sind Bestandteile von Produkten, die auf Kohle- und Erdölbasis hergestellt werden. Außerdem bilden sie sich bei der unvollständigen Verbrennung organischer Substanzen und gelangen so, an Schwebstaub gebunden, auf die Erdoberfläche und reichern sich insbesondere in der Humusschicht des Bodens an. Zur Beurteilung von Bodenkontaminationen hat sich auch in Deutschland die Analytik auf 16 PAK-Einzelsubstanzen gemäß der Environmental Protection Agency (EPA) der USA durchgesetzt. Besonderer Augenmerk wird auf die Leitsubstanz Benzo(a)pyren gelegt.
Organische Halogenverbindungen
Chlorierte und fluorierte Kohlenwasserstoffe sind weit verbreitete Grundstoffe in Industrie und Gewerbe. Bei den Chlorkohlenwasserstoffen unterscheidet man zwischen leicht- bzw. schwerflüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen, abhängig davon ob der Siedepunkt unterhalb oder oberhalb von 150 Grad Celsius (°C) liegt.
- Leichtflüchtige Chlorkohlenwasserstoffe (LCKW)
LCKW finden als organische Lösungsmittel weltweit Verwendung, insbesondere in der Elektronik- und Metallindustrie, und sind in Deutschland ubiquitär nachweisbar. Sie sind flüchtig, schwerer als Wasser und in Wasser nur schwer löslich. Sie bewegen sich daher in der ungesättigten Zone doppelt so schnell wie Wasser und können bei Erreichen des Grundwasserleiters diesen senkrecht bis zur Sohle durchströmen. LCKW können bei Menschen zu Leber- und Nierenschäden führen. Einige sind in höherer Konzentration toxisch für Wasser- und Mikroorganismen. Unter Temperatureinfluss können weitere aggressive und giftige Zersetzungsprodukte entstehen wie zum Beispiel Salzsäure und das kanzerogene Vinylchlorid. Kontaminationen verbleiben meist über lange Zeiträume im Untergrund und können nur mit hohem Aufwand saniert werden.
- Schwerflüchtige Chlorkohlenwasserstoffe
Aus der Gruppe der schwerflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffe sind die bekanntesten Vertreter die Polychlorierten Biphenyle (PCB) und die Polychlorierten Dibenzodioxine (PCDD) und Dibenzofurane (PCDF).- Die PCB mit 209 Kongeneren werden seit 1929 großtechnisch industriell produziert. Sie wurden bis in die 1980er Jahre vor allem in Transformatoren, elektrischen Kondensatoren, in Hydraulikanlagen sowie als Weichmacher in Lacken und Kunststoffen verwendet. Sie reichern sich im menschlichen Fettgewebe an und gelten als kanzerogen, weswegen sie als Teil des "Dreckigen Dutzend" – zwölf organische Schadstoffe und Schadstoffgruppen – 2001 durch das internationale Stockholmer Übereinkommen verboten wurden. Aufgrund ihrer hohen Stabilität und schlechten biologischen Abbaubarkeit können sie jedoch immer noch weltweit ubiquitär in allen Umweltmedien nachgewiesen werden, selbst in den entlegensten Polargebieten.
- Die PCDD/PCDF bestehen aus zwei Phenylringen, bei denen an verschiedenen Stellen Wasserstoff- durch Chloratome substituiert sind. Die PCDD umfassen 75 und die PCDF 135 Kongenere. Sie werden nicht gezielt hergestellt, sondern entstehen als Nebenprodukte im Rauch bei der Verbrennung und bei der großtechnischen Herstellung von chlorierten Chemikalien wie zum Beispiel beim Rösten von Kupfererzen. Kieselrot, eine dioxinhaltige Schlacke wurde über Jahrzehnte als Belag auf Sportplätze eingebaut, bis ihre umwelt- und gesundheitsgefährdende Eigenschaften erkannt wurden. Da Dioxine sehr lipophil (fettlöslich) sind, reichern sie sich bei Menschen und Tieren insbesondere im Fettgewebe an. Sie sind hoch toxisch, wirken kanzerogen und sind extrem stabil, so dass auch sie zu den "Dreckigen Dutzend"“ gehören, die 2001 durch das internationale Stockholmer Übereinkommen verboten wurden. Daneben gibt es auch Dioxine natürlichen Ursprungs in Tonen. Die Belastung des Bodens geht überwiegend auf atmosphärische Deposition zurück. Dort werden PCDD/PCDF an der organischen Substanz adsorbiert, der mikrobiologische Abbau ist aufgrund der geringen Löslichkeit aber gering.
- Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS)
Eine relativ "neue" große Schadstoffgruppe stellen die organischen Fluorverbindungen der PFAS dar mit mehr als 4.700 bekannten Einzelsubstanzen. PFAS kommen nicht natürlich vor und werden erst seit den späten 1940ern hergestellt. Chemisch gesehen bestehen die organischen Verbindungen aus Kohlenstoffketten verschiedener Längen, bei denen die Wasserstoffatome vollständig (perfluoriert) oder teilweise (polyfluoriert) durch Fluoratome ersetzt sind. PFAS sind wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch sehr stabil. Aufgrund dieser Eigenschaften werden sie in zahlreichen Verbraucherprodukten wie Kosmetika, Kochgeschirr, Papierbeschichtungen, Textilien oder Ski-Wachsen verarbeitet. Außerdem werden PFAS zur Oberflächenbehandlung von Metallen und Kunststoffen, in Pflanzenschutzmitteln oder Feuerlöschmitteln verwendet. Sie reichern sich aufgrund ihrer extremen Stabilität und Langlebigkeit fortwährend an. Das Wissen um ihre Wirkung ist noch gering. Allerdings werden in den letzten Jahren zunehmend gesundheitsschädliche Wirkungen nachgewiesen. In den letzten Jahren wurden immer wieder teils großflächige PFAS Kontaminationen auch in Deutschland entdeckt, die nicht nach den gängigen Methoden saniert werden können.
Pflanzenschutzmittel
Im Gegensatz zu den meisten anderen Chemikalien werden Pflanzenschutzmittel gezielt und in großer Menge meist unmittelbar auf und in den Boden ausgebracht. Im Jahr 2020 waren in Deutschland laut dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nahezu 1.000 verschieden Pflanzenschutzmittel mit insgesamt 283 Wirkstoffen in Deutschland zugelassen und der Inlandsabsatz lag bei mehr als 27.000 Tonnen.
In Pflanzenschutzmitteln sind neben Lösungsmitteln, Haftmitteln und Emulgatoren hunderte weitere verschiedene Substanzen für die eigentliche Wirkung verantwortlich. Am weitesten verbreitet ist der Gebrauch von Herbiziden (Unkrautvernichtungsmittel) wie zum Beispiel Atrazin und Glyphosat. Sie wirken ätzend oder hemmen die Zellteilung, Keimung sowie die Photosynthese. Fungizide werden von Landwirten und Winzern zur Bekämpfung von Pilzen eingesetzt, Insektizide zielen auf die Atemwege, das Nervensystem oder den Stoffwechsel von Insekten ab.
Es handelt sich in der Regel um organische, synthetisch hergestellte Chemikalien, die sich aufgrund Ihrer persistenten Verbindungen im Boden anreichern konnten. Durch Auswaschungen gelangen sie außerdem in Oberflächen- und in Grundwässer. Obwohl einige der chlororganischen Pflanzenschutzmittel bereits seit Jahrzehnten aufgrund ihrer Toxizität verboten sind (DDT 1971, Aldrin 1972, Heptachlor 1985, Endrin 1985) lassen sich Ihre Rückstände immer noch im Boden nachweisen.