Grußwort von Steffi Lemke bei der Auftaktveranstaltung zum BUND-Projekt "Wildkatzenwälder von morgen"

07.03.2023
Steffi Lemke hält bei der Auftaktveranstaltung zum BUND-Projekt "Wildkatzenwälder von morgen" eine Rede.
Bei der Auftaktveranstaltung zum BUND-Projekt "Wildkatzenwälder von morgen" hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke das Grußwort gehalten.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Frau Riewenherm,
Frau Graichen,
sehr geehrte Damen und Herren,

herzlich willkommen im Bundesumweltministerium. Ich freue mich, dass Sie heute hier sind und wir gemeinsam den offiziellen Startschuss geben können für das bundesweite Projekt "Wildkatzenwälder von morgen". Die "Wildkatzenwälder" leisten einen wichtigen Beitrag sowohl zum Artenschutz, als auch zum natürlichen Klimaschutz. Auf diese beiden Aspekte möchte ich genauer eingehen.

Trotz der großen Schutzbemühungen der letzten Jahre gehört die Wildkatze immer noch zu den gefährdeten Säugetieren, die auf der "Roten Liste" stehen. Der Straßenverkehr und nicht zuletzt das dichte Straßennetz in Deutschland bedrohen die Lebensräume der Wildkatze. Mit dem Schutz dieser Lebensräume schützen wir zugleich viele andere Arten, die auf naturnahe Waldökosysteme angewiesen sind – zum Beispiel die Bechsteinfledermaus, den Feuersalamander oder den Mittelspecht.

Als gefährdetes Tier teilt die Wildkatze das Schicksal zahlreicher anderer Tier- und Pflanzenarten in Deutschland und weltweit. Denn trotz vielfacher Gegenmaßnahmen schwindet die biologische Vielfalt überall auf der Erde in dramatischem Ausmaß.

Mit der globalen Vereinbarung für die Natur hat die internationale Staatengemeinschaft im Dezember in Montreal eine Trendwende hin zur Wiederherstellung der Natur beschlossen. Bis 2030 sollen mindestens 30 Prozent der weltweiten Landes- und Meeresfläche unter Schutz gestellt und 30 Prozent der geschädigten Ökosysteme renaturiert werden.

Entscheidend ist dabei, wie die Trendwende tatsächlich umgesetzt wird und wie wir sicherstellen, dass die in Montreal beschlossenen Ziele erreicht werden. Daher bin ich sehr froh, dass es dort gelungen ist, konkrete Mechanismen für Monitoring und Kontrolle zu beschließen. Jedes Land, das die UN-Biodiversitätskonvention unterzeichnet hat, ist verpflichtet, in einer nationalen Biodiversitätsstrategie darzustellen, wie es zum Erreichen der globalen Ziele beiträgt. Um das zu messen, gibt es nun erstmals einheitliche Indikatoren, die für alle Staaten gelten. Das macht die Umsetzung überprüfbar.

In Deutschland wollen wir unsere nationale Biodiversitätsstrategie an die Ergebnisse von Montreal anpassen. Der Prozess hat bereits begonnen. Dazu will ich alle relevanten Stakeholder in einen nationalen Dialogprozess einbinden. Die nationale Biodiversitätsstrategie wird die gesamte Bundesregierung zu naturverträglichem Handeln verpflichten. Und sie wird wie die Vereinbarung von Montreal einen Mechanismus zur Kontrolle und Nachsteuerung enthalten.

Unter anderem planen wir, das Management unserer Schutzgebiete weiter zu verbessern, damit sich Arten und Ökosysteme dort wirklich erholen können. Dazu trägt das Bundesprogramm Biologische Vielfalt wesentlich bei, mit dem wir auch die "Wildkatzenwälder von Morgen" fördern.

Die Wildkatzen stehen für gesunde Ökosysteme – wie die Laub- und Mischwälder, in denen sie zu Hause ist – sind nicht allein für den Arten- und Lebensraumschutz wichtig. Sie wirken auch als natürliche Klimaschützer. Wälder und Auen, Böden und Moore, Meere und Gewässer binden Kohlendioxid aus der Atmosphäre und speichern es langfristig. Sie können außerdem als Puffer gegen Klimafolgen wirken, indem sie Hochwasser aufnehmen und bei Hitze für Abkühlung sorgen.

Das brauchen wir heute mehr denn je, denn die Klimakrise ist längst auch in Deutschland angekommen. Extreme Wetterereignisse werden häufiger: Hitzewellen und Dürren auf der einen, Starkregen und Überflutungen auf der anderen Seite. Das setzt unseren Wäldern, den Lebensräumen der Wildkatze, sichtbar zu. Wir brauchen deshalb einen Paradigmenwechsel für den Wald. Ein großer Teil der Waldfläche in Deutschland muss sich anders entwickeln, wenn er der Klimakrise auch künftig standhalten soll und uns gegen deren Folgen schützen. Wälder müssen umgebaut und zu naturnahen Waldökosystemen, zu klimaresilienten, naturnahen Laubmischwäldern mit standortheimischen Baumarten.

Um der doppelten Umweltkrise aus Erderhitzung und Artenaussterben gezielt entgegenzuwirken, müssen wir Natur- und Klimaschutz stärker zusammenführen.

Genau hier setzt das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz an. Ziel ist es, Ökosysteme zu schützen, zu stärken und wiederherzustellen, damit sie natürliche Klimaschützer bleiben können. In dem Beteiligungsprozess zu dem Aktionsprogramm haben wir Länder, Verbände und interessierte Bürgerinnen und Bürger eingebunden. Die finale Fassung des Aktionsprogrammes soll noch im März vom Bundeskabinett beschlossen werden. Bis 2026 wird das Bundesumweltministerium dafür vier Milliarden Euro aus dem neuen Klima- und Transformationsfonds bereitstellen. Das ist ein Quantensprung für die Finanzierung des natürlichen Klimaschutzes.

Als Naturschützerin weiß ich: Naturschutz kostet Geld. Deshalb haben wir einen Bundesnaturschutzfonds eingerichtet, um die bestehenden Förderprogramme des Bundes im Naturschutz auszubauen und zu bündeln. Dazu gehören das Bundesprogramm Biologische Vielfalt, das Förderprogramm Auen, die Naturschutzgroßprojekte im Förderprogramm chance.natur, die Entwicklungs- und Erprobungsvorhaben oder der Wildnisfonds. Dazu kommt das neue Artenhilfsprogramm. Hier sollen besonders Arten und ihre Lebensräume, die durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien betroffen sind, dauerhaft geschützt werden. Aktuell finalisieren wir, welche Arten in den Blick genommen und welche Maßnahmen getroffen werden. Erste Projekte werden noch in diesem Jahr starten.  

Ob lokal, regional oder global – wir stehen im Naturschutz vor großen Herausforderungen. Immer mehr Arten gehen unwiederbringlich verloren, die Natur hat immer weniger Raum, die Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten sind zerschnitten und oft in einem schlechten Zustand. Umso wichtiger ist es, dass wir auf allen Ebenen entschieden dagegen angehen und uns nicht entmutigen lassen.

Die Politik muss die Weichen dafür stellen. Aber ohne die Menschen, die das Thema zu ihrer eigenen Sache machen, kann Naturschutz nicht erfolgreich sein. Ich freue mich daher sehr, dass wir die Umsetzung der von Ihnen geplanten Maßnahmen in zehn Bundesländern zugleich und den Aufbau von Allianzen mit Entscheiderinnen und Entscheidern vor Ort fördern können. Ich wünsche Ihnen allen viel Erfolg und gutes Gelingen bei der Ausgestaltung und Umsetzung des Projekts. Vielen Dank.

Interviews Meldungen Publikationen Informationen

Weltnaturkonferenz 2022

15. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD COP 15)

07.03.2023 | Rede Artenschutz

Weitere Informationen

https://www.bmuv.de/RE10501
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