Ausschlusskriterien
Erfüllen Wirkstoffe bestimmte Kriterien, werden sie vom Genehmigungsverfahren ausgeschlossen. Man nennt diese Kriterien deshalb Ausschlusskriterien. Wirkstoffe werden nicht genehmigt, wenn sie:
a) fortpflanzungsgefährdend, erbgutschädigend oder krebserzeugend sind,
b) sie in den Hormonhaushalt eingreifen,
c) sie gleichzeitig persistent, bioakkumulierend und toxisch ("PBT") oder
d) gleichzeitig sehr persistent und sehr bioakkumulierend ("vPvB") sind.
Das EU-Biozid-Recht sieht die Möglichkeit für Rückausnahmen von diesen Ausschlusskriterien vor, also die Genehmigung eines Wirkstoffes trotz Erfüllen mindestens eines Ausschlusskriteriums, wenn:
a) das Risiko für Mensch, Tier und Umwelt durch die Exposition vernachlässigbar ist,
b) ein Stoff nachweislich unbedingt für die Gefahrenabwehr erforderlich ist oder
c) die nicht erfolgte Genehmigung verglichen mit dem vom Wirkstoff ausgehenden Risiko unverhältnismäßig negative Folgen für die Gesellschaft hätte.
Die Genehmigung gilt dann für fünf anstatt für zehn Jahre (Artikel V, Verordnung (EU) Nummer 528/2012). Wird ein Wirkstoff aufgrund dieser Rückausnahmemöglichkeit genehmigt, ist er automatisch ein "zu ersetzender Wirkstoff". Unter die zu ersetzenden Wirkstoffe fallen jedoch auch Stoffe, die nicht die Rückausnahmekriterien erfüllen. Dies sind beispielsweise Stoffe, die zwei der Kriterien erfüllen, nach denen sie als PBT einzustufen sind. Sie können für höchstens sieben Jahre genehmigt werden. Bevor eine Genehmigung gegeben wird, werden Informationen über den Wirkstoff veröffentlicht, sodass "[…] betroffene Dritte einschlägige Angaben, einschließlich Angaben über verfügbare Ersatzstoffe, übermitteln können" (Artikel X, Verordnung (EU) Nummer 528/2012). Die Liste der zu ersetzenden Stoffe kommt einer schwarzen Liste gleich. Hersteller solcher Wirkstoffe müssen damit rechnen, dass ihr Wirkstoff keine Verwendung in einem Biozidprodukt finden wird, da nicht mit einer Verlängerung der Genehmigung nach sieben Jahren gerechnet werden kann. Die Entwicklung eines Biozidproduktes ist damit kaum profitabel. Enthält ein Biozidprodukt einen zu ersetzenden Wirkstoff, wird zudem als Teil der Bewertung des Antrags auf Zulassung oder auf Verlängerung der Zulassung eine vergleichende Bewertung durchgeführt. Die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung kann untersagt beziehungsweise eingeschränkt werden, wenn bereits für den gleichen Verwendungszweck ein hinreichend wirksames Biozidprodukt oder eine nicht-chemische Bekämpfungs- oder Präventionsmaßnahme mit geringerem Gesamtrisiko zugelassen ist (Artikel XXIII, Verordnung (EU) Nummer 528/2012).