Rede von Bundesministerin Steffi Lemke beim ZVEI-Jahreskongress: "Elektrisch, digital, nachhaltig: Wie wir das erreichen"

23.05.2023
Steffi Lemke
Bundesministerin Steffi Lemke hat beim Jahreskongress des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie eine Rede zum Thema: "Elektrisch, digital, nachhaltig: Wie wir das erreichen" gehalten.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Dr. Kegel,
sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Einladung, der ich gerne gefolgt bin. Die im ZVEI organisierten Unternehmen, die Elektro- und Digitalindustrie, stehen im Zentrum einer tiefgreifenden Veränderung, die wir derzeit alle spüren. Elektrifizierung und Digitalisierung verändern Alltagsleben und Arbeitswelt, Mobilität und industrielle Produktion. Sie sind gleichzeitig Schlüssel zu einer umwelt- und klimafreundlichen Wirtschaft und Gesellschaft. Ich möchte heute darüber sprechen, welchen Beitrag Ihre Branche leisten kann zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit.

Unsere Zeit ist durch mannigfaltige Krisen geprägt. Immer noch führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der nicht nur immenses menschliches Leid verursacht, sondern auch die Energie- und Nahrungsmittelversorgung in vielen Teilen der Welt bedroht. Gleichzeitig muss die ökologische Dreifachkrise bekämpft werden – die Klimakrise, das Artenaussterben und die Verschmutzungskrise. Wir haben eben nicht noch ein paar Jahrzehnte Zeit. Wir müssen jetzt handeln, um katastrophale Auswirkungen in der Zukunft zu vermeiden.

Angesichts der Häufung der Krisen brauchen wir Antworten, die gegen mehrere Krisen gleichzeitig wirken. Eine solche Antwort ist das Einsparen wertvoller Ressourcen.

Denn Abbau und Nutzung von Rohstoffen sind entscheidende Ursachen für jede der drei Umweltkrisen. Sie verursachen hohe Treibhausgasemissionen, zerstören Natur, Tiere und Pflanzen und verschärfen die globale Wasserknappheit. Hier müssen wir aktiv gegensteuern.

Ressourcen sparen, das ist auch eine industriepolitische Frage. Eine Kreislaufwirtschaft sichert die Rohstoffversorgung und die Lieferketten, steigert Resilienz und birgt neue, zirkuläre Geschäftsmodelle. Es geht also auch darum, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Deshalb hat sich diese Bundesregierung vorgenommen, die Kreislaufwirtschaft entscheidend voran zu bringen. Die entsprechenden Vorhaben und Ziele will ich in einer Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie bündeln. Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft werden in einem breiten Beteiligungsprozess eingebunden.

Für Ihre Branche sehe ich in diesem Zusammenhang zwei große Aufgaben: Elektronische und digitale Produkte müssen so entwickelt werden, dass sie selbst Ressourcen sparen, langlebig und wiederverwertbar sind. Und digitale Technologien können uns helfen, die Kreislaufwirtschaft zu stärken und auszubauen. Ich möchte das konkret an vier Beispielen verdeutlichen.

Erstens: Der Koalitionsvertrag sieht vor, Anreize zur besseren Entsorgung von alten Elektrogeräten und Batterien zu schaffen. Zur Umsetzung planen wir, das Elektrogesetz in dieser Legislaturperiode zu novellieren. Damit wollen wir mögliche Brandrisiken durch beschädigte Lithium-Ionen-Batterien minimieren und zu mehr Sicherheit in den Anlagen zur Abfallbehandlung beitragen. Es geht aber auch darum, die Sammelmenge insgesamt zu erhöhen und die Vorbereitung zur Wiederverwendung zu verbessern, damit insgesamt mehr wertvolle Ressourcen zurückgewonnen werden können.

Mit der Novellierung sollen die Hersteller mehr finanzielle und organisatorische Verantwortung bekommen. Damit geben wir ihnen die Chance, Potenziale zur Steigerung der Sammelquote zu heben. Als Hersteller tragen sie außerdem für ihre Geräte die Produktverantwortung und können durch kluges Design die Ressourceneffizienz erhöhen und die Kreislaufführung erleichtern. Im Dialogprozess zur Novelle des Elektrogesetzes hat sich der ZVEI aktiv eingebracht. Hierfür möchte ich mich an dieser Stelle auch noch einmal ausdrücklich bedanken.

Zweitens: Auf europäischer Ebene soll die sehr erfolgreiche Ökodesign-Richtlinie ausgeweitet werden. Das begrüße ich ausdrücklich. Die Richtlinie hat dazu beigetragen, Elektrogeräte deutlich umweltfreundlicher zu machen und die Energieeffizienz zu verbessern. Zuletzt wurde eine neue Produktregelung verabschiedet, nach der Wäschetrockner zukünftig reparierbar sein müssen.

Die neue Ökodesign-Verordnung setzt einen stärkeren Fokus auf die Einsparung von Ressourcen über den gesamten Lebenszyklus von Produkten. Lange haben wir über Kreislaufwirtschaft primär aus der Abfallperspektive nachgedacht. Das Denken in Kreisläufen muss aber bereits bei der Produktgestaltung anfangen. Durch das Design werden die Umweltauswirkungen eines Produkts schon am Beginn des Lebenszyklus zu 80 Prozent festgelegt. Dieses Potenzial kann durch die neue Ökodesign-Verordnung viel stärker ausgeschöpft werden.

Mein Ministerium ist auch sehr daran interessiert, so schnell wie möglich bei so vielen Produkten wie möglich Reparierbarkeits-Label einzuführen. Der Vorstoß Frankreichs dazu ist positiv, aber einheitliche Regelungen auf EU-Ebene wären mir lieber. Ich halte es daher für wichtig, dass sowohl bei neuen oder novellierten Produktgruppen unter der Ökodesign-Richtlinie als auch bei neuen Produktgruppen unter der Ökodesign-Verordnung automatisch Reparierbarkeits-Label eingeführt werden.

Drittens: Es ist erfreulich, dass mit der neuen Ökodesign-Verordnung der Digitale Produktpass Stück für Stück fester Bestandteil europäischer Produktpolitik wird. Der Produktpass liefert schnell und unkompliziert Informationen, zum Beispiel per QR-Code. Er informiert über verwendete Materialien, den Einsatz von Rezyklaten, die Reparierbarkeit, Ersatzteile und die fachgerechte Entsorgung. Verbraucherinnen und Verbraucher können sich gezielt für ein umweltfreundliches, langlebiges Produkt entscheiden. Der digitale Produktpass dient damit sowohl dem Umwelt- als auch dem Verbraucherschutz. Für die größtmögliche Akzeptanz muss gewährleistet sein, dass die Datensicherheit für Unternehmen garantiert ist und kein zusätzlicher Aufwand entsteht.

Viertens: Die Digitalisierung eröffnet den Unternehmen in Deutschland wichtige Chancen: zum Beispiel neue Wege der Zusammenarbeit oder ressourceneffizientes, transparentes und auf Echtzeitdaten basiertes Produzieren. Hier sorgt digitale Technik dafür, dass nichts verschwendet wird. Das Bundesumweltministerium hat dazu die Initiative Green AI Hub aufgelegt. Sie unterstützt mittelständische Unternehmen dabei, KI für Ressourceneffizienz und Materialeinsparung zu nutzen.

Auch Teilen statt Besitzen spart Ressourcen. Digitale Plattformen sind eine wichtige Voraussetzung für funktionierende Sharing-Modelle. Und sie können auch darüber hinaus nachhaltigen Konsum erleichtern und damit sowohl der Umwelt als auch dem Verbraucher helfen.

Wichtig ist mir, dass die Vorteile der digitalen Infrastrukturen und Geschäftsmodelle nicht durch ihren ökologischen Fußabdruck wieder wettgemacht werden. Jede neue digitale Anwendung sorgt für einen Anstieg von Datenmengen, die bewegt und verwaltet werden. Deswegen arbeitet mein Ministerium an Anreizen dafür, Software, Rechenzentren und Endgeräte energie- und ressourceneffizient zu machen.

Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, dass alle neuen Rechenzentren in Deutschland ab 2027 klimaneutral sind. Zudem müssen in den kommenden Jahren alle bundeseigenen Hauptrechenzentren die anspruchsvollen Kriterien des Umweltzeichens Blauer Engel erfüllen. Auf dem Weg dorthin gibt es noch einiges zu tun.

Um die enormen Chancen der Digitalisierung zu nutzen, braucht es klare Ziele und eine kluge Steuerung. Dafür möchte ich gemeinsam mit Ihnen sorgen. Ich freue mich auf spannende Diskussionen und wünsche Ihnen eine erfolgreiche Veranstaltung.

Vielen Dank.

23.05.2023 | Rede Digitalisierung
https://www.bmuv.de/RE10615
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