Strahlenschutz beim Stromnetzausbau
Beim Transport von Strom treten sowohl niederfrequente elektrische als auch magnetische Felder auf. Die Größe des elektrischen Feldes hängt von der angelegten Spannung (zum Beispiel 380 Kilovolt) ab und ist nicht an den Verbrauch elektrischer Energie gebunden. Die Größe des magnetischen Feldes hingegen hängt von der Stromstärke (zum Beispiel 2500 Ampere) ab und ist dann am höchsten, wenn der meiste Strom fließt. Bei niederfrequenten elektrischen Feldern kommt es zur ständigen Umverteilung der natürlichen Ladungen im Körper mit der Frequenz des Feldes. Dadurch verursacht fließen im Körper im gleichen Rhythmus elektrische Ströme (Körperströme). Diese inneren Körperströme sind bei den im Alltag vorkommenden elektrischen Feldstärken äußerst gering und haben keine gesundheitlich relevanten Auswirkungen auf Moleküle und chemische Verbindungen. Ab einem bestimmten, von Mensch zu Mensch unterschiedlichen Schwellenwert können elektrische Felder durch Vibration der Haare auf der Haut wahrgenommen werden.
Niederfrequente magnetische Felder erzeugen direkt elektrische Felder und Ströme im Inneren des Körpers. Dabei kommt es ab einem bestimmten Schwellenwert zunächst zu biologischen Effekten und bei höheren Strömen auch zu gesundheitlichen Gefahren. Der zugrundeliegende Mechanismus ist die Stimulation von Nerven, was bis zu Herzkammerflimmern und zusätzlichen Herzkontraktionen führen kann.
Grenzwerte
Am 22. August 2013 ist die Verordnung zur Änderung der Vorschriften über elektro-magnetische Felder und das telekommunikationsrechtliche Nachweisverfahren (Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV) in Kraft getreten. Sie regelt die Grenzwerte für elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder. Die bis dahin bestehende und seit ihrem Inkrafttreten Anfang 1997 nicht geänderte Verordnung bedurfte der Anpassung an wissenschaftliche, technische und gesellschaftliche Entwicklungen. Die Verordnung in ihrer ursprünglichen Fassung blieb insbesondere hinter der Empfehlung des Rates der Europäischen Union vom 12. Juni 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (1999/519/EG) zurück. Im Jahr 2010 hat die ICNIRP ihre Grenzwertempfehlung für niederfrequente Felder anhand aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse überarbeitet (Guidelines for Limiting Exposure to Time-Varying Electric and Magnetic Fields (1 Hertz bis 100 Kilohertz), Health Physics 99(6): 818 bis 836; 2010). Die Grenzwerte der 26. BImSchV basieren auf diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Niederfrequente Felder
Niederfrequente Felder treten überall dort auf, wo elektrische Energie erzeugt, transportiert oder angewendet wird.
Im elektromagnetischen Spektrum sind die niederfrequenten elektrischen und magnetischen Felder im Frequenzbereich zwischen etwa 1 Hertz und kleiner als 9 Kilohertz angesiedelt (Hertz ist die Maßeinheit für die Frequenz, das heißt für die Zahl der Schwingungen pro Sekunde). Im Gegensatz zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern treten bei niederfrequenten Feldern deutlich weniger Richtungswechsel des elektrischen Feldes und des magnetischen Feldes auf. Demzufolge können die Einzelwirkungen beider Feldkomponenten getrennt betrachtet werden.
Im Alltag treten niederfrequente elektrische und magnetische Felder auf durch zum Beispiel:
- die Stromversorgung (zum Beispiel Hochspannungsleitungen), Frequenz 50 Hertz
- Haushaltsgeräte und Elektroinstallationen im Haus
- elektrifizierte Verkehrssysteme wie Eisenbahnen, Frequenz 16,7 Hertz
Statische Felder (Hochspannungsgleichstromübertragung)
Statische Felder treten bereits in Form des natürlichen Erdmagnetfeldes auf. Sie kommen auch dort vor, wo Geräte und Anlagen mit Gleichstrom betrieben werden, oder bei der Übertragung von Strom über weite Strecken mittels der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ), die im Rahmen des Stromnetzausbaus zum Einsatz kommt. Um ein Vielfaches höhere statische Felder treten z.B. in der Medizin bei der Magnetresonanztomographie (MRT) auf.
Forschungsprogramm Stromnetzausbau
Im Rahmen der Energiewende wird das deutsche Stromnetz massiv erweitert, umgebaut und erneuert. Der gesamte Netzausbau wird von Diskussionen und Fragen zum Strahlenschutz und zur Gesundheit begleitet. Insbesondere bestehen Verunsicherungen durch die erstmalig zu errichtenden Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Leitungen (HGÜ-Leitungen).
Obwohl die Auswirkungen von Gleichstromfeldern auf den Menschen bekannt sind, gibt es noch offene Fragen, wie zum Beispiel belastbare Schwellenwerte für Wahrnehmungseffekte. Zur Beantwortung dieser noch offenen Fragen wurde unter anderem mit dem Forschungsprogramm zum "Strahlenschutz beim Stromnetzausbau" begonnen, das aus mehreren Teilprojekten besteht.