Dialog Endlagersicherheit
Anfang 2023 wurden die letzten deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet. Dies hat der Deutsche Bundestag nach dem Reaktorunfall von Fukushima im Jahr 2011 mit breiter Mehrheit beschlossen. Ungeklärt ist bis heute jedoch, wo die große Menge an hochradioaktiven Abfällen aus den Atomkraftwerken zukünftig gelagert werden soll.
Aus diesem Grund soll ein Standort gefunden werden, an welchem die hochradioaktiven Abfälle möglichst sicher in tiefen geologischen Formationen und damit in großer Entfernung zu Mensch und Umwelt gelagert werden können. Den Verantwortlichen des Prozesses war es von Beginn an ein wichtiges Anliegen, Bürgerinnen und Bürger umfassend miteinzubeziehen, was auch im Standortauswahlgesetz verbindlich festgehalten wurde.
So hatte das BMUV die Aufgabe, Anforderungen an vorläufige Sicherheitsuntersuchungen im Standortauswahlverfahren und Sicherheitsanforderungen an das am ausgewählten Standort zu errichtende Endlager durch Rechtsverordnung zu regeln.
In der "Verordnung über die Sicherheitsanforderungen und vorläufige Sicherheitsuntersuchungen für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle" werden die Inhalte des Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle konkretisiert, welche nach Paragraph 9a Absatz 3 des Atomgesetzes (AtG) durch den Bund einzurichten ist. Die Verordnung wurde auf der Basis einer Vorgängerversion von 2010, mit Anpassung an den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik, formuliert.
Das BMUV hat, wie im Standortauswahlverfahren üblich, eine breit angelegte Bürgerbeteiligung initiiert.
Gesetzesgrundlage der Rechtsverordnung
Paragraph 26 Absatz 3 sowie Paragraph 27 Absatz 6 des Standortauswahlgesetzes (StandAG) enthalten Verordnungsermächtigungen zum Erlass von Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle und Anforderungen an die Durchführung von vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen im Standortauswahlverfahren für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle. Dort ist auch jeweils geregelt, dass die Verordnungen spätestens zum Zeitpunkt der Durchführung repräsentativer vorläufiger Sicherheitsuntersuchungen nach Paragraph 14 Absatz 1 Satz 2 StandAG vorliegen müssen. Diese Sicherheitsuntersuchungen finden im Anschluss an den Zwischenbericht der Vorhabenträgerin, der Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE), nach Paragraph 13 Absatz 2 Satz 3 StandAG statt, der von der BGE am 28. September 2020 veröffentlicht wurde. Die Verordnung ist unter der Bezeichnung "Verordnung über die Sicherheitsanforderungen und vorläufige Sicherheitsuntersuchungen für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle" am 15. Oktober 2020 in Kraft getreten.
Verordnungen gestalten
Der Entwurf der Rechtsverordnung zur Konkretisierung der Anforderungen an die Endlagerung in Deutschland basierend auf dem Standortauswahlgesetz wurde somit 2019 Gegenstand des Bürgerbeteiligungsverfahrens "Dialog Endlagersicherheit" das von Juli bis November 2019 Online- und Vorort-Beteiligung umfasste. Der Fokus dieses Beteiligungsverfahrens lag dabei auf Artikel 1 des vorgelegten Referentenentwurfs dieser Verordnung. Dieser Artikel definiert die Sicherheitsanforderungen, die das zukünftige Endlager zu erfüllen hat und die bereits während der Standortsuche fortwährend in Form von vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen als Prüfmaß angelegt werden. Artikel 2 der Verordnung bestimmt, wie diese vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen ablaufen und was dabei zu berücksichtigen ist.
Bürger und Verbände beteiligen
Grundsätzlich gilt: Der Aspekt "Sicherheit" hat bei der Standortauswahl oberste Priorität. Und dass – unter anderem klimatische Veränderungen wie Eiszeiten mitbedenkend – für eine Million Jahre, einen Zeitraum fast außerhalb unserer Vorstellungkraft. Aus eben diesem Grund sollte der angestrebte, die gesetzlichen Mindestvorgaben einer Verbände- und Expertenbeteiligung weit überschreitende Beteiligungsprozess die etablierten Mitwirkungsmöglichkeiten der Verbände deutlich erweitern. Bei dem Beteiligungsverfahren war es dem BMUV wichtig, dass es interessierten Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht wurde, gemeinsam mit Stakeholdern (Expertinnen und Experten aus Behörden, Verbänden, Wissenschaft und Wirtschaft) den vorgelegten Entwurf zu diskutieren und weiterzuentwickeln. Um diese komplexe Verbindung von Öffentlichkeitsbeteiligung und der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ohne explizites Expertenwissen leisten zu können, musste auf verschiedene Methoden zurückgegriffen werden. So wurde zum Beispiel für Jugendliche ein eigenes Beteiligungsmodul durchgeführt. Darüber hinaus wurden aufgrund der unterschiedlichen Vorwissensstufen zielgruppenspezifische Medien, wie zum Beispiel Erklärvideos, Websites und Broschüren eingesetzt.
Vielseitige und niedrigschwellige Beteiligungsformate
Während des Prozesses war es Bürgerinnen und Bürgern möglich, sich per Onlinekommentierung, Onlinedialog, Einreichung von Stellungsnahmen und per Vor-Ort-Veranstaltung in Form eines Symposiums zu beteiligen. Insgesamt besuchten über 5.000 Personen die Website und erstellten 116 Kommentare zu den beiden betrachteten Artikeln. Diese konnten direkt an die entsprechende Stelle in der Verordnung angefügt werden und ermöglichten den Bürgerinnen und Bürgern so eine übersichtliche und nachvollziehbare Kommentierung des Entwurfes. Gleichzeitig wurde so ein Diskurs über die einzelnen Abschnitte realisiert. Komplexe Abschnitte der Verordnung wurden in umfassenden Kommentaren bewertet, diskutiert und verbessert. Hinzu kamen noch 24 eingereichte umfassendere schriftliche Stellungsnahmen.
Am 14. und 15. September 2019 war es Bürgerinnen und Bürgern möglich an dem öffentlichen Symposium zu der diskutierten Verordnung teilzunehmen. Rund 100 Personen, darunter etwa ein Viertel Bürgerinnen und Bürger taten dies und widmeten sich während der zweitätigen Veranstaltung den Verordnungen sowie den bisherigen Diskussionsbeiträgen.
Abschließend wurden alle eingereichten Stellungnahmen, Anmerkungen und Kommentare strukturiert, zu den entsprechenden Abschnitten im Verordnungstext sortiert und vom BMUV, sowie externen Experten ausgewertet. Hierdurch wurde der Verordnungstext überarbeitet und damit an einigen Stellen verbessert.
Um eine transparente Rückmeldung zu ermöglichen wurde vom BMUV eine Tabelle erstellt, welche nicht nur sämtliche Eingaben aus der Verbände- und Öffentlichkeitsbeteiligung enthält, sondern auch begründete Angaben zum Umgang des BMUV mit diesen. Auf diese Weise ist es nicht nur für bereits am Verfahren beteiligte Bürgerinnen und Bürger möglich, ihre Eingaben nachzuvollziehen, auch können interessierte Bürgerinnen und Bürger im Nachhinein die ausgetauschten Argumente und Diskussionen nachvollziehen. Durch das tabellarische Format können so auch gezielt einzelne Textabschnitte der Verordnung nachvollzogen werden.
Stellungnahmen aus der Anhörung
Stellungnahme des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Bayern
Gesetze/Verordnungen
HerunterladenStellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Hessen
Gesetze/Verordnungen
HerunterladenStellungnahme des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein
Gesetze/Verordnungen,
HerunterladenStellungnahme des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft des Landes Sachsen
Gesetze/Verordnungen
HerunterladenVerordnung über die sicherheitstechnischen Anforderungen an die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle: Stellungnahmen
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Sowohl Mecklenburg-Vorpommern als auch Niedersachsen haben ebenfalls Stellungnahmen abgegeben, jedoch einer Veröffentlichung nicht zugestimmt.
Unter Einbeziehung dieser Stellungnahmen wurde ein weiterer Verordnungsentwurf entwickelt, welcher dem Bundestag zugeleitet wurde. Dieser hatte nach Paragraph 26 Absatz 4 und Paragraph 27 Absatz 7 des Standortauswahlgesetzes vier Sitzungswochen Zeit, sich mit der Verordnung zu befassen. Die Rechtsverordnung kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden.
Der Bundestag verabschiedete am 06.10.2020 die vollständige Verordnung, anschließend wurde diese am 14.10.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.