Rede von Bundesumweltministerin Steffi Lemke beim BDI Klimakongress

22.09.2022
Bundesministerin Steffi Lemke
Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat auf dem BDI-Klimakongress eine Rede zum Thema "Circular Economy: Kommt die Kreislaufwirtschaft endlich in Gang?" gehalten.

Circular Economy: Kommt die Kreislaufwirtschaft endlich in Gang?

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Prof. Russwurm,
sehr geehrte Frau Tiede,
sehr geehrter Herr Dr. Kirchhoff,
sehr geehrter Herr Müller,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

angesichts des Ukrainekrieges sorgen sich in diesen Wochen und Monaten viele Unternehmen um die Zukunft wegen der hohen Energiepreise, wegen gestörter Lieferketen und auch wegen coronabedingter Ausfälle von Arbeitskräften.

Das Thema Kreislaufwirtschaft ist in dieser Situation sicher nicht die Nummer Eins auf der Tagesordnung. Die Bundesregierung ist sich der Situation in den Unternehmen in den letzten Wochen und Monaten sehr bewusst. Uns ist völlig klar, dass es in diesem Moment ganz besonders um die Sicherung der Unternehmen und der Arbeitsplätze gehen muss. Wir arbeiten deshalb an entsprechenden Entlastungen für Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger und zwar finanzieller und zum Teil auch regulatorischer Art.

Es kann dabei aber nicht allein um die kurzfristige Lösung wirtschaftlicher Probleme gehen. Die Bundesregierung hat in Gänze betont, wir müssen die langfristigen Krisen angehen: Die Klimakrise, das Artenaussterben oder verständlicher ausgedrückt: die Stabilität unserer Ökosysteme, und die Vermüllung unserer Umwelt und der Meere mit Plastik. Diese Krisen gefährden unsere Lebensgrundlagen und damit die Grundlage jedes Wirtschaftens. Krisenbedingte Ausnahmen, die wir schaffen, wie aktuell beim Immissionsschutz im Fall des Brennstoffwechsels, sind deshalb zurecht zeitlich befristet.

Für unsere Diskussion heute heißt das: Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit müssen Teil jeder zukunftsfesten Lösung sein.

Wir haben verschiedene Beispiele, wo strukturell gegenwärtig keine nachhaltigen Produktionszyklen stattfinden. Für manche ist PFAS ein Reizwort, wo wir gegenwärtig im globalen Maßstab, aber auch in Deutschland und Europa nicht nachhaltig wirtschaften. Es kann keine Dauerlösung sein, dass wir Chemikalien einsetzen, die sich in der Umwelt anreichern, die nicht abbaubar sind über Jahrzehnte und Jahrhunderte, und die potenziell die Gesundheit von Menschen, von Tieren und Pflanzen gefährden. Das können wir so nicht weiterführen und dafür brauchen wir für die Zukunft eine Lösung. Das heißt, die forever chemicals können wir nicht weiter so einsetzen, wie das gegenwärtig der Fall ist. Und ich bin mir sehr bewusst, dass das eine schwierige Diskussion ist, wenn man damit 5.000 verschiedene Substanzen anspricht.

Unser Handeln muss auch in Krisenzeiten dazu beitragen, dass wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen besser schützen. Das verlangt von uns das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, aber auch die schlichte Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkeln.

Nach Schätzungen des "International Resource Panels" geht rund die Hälfte der globalen Treibhausgasemissionen auf die Gewinnung und Verarbeitung von fossilen Brennstoffen, Biomasse, Erzen und Mineralen zurück. Neunzig Prozent des Artenaussterbens wird durch Rohstoffabbau und -verarbeitung verursacht.

Auch in der deutschen Wirtschaft – in der Chemieindustrie, im Maschinen- oder Fahrzeugbau – machen die Emissionen entlang der Wertschöpfungskette einen Großteil der Gesamtemissionen aus. Deshalb hat sich die Koalition das Ziel gesetzt, den Verbrauch von Primärrohstoffen zu senken und geschlossene Stoffkreisläufe zu schaffen. Das wird auch das Ziel der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie sein. Den bestehenden unterschiedlichen rohstoffpolitischen Strategien und Programmen will die Bundesregierung damit eine gemeinsame Richtung geben. Wir müssen weg davon, dass wertvolle Ressourcen nach kurzen Nutzungszyklen sofort im Müll landen. Wir sollten sie stattdessen so lange und so weit wie irgend möglich im Kreislauf halten und vom Design for Circularity bis hin zur hochwertigen Kreislaufführung der Stoffe neue Wege finden.

Ich setze darauf, dass die deutsche Wirtschaft gerade in der Krise ihre enorme Innovationskraft unter Beweis stellt und in der Circular Economy um die Markführerschaft kämpft. Die Probleme und die Inflation haben ja nicht erst im Februar 2022 begonnen. Die Frage, wer Ressourcen möglichst effizient nutzt, wer die Kreislaufwirtschaft schnell in die nationalen Strategien einbauen kann und vor allem in die Praxis bringt, der wird auch einen Marktvorteil schaffen können. Deshalb ist es die Aufgabe der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie, dafür die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen.

In Unternehmen, Kommunen und in der Zivilgesellschaft gibt es viele Initiativen, die das Thema Kreislaufwirtschaft voranbringen. Diesen Schatz wollen wir bei der Erarbeitung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie zur Geltung bringen. Im Frühjahr 2023 wird dazu ein breiter Dialogprozess mit wissenschaftlicher Begleitung starten.

Ich sehe auch in der Industrie sehr viele gute Ansätze und freue mich, dass der BDI dafür eine eigene Initiative ins Leben gerufen hat. Ihre Ideen werden gebraucht. Deshalb möchte ich Sie ausdrücklich mit Ihrem Engagement, Erfindungsreichtum und Ihrer Expertise zur Beteiligung am Stakeholderprozess einladen. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam Weichen stellen können, schlicht und einfach, weil wir es müssen, um die Transformation unserer Wirtschaft voranzubringen. Im Moment steht die akute Krisenbewältigung im Vordergrund, bei Ihnen und bei der Bundesregierung. Aber wir müssen die Kraft aufbringen, den Transformationsprozess nicht aus den Augen zu verlieren.

Vielen Dank.

22.09.2022 | Rede Kreislaufwirtschaft
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