Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich in Deutschland die öffentliche Trinkwasserversorgung zu einem unverzichtbaren Element der kommunalen Daseinsvorsorge entwickelt. Mit ihrer leistungsfähigen Infrastruktur wird sie hohen Ansprüchen an die Trinkwasserqualität und die Versorgungssicherheit gerecht.

Struktur- und Betriebsformen in der Wasserversorgung

In Deutschland gibt es rund 6200 Wasserversorgungsunternehmen. Sie sind hinsichtlich Trägerschaft, Organisationsform, Größe und Aufgabenbereich vielfältig strukturiert. Diese Vielfalt ist Ausdruck der unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort:

  1. Der Regiebetrieb ist eine im Haushalt der Gemeinde geführte Einrichtung. Das bedeutet, dass die Gemeinde die Aufgabe der Wasserversorgung im Rahmen ihrer allgemeinen Verwaltung erledigt.
  2. Der Eigenbetrieb zeichnet sich gegenüber der allgemeinen Verwaltung und Haushaltswirtschaft der Trägergemeinde durch eine gesonderte (ausgegliederte) Verwaltungsstruktur und Wirtschaftsführung (Sondervermögen) aus. Der Eigenbetrieb ist rechtlich in vollem Umfang in die Gemeinde einbezogen.
  3. Die Eigengesellschaft ist ein rechtlich selbständiger, von der Gemeinde kapitalisierter Betrieb. Sie kann als Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder als Aktiengesellschaft gegründet werden und unterliegt damit dem entsprechenden Gesellschaftsrecht.
  4. Die Wasserversorgung einschließlich Gewinnung und Transport kann von der Gemeinde an private Betreiber (Betreibermodell) delegiert werden. Das bedeutet nicht, dass die Verantwortung für die öffentliche Trinkwasserversorgung, sondern nur deren Durchführung einem privaten Dritten übertragen wird. Die Effizienz und erforderlichen Kontrollmöglichkeiten der Wasserversorgung werden vertraglich sichergestellt.
  5. Zum Teil arbeiten die Gemeinden in Verbänden zusammen, um die Wasserversorgung in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht effizienter zu gestalten. Die Verantwortung für die Aufgabenerfüllung geht dann von den Mitgliedsgemeinden auf den Verband über.

Vor der Erschließung eines Grundwasservorkommens für die Trinkwasserversorgung werden umfangreiche Untersuchungen über die räumliche Abgrenzung des möglichen Gewinnungsgebietes und über seine geologischen, hydrogeologischen, meteorologischen und hydrochemischen Verhältnisse angestellt. Ausschlaggebend für eine Erschließung sind die Menge des verfügbaren Grundwassers und seine qualitative Beschaffenheit. Grundwässer unterscheiden sich in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften nicht selten deutlich von einander. Dies liegt maßgeblich an der unterschiedlichen Beschaffenheit des Untergrundes und an den mehr oder weniger stark ausgeprägten anthropogenen Beeinträchtigungen.

In städtischen Ballungsräumen ist es oft nicht möglich, den Trinkwasserbedarf aus ortsnahen Grundwasservorkommen zu decken. Das Rohwasser wird dann aus Talsperren und Seen, für die in der Regel Schutzgebiete bestimmt werden, oder aus Uferfiltrat oder aus angereichertem Grundwasser gewonnen.

Bei der Auswahl der Rohwasserressource zur Gewinnung von Trinkwasser sind nicht nur mögliche Schwankungen der Wassermenge und der Wasserqualität zu berücksichtigen, auch konkurrierende Nutzungsansprüche, wie zum Beispiel Wasserentnahmen für Produktionszwecke, Abwassereinleitungen aus Industrie und Kommune, Fischereiwirtschaft, Verkehr und Erholung, können der Gewinnung von Trinkwasser entgegen stehen.

Wasseraufbereitung

Rund ein Viertel des dem natürlichen Wasserkreislauf entnommenen Rohwassers kann ohne vorherige Aufbereitung oder Behandlung als Reinwasser mit Trinkwasserqualität zur Trinkwasserversorgung genutzt werden.

Zur Erfüllung der Qualitätsanforderungen der Trinkwasserverordnung kann je nach Güte des Rohwassers eine mehr oder weniger aufwendige Aufbereitung im Wasserwerk erforderlich sein.

Grundwasser hat in Deutschland häufig hohe Eisen- und Mangangehalte. Diese Stoffe können durch konventionelle, natürliche Aufbereitungsschritte wie Belüftung, Sand- oder Kiesfiltration entfernt werden. Für die Entfernung von Eisen, die sogenannte "Enteisenung", wird das Rohwasser durch Düsen gespritzt und fein zerstäubt. So verbindet sich der Sauerstoff aus der Luft mit dem im Wasser gelösten Eisen (Oxidation). Dabei bilden sich Flocken, die in mit Sand gefüllten Becken und Behältern aus dem Rohwasser ausgefiltert werden. Nach dem gleichen Prinzip lässt sich auch Mangan entfernen, die sogenannte "Entmanganung".

Probleme bei der Aufbereitung von Rohwasser kann es geben, wenn die Gewässer mit zu vielen Schadstoffen, wie Pflanzenschutzmitteln oder halogenierten Kohlenwasserstoffen, belastet sind. Zur Entfernung dieser Stoffe sind technische aufwendige und teure Aufbereitungsverfahren erforderlich. Die Aktivkohlefiltration beispielsweise nutzt das große Anlagerungsvermögen (Adsorption) der Aktivkohle für Stoffe. Aktivkohle hat eine poröse Struktur, das heißt eine im Verhältnis zum Volumen außerordentlich große Oberfläche, an der viele der im Wasser gelösten organischen Inhaltsstoffe angelagert und damit aus dem Wasser entfernt werden können.

Trinkwasser muss mikrobiologisch einwandfrei sein. Bei hygienischen Problemen ist eine Desinfektion erforderlich, zum Beispiel mit Chlor oder Chlordioxid.

Eine laufende "Wareneingangskontrolle" in Form regelmäßiger Laborkontrollen des geförderten Wassers beim Wasserwerk und die staatliche Überwachung der Gewässerqualität sind Garanten für die gleichbleibend hohe Qualität des abgegebenen Trinkwassers. Dank der sich ständig verbessernden Analysentechnik werden Substanzen aus Industrie, Gewerbe und Haushalten einschließlich ihrer Abbau- und Umwandlungsstoffe selbst im Spurenbereich aufgespürt. Daher ist es frühzeitig möglich, die Voraussetzungen für die Einleitung von Sanierungsmaßnahmen im Wassereinzugsgebiet zu schaffen und – wenn nötig – ergänzende Maßnahmen der Trinkwasseraufbereitung durchzuführen. 

Wasserverteilung

Die Wasserverteilung dient dem Transport des Trinkwassers vom Wasserwerk zum Verbraucher. Bei der Verteilung darf die Qualität des Wassers nicht beeinträchtigt werden. Zu den Wasserverteilungsanlagen gehören:

  1. Wasserspeicher für die Bevorratung, den Ausgleich des Spitzenverbrauchs, die Vorhaltung von Wasser für Feuerlöschzwecke, die Wassersicherstellung bei Betriebsausfällen und die Einregulierung eines stabilen Druckes im Versorgungsgebiet.
  2. Leitungen für den Wassertransport von den Wassergewinnungsanlagen bis zu den Hausanschlüssen der Verbraucher.
  3. Pumpwerke zur Erhöhung des Drucks in höher gelegenen Teilen des Leitungsnetzes beziehungsweise Drosselstationen zur Senkung des Drucks in den tiefer gelegenen Wasserleitungen.

Förderanlagen, Transportleitungen, Behälter und Versorgungsnetz bilden ein komplexes Betriebssystem, dessen Bestandteile in ihrer Leistungsfähigkeit sorgfältig aufeinander abgestimmt sein müssen und deren Dimensionierung sich an den Verbrauchsspitzen orientieren muss. 

Auf den Sektor Wasserverteilung entfällt anteilig der höchste Kapitaleinsatz (bis zu 80 Prozent) innerhalb der gesamten Wasserversorgung.

Wasserverteilungsanlagen dienen der Versorgung mit einem Lebensmittel. Deshalb ist schon während des Baues von Leitungen und Behältern darauf zu achten, dass Verunreinigungen vermieden werden. Diese Forderung bestimmt auch die Wahl der zu verwendenden Materialien, Auskleidungen, Anstriche und so weiter. Dabei sind die einschlägigen technischen Regelwerke und Prüfzeichen, insbesondere des Deutschen Vereins für das Gas- und Wasserfach e. V. (DVGW) und des Deutschen Instituts für Normung e. V. (DIN), zu beachten.

An der Stelle, an der das Wasserversorgungsunternehmen das Wasser an den Verbraucher übergibt – dies ist meist der Hauptwasserzähler an der Hausanschlussleitung – endet seine unmittelbare Verantwortung. Die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVB-Wasser) vom 20. Juni 1980 erlaubt zwar eine Kontrolle der Kundenanlage, stellt dies aber in die Entscheidung des Wasserversorgungsunternehmens. Die Verantwortung für die Hausinstallation liegt beim Hauseigentümer.

Stand: 01.12.2012

Wege zum Dialog

Gute Politik für Umweltschutz und Verbraucherschutz gelingt, wenn sie gemeinsam gestaltet wird. Schreiben Sie uns oder beteiligen Sie sich an unseren Dialogangeboten.