Rede von Steffi Lemke beim Projektauftakt "Neue Hirtenwege"

06.06.2024
Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke
In ihrer Rede betonte Bundesumweltministerin Steffi Lemke die Bedeutung des Projekts "Neue Hirtenwege im Pfälzerwald" für den Naturschutz und die Biodiversität.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Frau Ministerin Eder,
Herr Bürgermeister Vogel,
Herr Bezirkstagsvorsitzender Wieder,
Herr Schuler,
Damen und Herren Abgeordnete,
Damen und Herren,

es freut mich besonders, dass ich heute zum Auftakt des Projekts „Neue Hirtenwege im Pfälzerwald“ bei Ihnen sein kann. Das Projekt startet in die zweite, entscheidende Phase: Nach drei Jahren sorgfältiger Planung beginnt jetzt die Umsetzung. Sie wollen ein Wegenetz wieder neu beleben, das hier schon einmal existiert hat. Denn über Jahrhunderte haben Hirten mit ihren Weidetieren im Pfälzerwald eine Kulturlandschaft gestaltet, die heute nationale Bedeutung hat.

Weidetiere spielen für diese Landschaft eine entscheidende Rolle: Als „Nischenarchitekten“ schaffen sie, was kein Mähwerk schafft. Sie nutzen die Weideflächen unterschiedlich stark und dadurch entstehen ganz verschiedene Areale. Es bildet sich ein Mosaik vielfältiger Lebensräume für viele unterschiedliche Pflanzen und Tiere.

Die Wanderschäferei hat für diese Landschaft noch eine zusätzliche Bedeutung. Denn die Schafe tragen dazu bei, die Lebensräume zu vernetzen. In ihrer Wolle können sich Samen und kleine Tiere verfangen, die so weiter transportiert werden.  Professor Luick wird darauf später noch sehr anschaulich eingehen.

Wird das Grünland nicht beweidet, wachsen Büsche, das Land verbuscht. Die Schafe aber sorgen dafür, diese besonderen Flächen zu erhalten, sie offen zu halten. Es entstehen geschützte Offenland-Lebensräume, die zu den wertvollsten Deutschlands zählen. So zum Beispiel Pfeifengraswiesen und artenreiche Glatthaferwiesen. Viele geschützte und einige vom Aussterben bedrohte Arten haben in der Projektregion Rückzugsort und Lebensraum gefunden: Braunkehlchen, Heidelerche, Wendehals, Wiesenpieper etwa, und ganze 16 Orchideenarten.

Das alles sind wahre Schätze der Natur und Kulturlandschaft.  Ich freue mich, dass das Bundesumweltministerium diese Schätze in den kommenden zehn Jahren mit rund 8,5 Millionen Euro fördert. Gemeinsam mit dem Land Rheinland-Pfalz. Die Förderung läuft über unser Förderprogramm „chance.natur“, denn das ist genau für solche Zwecke da: Es soll zur Sicherung und Entwicklung von Lebensräumen heimischer Arten in Deutschland beitragen.

Das Projekt „Neue Hirtenwege“ leistet aber noch mehr. Denn es zahlt auch auf unsere Klimaschutzziele ein. Intakte Wiesen und Weiden wie hier im Pfälzerwald, bieten nicht nur wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen, sie binden und speichern Kohlendioxid aus der Atmosphäre und schützen uns so vor den Folgen der Klimakrise. Für die „Natürlichen Klimaschützer“ wie Wiesen und Weiden, Auen, Moore und Wälder hat das Bundeskabinett im letzten Jahr das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ verabschiedet. Als Bundesumweltministerium haben wir das Programm erarbeitet, um der Klimakrise und dem Artenaussterben gleichzeitig entgegenzuwirken.

Besonders im Süden Deutschlands erleben wir derzeit, was es bedeutet, wenn Extremwetterereignisse wie Hochwasser häufiger und extremer werden. Die Folgen sind für die betroffenen Menschen und ihre Umgebung katastrophal. Wir brauchen deshalb nicht nur einen gut ausgestatteten Katastrophenschutz, sondern müssen solche Ereignisse vorbeugen und uns besser daran anpassen. Intakte Natur ist dabei unsere Verbündete. Denn eines ist doch klar: Die Schäden der Krise immer wieder zu beseitigen ist teurer, als der Krise vorzubeugen. Projekte wie die „Neuen Hirtenwege“ leisten genau das, denn sie zahlen auf Klima- und Artenschutz ein.

Ich möchte mich bei Ihnen allen, die Sie zur Entwicklung des Projektes beigetragen haben und weiter beitragen werden, ganz herzlich bedanken. Es ist toll, was Sie gemeinsam auf die Beine stellen und welche Zukunftsperspektiven Sie damit für diese Region schaffen. Sie haben schon in den letzten Jahren die Menschen vor Ort und die Landwirtschaft mit in die Planungen einbezogen. Ich bin überzeugt: Nur so kann das Projekt funktionieren und wird auch breit akzeptiert.

Ich weiß aus meiner täglichen Arbeit, dass das nicht immer einfach ist. Besonders wenn verschiedene Interessen unter einen Hut gebracht werden müssen. Und ich kenne aus Gesprächen mit Weidetierhaltern auch manche Sorgen der Schäfer. Zum Beispiel die Sorge vor dem Wolf. Auch wenn diese Sorge im Projekt-Gebiet noch nicht so akut ist, wie anderswo, ist es wichtig, darüber im Austausch zu bleiben. Und die Situation gemeinsam immer wieder neu zu bewerten, um gegebenenfalls schnell Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Mir ist sehr bewusst: Die Weidetierhaltung und insbesondere die Wanderschäferei leisten einen unersetzlichen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt und für den Landschaftsschutz. Deshalb sind wir als Gesellschaft dazu verpflichtet, diese Leistungen zu schützen.

Lieber Herr Bezirkstagsvorsitzender Theo Wieder, gerne überreiche ich Ihnen jetzt den Fördermittelbescheid für dieses faszinierende Projekt.

Ich wünsche Ihnen bei der weiteren Umsetzung vor allem Freude und Erfolg. Herzlichen Dank!

06.06.2024 | Rede Naturschutz

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https://www.bmuv.de/RE11034
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