Radioaktivität im Trinkwasser
Die Strahlenexposition durch radioaktive Stoffe im Trinkwasser ist in Deutschland im Durchschnitt als sehr gering einzuschätzen. Das Trinkwasser kann jedoch, je nach Geologie des Untergrunds, einen erhöhten Gehalt an natürlichen radioaktiven Stoffen aufweisen. Untersuchungen des Bundesamtes für Strahlenschutz haben gezeigt, dass die Schwankungsbreite der Konzentration natürlicher Radionuklide im Trinkwasser sehr groß ist und daher ein Bedarf für verbindliche Vorsorgemaßnahmen besteht.
Durch die Trinkwasserverordnung wird sichergestellt, dass Belastungen mit Radionukliden, die im Einzelfall im Trinkwasser auftreten können, erkannt und beseitigt werden können. Damit wird dem Gesundheitsschutz höchste Priorität eingeräumt und auch in diesem Bereich das Vorsorgeprinzip des Strahlenschutzes gewährleistet. Große Wasserversorgungsunternehmen waren verpflichtet, bis zum 26. November 2019 Untersuchungen zur Konzentration von Radionukliden im Trinkwasser vorzunehmen. Der am 14. Februar 2017 vom Bundesumweltministerium veröffentlichte Leitfaden zur Untersuchung und Bewertung von radioaktiven Stoffen im Trinkwasser bietet dafür einheitliche Grundlagen und leistet einen Beitrag zum einheitlichen Verständnis der rechtlichen Vorgaben.
Leitfaden zur Untersuchung und Bewertung von Radioaktivität im Trinkwasser
Der "Leitfaden zur Untersuchung und Bewertung von radioaktiven Stoffen im Trinkwasser bei der Umsetzung der Trinkwasserverordnung" ist eine Handlungsempfehlung für die Wasserversorgungsunternehmen und die Vollzugsbehörden. Der Leitfaden wurde von den zuständigen Behörden von Bund und Ländern zusammen mit Experten der Wasserverbände erarbeitet und soll den Behörden vor Ort eine Handreichung für eine harmonisierte Umsetzung der Vorgaben für die Überwachung der Radioaktivitätsparameter und Handlungsempfehlungen bei der Überschreitung von Parameterwerten im Trinkwasser sein.
Die Überarbeitung des Leitfadens zur Untersuchung und Bewertung von Radioaktivität im Trinkwasser aus dem Jahr 2012 war erforderlich geworden im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2013/51/Euratom des Rates zur Festlegung von Anforderungen an den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung hinsichtlich radioaktiver Stoffe in Wasser für den menschlichen Gebrauch. Diese wurde in Deutschland durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung, die im November 2015 in Kraft getreten ist, umgesetzt und legt erstmals Anforderungen zum Schutz der Bevölkerung hinsichtlich radioaktiver Stoffe im Trinkwasser fest. Es werden Parameterwerte für den Gehalt an radioaktiven Substanzen festgelegt sowie Konkretisierungen wie zum Beispiel Referenzaktivitäts-Konzentrationen und Nachweisgrenzen der relevanten Radionuklide, aber beispielsweise auch Anforderungen an die Probennahme oder Überwachungshäufigkeiten, die eine Messung auf einheitlicher Grundlage ermöglichen. Zudem wird ein Rahmen für geeignete nationale Monitoringstrategien vorgegeben. Die Wasserversorgungsanlagen sind grundsätzlich verpflichtet, Untersuchungen des Trinkwassers im Hinblick auf Radionuklide natürlichen Ursprungs durchzuführen. Die Untersuchungspflicht gilt grundsätzlich nur für "zentrale Wasserwerke" (sogenannte a-Anlagen), um unverhältnismäßig großen Aufwand für kleine Betriebe zu vermeiden. Untersuchungen in "dezentralen kleinen Wasserwerken" (sogenannten b-Anlagen) können gegebenenfalls entsprechend angeordnet werden, wenn erhöhte Konzentrationen radioaktiver Stoffe zu erwarten sind. Diese neuen Regelungen sind die Grundlage, um in Einzelfällen Maßnahmen zur Reduzierung von radioaktiven Stoffen im Trinkwasser ergreifen zu können und die hohe Qualität des Trinkwassers im Hinblick auf den Gehalt an radioaktiven Stoffen sicherzustellen.
In Abhängigkeit von den jeweiligen geologischen Verhältnissen enthalten alle Gesteine und Böden natürliche Radionuklide. Durch komplexe Lösungs- und Transportvorgänge können diese Radionuklide in unterschiedlichem Umfang in Oberflächen- und Grundwässer (einschließlich Uferfiltrat, Kluft- und Stollenwässer) gelangen. Die Aktivitätskonzentrationen der natürlichen Radionuklide in diesen Wässern und die relativen Aktivitätsanteile der Einzelnuklide können in weiten Grenzen variieren. Die Strahlenbelastung durch die Aufnahme dieser Stoffe mit dem Trinkwasser ist zwar im Durchschnitt sehr gering und Gesundheitsgefährdungen können grundsätzlich ausgeschlossen werden. Auf Grund der festgestellten sehr großen regionalen Schwankungsbreite des Gehalts an radioaktiven Stoffen im Trinkwasser können in Einzelfällen aus Vorsorgegründen jedoch Maßnahmen zu deren Reduzierung erforderlich werden. Die im Leitfaden erläuterte Untersuchung und Bewertung von radioaktiven Stoffen im Trinkwasser bei der Umsetzung der Trinkwasserverordnung darf nur von dafür zugelassenen Untersuchungsstellen durchgeführt werden. Eine Zulassung als Untersuchungsstelle durch die zuständige Länderbehörde setzt voraus, dass das Labor für die Untersuchung nach Trinkwasserverordnung akkreditiert ist. Dabei ist es auch möglich, dass sich Labore nur für die Untersuchung einzelner Parameter akkreditieren lassen. Die akkreditierten Labore müssen an Qualitätssicherungsprogrammen teilnehmen, wie zum Beispiel den Ringversuchen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Die zur Akkreditierung von Untersuchungslaboren geltenden Anforderungen sind aktuell überarbeitet worden.
Das Bundesumweltministerium (BMUV), das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das Umweltbundesamt (UBA), die zuständigen Landesbehörden sowie der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfachs e. V. (DVGW) und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) empfehlen die Anwendung des neuen Leitfadens im Rahmen der Untersuchung und Bewertung der Trinkwasserbeschaffenheit in der vorliegenden, dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechenden Form.