Nachhaltiger Konsum
Verbraucherinnen und Verbraucher treffen jeden Tag die unterschiedlichsten Kauf- oder Nutzungsentscheidungen. Damit haben sie großen Einfluss auf die Umweltwirkungen des Konsums sowie auf die Art und Weise, wie produziert wird. Im Alltag stoßen dabei viele verschiedene Anforderungen aufeinander – Beruf und Haushalt, Familie und Freundeskreis. Umweltpolitisch geht es darum, Konsumoptionen so zu gestalten, dass Verbraucherinnen und Verbraucher nachhaltige Entscheidungen treffen können.
Herausforderung Konsum 4.0
Der Einfluss der Digitalisierung auf den Konsum und auf das Verhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern nimmt stetig zu. Der Online-Handel boomt bei stagnierenden Umsätzen im Einzelhandel. Unter dem Schlagwort "Konsum 4.0" vollzieht sich eine um fassende Entwicklung, die weit über die Verlagerung und Ausweitung des Angebots ins Internet hinaus geht. Neuartige Konsumprozesse kommen in Gang. Bei ihnen hat die Digitalisierung nicht nur wesentlichen Einfluss darauf, wie Angebote, Suchprozesse oder Kaufentscheidungen entstehen, sondern auch darauf, wie dieser Einzug in Märkte und in den Lebensalltag halten. Tracking im Internet, der Login mit dem Social-Media-Account und die Erstellung von "maßgeschneiderten" Profilen: Big-Data-Analysen erlauben es, Kundinnen und Kunden durch personalisierte Werbung passgenau in ihrer individuellen Lebenssituation anzusprechen. Sie prognostizieren Konsumwünsche und wecken (vermeintliche) Bedarfe. Insbesondere die ununterbrochene Verfügbarkeit des Online-Handels birgt die Gefahr, die Umwelt zu belasten und den potenziellen Nutzen der Digitalisierung zu konterkarieren.
Digitale Technologien für nachhaltigen Konsum nutzen
Für die Umweltpolitik entsteht die Aufgabe, nachhaltigen Konsum mittels digitaler Lösungen zu fördern und digitale Märkte umweltfreundlicher zu gestalten. Der Handel muss umweltgerechte Kommunikations-, Informations- sowie Vermarktungsstrategien entwickeln und breit umsetzen. Entscheidungen für den Kauf und die Nutzung nachhaltiger Produkte erfordern eine aussagekräftige und verlässliche Informationsbasis. Und wo nötig auch Regulierung – denn im Alltag stehen diese Informationen den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht ausreichend oder nur nach hohem Aufwand zur Verfügung. Transparenz und die Einführung eines digitalen Passes für Produkte und Dienstleistungen sind deshalb der Schlüssel für souveräne Konsumentscheidungen. Nachhaltiger Konsum muss ohne Hürden machbar sein.
Informierte Konsumentscheidungen ermöglichen
Der wachsende Onlinehandel hat direkte und indirekte Umweltauswirkungen: durch das steigende Transportaufkommen, durch Logistik, Verpackung und Retouren. Aber auch, weil Produkte aus Nicht-EU-Ländern in den europäischen Markt kommen, die sich nicht an die hiesigen Vorgaben halten müssen – etwa, wenn es um verbotene Stoffe geht.
In der neuen EU-Marktüberwachungsverordnung wird der Onlinehandel (Fulfillment-Center) deshalb ausdrücklich geregelt. Das BMU setzt sich darüber hinaus für die Einführung einer Prüfpflicht ein, nach der elektronische Marktplätze nachweisen müssen, ob angebotene Produkte ordnungsgemäß registriert sind. Zudem wird die Bekämpfung des illegalen Onlinehandels mit bedrohten und geschützten Arten forciert.
Digitale Lösungen wie Apps oder digitale Assistenzsysteme für den Massenmarkt sollten ermöglichen, einfach auf Informationen zu Herstellung, Umweltwirkungen, Zusammensetzung, Nutzung, Reparierbarkeit und Verwertbarkeit zuzugreifen. Zudem sollten alternative Produkte oder Dienstleistungen zugänglich werden. Ganz neue Möglichkeiten fördert das BMU durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz.
Shopping rund um die Uhr, rund um die Welt – die Wachstumsraten im Online-Handel sind enorm. Durch immer bessere Analyse wird das Verhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern teilweise in Richtung "immer mehr" statt hin zu nachhaltigem Konsum gelenkt. Dieser Trend muss sich umkehren. Vor allem beim Online-Einkauf kommt es darauf an, Informationen für eine nachhaltige Kaufentscheidung nutzerfreundlich verfügbar zu machen. Das BMU legt deshalb einen Schwerpunkt auf die Gestaltung und Regulierung von Plattformen, Marktplätzen sowie Online-Handel. Im Vordergrund steht das Ziel, Nachhaltigkeitsaspekte bereits in den Such- und Entscheidungsprozess zu verankern.
Marktüberwachung stärken
Das Wachstum des Online-Handels führt zu direkten und indirekten Umweltauswirkungen: durch das steigende Transportaufkommen, durch Logistik, Verpackung und Retouren. Das BMU untersucht, wie sich diese Prozesse bereits online umweltgerecht steuern lassen und welche Chancen oder Risiken der Internethandel sonst noch mit sich bringt. Ein Blauer Engel für "Liefer- und Versanddienstleistungen" wird aktuell erarbeitet. Handlungsbedarf besteht auch, weil über den Welt weiten Online-Handel Produkte aus Nicht-EU-Ländern in den europäischen Markt kommen, deren Hersteller sich nicht an die Vorgaben der EU halten ("Drittland-Trittbrettfahrer"). So gelangen verbotene Stoffe, wie nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel oder Chemikalien, auch nach Deutschland. Unternehmen aus der Bundesrepublik und der EU entstehen dadurch Wettbewerbsnachteile. Die neue EU-Markt-überwachungsverordnung hat wichtige Fortschritte gebracht: Der Online-Handel (Fulfillment-Center) wird darin nun ausdrücklich geregelt. Damit allein ist es aber nicht getan. Das BMU setzt sich darüber hin aus für die Einführung einer Prüfpflicht ein, nach der elektronische Marktplätze selbst nachweisen müssen, ob die angebotenen Elektro- sowie Elektronikprodukte, Batterien und Verpackungen ordnungsgemäß registriert sind. Auch sind verstärkte Anstrengungen zur Bekämpfung des illegalen Online-Handels mit bedrohten und geschützten Arten notwendig
Retouren sind kein Abfall
Schätzungen zufolge werden jährlich funktionsfähige Waren im Wert von mehreren Milliarden Euro vernichtet – ein Problem, das sowohl den Online- als auch den stationären Handel betrifft. Neuwertige Ware vernichten, weil die Saison vorbei ist, oder Luxusartikel zerstören, damit ihr Preis hoch bleibt – diese Praktiken müssen beendet werden. Aus diesem Grund will das BMU eine Obhutspflicht im Kreislaufwirtschaftsgesetz einführen. Über hänge und Retouren sollen nur noch dann vernichtet werden dürfen, wenn dies zum Beispiel aus Sicherheits- oder Gesundheitsgründen nötig ist.
Videos und Musik – Streaming ohne schlechtes Gewissen
Die wachsende Zahl an Nutzerinnen und Nutzern, vernetzten Geräten, der Trend zum Medienabruf on demand: Das alles lässt den Datenverkehr und den Energiebedarf der Cloudinfrastruktur rasant wachsen. Allein von 2017 bis 2022 wird eine Verdreifachung des weltweiten Datenverkehrs auf rund 400 Milliarden Gigabyte pro Monat erwartet – das entspricht etwa dem Speicherplatz von 100 Milliarden DVDs. Ein großer Teil entsteht beim Streamen von Videos in immer höherer Qualität. Deshalb setzt sich das BMU nicht nur für effizientere Rechenzentren ein, sondern auch für verpflichtende Vorgaben, die unnötig hohe Datenraten vermeiden, ohne die Nutzung zu beeinträchtigen. Ob Vorgaben zur Standardauflösung, zum Autoplay oder zur Einblendung von Werbevideos: Hierzu wollen wir während der EU-Ratspräsidentschaft mit großen Anbietern ins Gespräch kommen.