Selbstverpflichtung
Grafische Papierprodukte, wie Druckerzeugnisse und Büropapiere, stellen neben Verpackungen aus Papier die mengenmäßig wichtigste Gruppe von Papiererzeugnissen dar. In Anbetracht des hohen Verbrauchsniveaus und der zumeist kurzen Lebensdauer dieser Produkte kommt dem Recycling grafischer Papiere ein hoher ökologischer Stellenwert zu.
Auf Betreiben des Bundesumweltministeriums hatte sich die Arbeitsgemeinschaft Graphische Papiere (AGRAPA), ein Zusammenschluss von Verbänden und Organisationen der Papier herstellenden Industrie, der Papierimporteure, des Papiergroßhandels, der Druckindustrie sowie der Verleger mit Selbstverpflichtungserklärung vom 26. September 1994 dazu verpflichtet, die stoffliche Verwertung grafischer Altpapiere in mehreren Stufen zu steigern und ab dem Jahr 2000 eine stoffliche Verwertungsquote von 60 Prozent zu erreichen.
Die reale Entwicklung der Verwertungsquote im Zeitraum von 1994 bis 2000 hat die in die Selbstverpflichtung gesetzten Erwartungen deutlich übertroffen. Die AGRAPA hat damit ihre Zusage mehr als erfüllt.
Unter Berücksichtigung dieser positiven Entwicklung hat die AGRAPA im September 2001 ihre Selbstverpflichtung aus dem Jahr 1994 bekräftigt und sichert außerdem zu, die Quote nunmehr dauerhaft auf einem Niveau von 80 Prozent (plus/minus 3 Prozent) zu halten. Diese Zusage wird kontinuierlich erfüllt (siehe Statistik). Aus Umweltsicht ist dies sehr zu begrüßen. Die Wirtschaft nimmt hiermit ihre abfallwirtschaftliche Produktverantwortung wahr. Zugleich wird der hohe Stellenwert des Altpapierrecyclings in der deutschen Papierindustrie gefestigt und ein ganz erheblicher Beitrag zur Umweltentlastung geleistet.
Nicht nur in abfallwirtschaftlicher Hinsicht können hierdurch Umweltbelastungen vermieden werden. Auch in gesamtökologischer Hinsicht ist es die beste Lösung, aus Altpapier neues Papier herzustellen. Dies bestätigt die im Auftrag des Bundesumweltministeriums durchgeführte Studie "Ökobilanz für grafische Papiere", deren Ergebnisse im August 2000 veröffentlicht wurden.
Eine hohe Recyclingquote ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Es ist auch wichtig, Recyclingprodukte umfassend zu nutzen. Die AGRAPA-Selbstverpflichtung greift daher auch diesen Gesichtspunkt auf. Verleger und Druckindustrie sowie die Importeure von Papier und Papierprodukten und der Papiergroßhandel verpflichten sich, in ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich soweit wie möglich auf den Einsatz altpapierhaltiger Papiere hinzuwirken.
Auch die Entlastung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger findet in der Selbstverpflichtung Berücksichtigung. Von der AGRAPA wurde zu diesem Zweck eine Modellversuchsreihe zur Optimierung der Erfassung grafischer Altpapiere aus Haushaltungen durchgeführt. Mit der Modellversuchsreihe werden für fünf Modellversuchsgebiete und vier unterschiedliche Sammelsysteme für die getrennte Erfassung grafischer Altpapiere wissenschaftlich belastbare Primärdaten zum Altpapierstrom und zu den jeweiligen Entsorgungskosten ermittelt. Es konnte gezeigt werden, dass die getrennte Erfassung von grafischen Altpapieren in der Bevölkerung Akzeptanz findet. Zugleich werden Kostenoptimierungspotentiale für die Erfassung grafischer Altpapiere aufgezeigt. Da die Entscheidung für ein bestimmtes Altpapiererfassungssystem stark von den örtlichen Verhältnissen abhängt, insbesondere die Bebauungsstrukturen und die beabsichtigte Altpapiervermarktung von erheblicher Bedeutung sind, lässt sich eine pauschale Empfehlung für die Nutzung eines Sammelsystems allerdings nicht ableiten. Hier sind vielmehr die Gegebenheiten jedes Einzelfalles zu berücksichtigen. Die AGRAPA verpflichtet sich daher, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern eine umfassende Beratung anzubieten. Die AGRAPA will damit Möglichkeiten aufzeigen, wie das umweltpolitische Ziel der Steigerung der Altpapierverwertung am kostengünstigsten erreicht werden kann.
Im Jahr 2023 trat die Fortschreibung und Erweiterung der Selbstverpflichtungserklärung der in der AGRAPA zusammengeschlossenen Verbände der grafischen Papierkette gegenüber dem Bundesumweltministerium (BMUV) in Kraft. Damit verpflichten sich die in den Trägerverbänden organisierten Unternehmen freiwillig, bis zum Jahr 2028 schrittweise aus der Nutzung von mineralölhaltigen Zeitungsdruckfarben auszusteigen. Als Zwischenschritt wurde vereinbart, die Menge (gemessen in Tonnen) der im Jahr 2020 aus Zeitungsdruckfarben in den Altpapierkreislauf eingetragenen Mineralöle bis 2025 zu halbieren.
Die Herstellung von Verpackungen aus dem Altpapierkreislauf trägt im Allgemeinen zu einer ressourcenschonenderen und emissionsärmeren Produktion im Gegensatz zum Einsatz von Frischfasern bei. Auch für indirekte oder gar direkte Lebensmittelverpackungen kann Altpapier verwendet werden. Durch den Ersatz mineralölhaltiger Zeitungsdruckfarben können unerwünschte Stoffe aus dem Altpapierkreislauf ausgeschleust werden. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass potentiell gesundheitsgefährdenden Stoffe in die Lebensmittel übergehen, ist bei besonders gefährdeten Lebensmitteln eine wirksame Barriere vor Mineralölrückständen in der Verpackung zum Schutz für die Verbraucherinnen und Verbraucher notwendig. Diese wird in der Regel durch dünnen Beschichtungen oder Folien zwischen Papierverpackung und Lebensmittel erreicht.
Zur Kontrolle der eingegangenen Verpflichtungen wurde der so genannte Altpapier-Rat gegründet. Dieses Gremium steht zum einen als Plattform für alle die Umsetzung der Selbstverpflichtung betreffenden Fragen zur Verfügung. Zum anderen ist es seine Aufgabe, über die Erfüllung der Verpflichtungen Rechenschaft abzulegen. Die AGRAPA erstattet dem Bundesumweltministerium nach Ablauf jedes Kalenderjahres regelmäßig Bericht und stellt entsprechende prüffähige Unterlagen zur Verfügung.