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Jahreskonferenz 2024 des Bundesnetzwerks Verbraucherforschung

Ambivalenzen des Luxuskonsums – zwischen Faszination, Dekadenz und Nachhaltigkeit

Am 17. Oktober 2024 fand die Jahreskonferenz des Bundesnetzwerks Verbraucherforschung zum Thema "Ambivalenzen des Luxuskonsums – zwischen Faszination, Dekadenz und Nachhaltigkeit" im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz in Berlin statt. Die Konferenz stieß mit rund 110 Teilnehmenden aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik auf große Resonanz.

Der Sprecher des Koordinierungsgremiums des Bundesnetzwerks Verbraucherforschung, Professor Jörn Lamla (Universität Kassel), eröffnete die Jahreskonferenz mit einem Grußwort. Dabei erläuterte er, dass Luxuskonsum als Konferenzthema in Zeiten multipler Krisen erklärungsbedürftig erscheinen könnte. Allerdings sei das Thema wichtig, um zu einer nachhaltigen Transformation unserer gesellschaftlichen Konsum- und Lebensweise zu gelangen. Die Lösung für negative Folgen unreflektierten Luxuskonsums könne nicht im Appell zu Zurückhaltung und Konsumverzicht liegen.

Anschließend begrüßte der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Jan-Niclas Gesenhues die Teilnehmenden. Er erinnerte daran, dass auch nach 75 Jahren Grundgesetz und 35 Jahren friedlicher Revolution, unsere offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft ein sehr hohes Gut ist, das es zu wahren gilt. Dazu gehöre auch, dass wir uns für die Freiheit von Gedanken, Innovationen und einer erkenntnisgeleiteten Wissenschaft engagieren. Dass die Jahreskonferenz nunmehr zum achten Mal stattfand, sei daher eine sehr zu begrüßende Tradition.

In seinem Keynote-Vortrag gab Professor Mike Featherstone (Goldsmiths, University of London) einen Überblick zur soziologischen Entwicklung des Luxuskonsums. Dabei adressierte er unter anderem den Stellenwert von Luxusgütern in der westliche Moderne, die Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung und den Beitrag des Massenkonsums zu einer Demokratisierung von Luxuskonsum. Mit Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart diskutierte er die Frage, welche Wirkmacht Luxus in unserer Gesellschaft hat und was unter einem nachhaltigen Luxuskonsum verstanden werden kann.

Im darauffolgenden ersten Panel zu Facetten des Luxuskonsums aus ethischer und ökonomischer Sicht beschrieb Professor Peter Seele (Università della Svizzera italiana), wie die oftmals erlebte Polarisierung in unserer Gesellschaft auch auf dem Luxusmarkt vorzufinden ist. Beispielsweise würde "leiser" Luxus (zum Beispiel teure Marken, die kein auffälliges Logo zur Schau stellen) neben "lautem" Luxus (zum Beispiel Zwölfzylinder-Autos von Ferrari) existieren. Er betonte auch, dass bei der Darstellung von Luxus die Rolle und Position von Personen von Bedeutung sei. Daher werde Luxus bisweilen sogar versteckt, wenn man deswegen Nachteile vermutet. Professor Fernando Fastoso (Hochschule Pforzheim) zeigte in seinem Vortrag die kulturellen Unterschiede hinsichtlich der Wahrnehmung von Luxus auf und unterstrich, dass Luxus insbesondere in Deutschland negativ konnotiert sei. Weiterhin beschrieb er, wie einige Luxusmarken versuchen, ihre Zielgruppe zu erweitern und dabei auf Inklusion und Nachhaltigkeit als werbende Elemente setzen. Ein Instrument hierfür sei die "Normalisierung" von Luxuskonsum auf Sozialen Medien.

Im Anschluss an das erste Panel verlieh Professor Gunnar Mau (Hochschule Magdeburg-Stendal) den Michael-Schuhen-Preis für Early Career Researcher an Miguél Abellan, der für seine Forschungsarbeit unter dem Titel "Markets, Social Responsibility and the Replacement Logic" als erster Preisträger ausgezeichnet wurde.

Im zweiten Panel zum Luxuskonsum aus Sicht der Konsumentenverhaltensforschung erläuterte Professor Klaus-Peter Wiedmann (Leibniz Universität Hannover) unterschiedliche Formen des Luxuskonsums je nach sozialer Lage und Grundorientierung der Konsumentinnen und Konsumenten. Luxus sei etwas, das weit über das normale Maß, die Notwendigkeiten und/oder die üblichen Grenzen hinausgeht, sei es in materieller oder immaterieller Hinsicht. Dabei gebe es aber deutliche Unterschiede je nach Einkommen oder persönlichen Werten. Professorin Sylvia von Wallpach (Copenhagen Business School) stellte das Konzept "Luxusmomente" vor, das sich durch die Merkmale "interrupting" (das Durchbrechen der Gleichförmigkeit des Lebens), "climatic" (das Durchbrechen der Kontinuität des Lebens) und "disrupting" (drastische Unterbrechungen; transformative Erfahrungen) auszeichnet.

Im letzten Panel zur Kritik des Luxuskonsums beschrieb Dr. Tanja Busse (Autorin und Journalistin) auf der einen Seite Fortschritte in Richtung einer nachhaltigeren Welt, zum Beispiel mit der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung. Auf der anderen Seite seien auch Pendelbewegungen in die entgegengesetzte Richtung festzustellen. Beispiele hierfür seien  Greenwashing-Kampagnen bei einigen Unternehmen oder dass der Überkonsum der "Superreichen" als Rechtfertigung für das nicht-nachhaltige Verhalten der Mittelschicht gilt. Sie warb dafür Klimapolitik und soziale Gerechtigkeit in politischen Maßnahmen stärker zusammenzubringen. Professor Philipp Lepenies (Freie Universität Berlin) thematisierte in seinem Vortrag, dass die ökologische Transformation des Konsums oftmals durch die Darstellung als "Ökodiktatur" und "Verbotspolitik" im öffentlichen Diskurs gebremst würde. Er warb dafür, den gesellschaftlichen Diskurs anders zu führen. Verbote und Verzicht seien nicht illegitim und es sollte keine Ängste vor moralischen Debatten geben.

Professor Ludger Heidbrink (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) rundete als Mitglied des Koordinierungsgremiums des Bundesnetzwerks Verbraucherforschung die Veranstaltung mit einem Resümee der Konferenzbeiträge ab. Die Tagung habe wieder einmal einen großen Raum für zukünftige Forschung und weiterführendes Denken geöffnet.

Die Beiträge der Konferenz werden im kommenden Jahr in bewährter Weise im Nomos-Verlag in der Publikationsreihe Verbraucherforschung erscheinen.

Galerie: Jahreskonferenz des Bundesnetzwerks Verbraucherforschung 2024 in Berlin

Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Jan-Niclas Gesenhues am Rednerpult
Prof. Dr. Jörn Lamla hält eine Rede.
Blick in den Saal, während Prof. Dr. Mike Featherstone am Rednerpult steht.
Prof. Dr. Kathrin Loer am Rednerpult

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