"Gut für die Umwelt, gut für den Menschen"
"Gut für die Umwelt, gut für den Menschen."
Thomas Götz, Co-Leiter des Forschungsbereichs Energiepolitik am Wuppertal Institut, erklärt im Interview, wieso der Produktpass für transparente Lieferketten wichtig ist, weshalb er Einfluss auf unsere Kaufentscheidungen haben wird und warum unsere Smartphones als erstes einen Produktpass bekommen sollten
Herr Götz, warum brauchen wir überhaupt einen Produktpass?
Um Prozesse und Lieferketten über die Lebensdauer eines Produktes nachvollziehbar zu machen – und zwar so, dass es gezielt repariert oder am Ende seiner Lebensdauer fachgerecht recycelt werden kann. Und das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für den Menschen. Der Produktpass ist gut für alle, die etwas mit einem Produkt zu tun haben.
Was heißt das genau? Wer profitiert denn wie von solch einem Pass?
Wir alle können bewusstere Kaufentscheidungen treffen, weil wir ganz transparent zum Beispiel über eine App oder Website alle Informationen zu einem Produkt einsehen können – ohne uns zum Beispiel über viele unterschiedliche Labels informieren zu müssen: Wie nachhaltig wurde es produziert, unter welchen Bedingungen für die Arbeiterinnen und Arbeiter wurde es hergestellt? Und wie langlebig ist das Produkt? Außerdem informiert uns der Pass, wie wir das Gerät möglichst energiesparend nutzen – und an wen wir uns im Reparaturfall oder beim Recycling wenden müssen. Reparaturbetriebe oder Repair-Cafés wiederum können über den Produktpass unkompliziert auf Informationen zu Reparaturmöglichkeiten und Ersatzteilen zugreifen. Lässt sich das Produkt nicht mehr reparieren, können Recyclingunternehmen dem Produktpass entnehmen, wie es sich am einfachsten zerlegen lässt, Einzelteile anderweitig verwendet beziehungsweise diese am besten entsorgt werden können.
Warum sollten die produzierenden Unternehmen sich auf den Produktpass einlassen?
Herstellerinnen und Hersteller werden durch eine gezieltere Nachfrage dazu angeregt, nachhaltigere Produkte zu produzieren und können diese besser bewerben. Der Produktpass kann zudem die Einhaltung bereits bestehender EU-Standards und -Normen erleichtern, indem die entsprechenden Daten über den Lebenszyklus erfasst werden und dann einfach zur Verfügung stehen.
Gibt es nicht schon Produktinformationen, die dem Pass ähnlich sind? Zum Beispiel das Energielabel auf meinem Kühlschrank?
Nein, einen Produktpass gibt es in dieser Form noch nicht. Momentan existieren viele verschiedene europäische Datenbanken, die sich jeweils mit einzelnen thematischen Aspekten befassen. So konzentriert sich zum Beispiel das EU-Energielabel, das wir alle vom Kühlschrank oder der Waschmaschine kennen, ausschließlich auf das Thema Energieeffizienz. Mit dem Produktpass soll es deshalb einen zentralen Ort geben, einen sogenannten "Single Point of Truth", der gesammelt alle Informationen zum Produkt enthält und diese anschließend ganz gezielt für die entsprechenden Nutzungsgruppen bereitstellt.
Welche Produktgruppen sind denn zunächst besonders relevant?
Ganz klar IKT- und Elektrogeräte wie Laptop und Smartphone. Denn die sind ressourcen- und energieintensiv. Sie bringen außerdem weiterführende Themen mit sich, Stichwort "Akku" zum Beispiel oder "Elektromobilität". Letzteres sind ja quasi auch rollende Computer (lacht). Außerdem bietet sich ein Produktpass dort an, wo es schon Grundansätze gibt, beispielsweise im Bausektor. Und schließlich ist der Produktpass besonders relevant bei Verpackungen und Kunststoffen. Langfristig sollen aber natürlich alle Produkte einen Produktpass bekommen.