Rede von Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke zum Festakt "60 Jahre Stiftung Warentest"

04.12.2024
60 Jahre Stiftung Warentest
Anlässlich der Feierlichkeiten zum 60-jährigen Jubiläum von Stiftung Warentest hat Bundesministerin Steffi Lemke die Festrede gehalten.

– Es gilt das gesprochene Wort. –

Liebe Frau Bönisch,
liebe Mitarbeitende und Mitwirkende der Stiftung Warentest,
liebe Gäste aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft,

heute vor genau 60 Jahren – am 4. Dezember 1964 – ist die Stiftung Warentest gegründet worden: Zum 60-jährigen Jubiläum gratuliere ich ganz herzlich!

Vor 60 Jahren war dieses Land ein völlig anderes als heute. Und doch ist der grundsätzliche Auftrag der Stiftung Warentest bis heute gleichgeblieben: Transparenz herzustellen und damit das Machtungleichgewicht zwischen Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Stück weit geradezurücken.

Damals galt es, der Konsumfreude in der alten Bundesrepublik der Wirtschaftswunder-Jahre eine unabhängige Qualitätsbewertung entgegen zu setzen. Heute kann sich jeder mit ein paar Klicks Kleidung, Spielzeug oder Elektroartikel aus der ganzen Welt nach Hause bestellen – oft ohne zu wissen, was in und hinter dieser bunten Warenwelt steckt. Hier bringt die Stiftung Warentest seit 60 Jahren Licht ins Dunkel! 

Durch Verbraucherschutz wollen wir den komplexen Alltag der Bürgerinnen und Bürger verbessern und erleichtern. Die Stiftung Warentest ist dabei ein wichtiger Partner. Mir ist wichtig, dass wir uns um die konkreten Alltagsprobleme kümmern. Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich viele von der Häufung der Krisen belastet, vielleicht auch überfordert fühlen. Gerade jetzt, da Populisten versuchen, diese Überforderung für sich auszunutzen und scheinbar einfache Antworten zu bieten.

Durch die Informationen der Stiftung Warentest können Kundinnen und Kunden nicht so leicht über den Tisch gezogen werden. Die Menschen können nicht in die Waren reinschauen und merken erst, wenn sie eine Sache schon länger haben, ob diese hält was sie verspricht. Durch die Stiftung Warentest können die Menschen sich schon vor dem Kauf informieren, welche Angebote besonders gut sind. So helfen Sie mit, das Vertrauen der Menschen in die Funktionsfähigkeit von Institutionen und damit letzten Endes auch in unsere Demokratie zu stärken. Für diese wichtige Arbeit danke ich Ihnen.

John F. Kennedy gehörte zu den ersten, die erkannten, wie wichtig grundlegende Verbraucherrechte für eine funktionierende Demokratie sind. Auf ihn geht der Weltverbrauchertag zurück, den wir jedes Jahr am 15. März begehen. In der Sitzung des Bundestages, bei der über die Gründung eines Warentest-Instituts beraten wurde, wird Kennedy mit den Worten zitiert: "Wenn der Verbraucher nicht in der Lage ist, auf Grund ausreichender Information seine Wahl zu treffen, dann ist sein Dollar verschwendet“. Das zu verhindern ist noch heute Ihr Auftrag.

Die Bundesregierung ging damals davon aus, dass für den Aufbau dieser Einrichtung eine finanzielle Starthilfe ausreichen würde. Es zeigte sich aber schnell, dass das ursprünglich zur Verfügung gestellte Stiftungskapital – umgerechnet rund 9 Millionen Euro – für die Vielzahl der Aufgaben nicht ausreichte. Bekanntermaßen hat die Stiftung Warentest deshalb regelmäßig jährliche Zuschüsse vom Bund erhalten.

Pünktlich zu ihrem 60. Geburtstag hat die Stiftung nun vollständige Unabhängigkeit von staatlicher Finanzhilfe erreicht. Ermöglicht wurde dies vor allem durch die Bereitstellung von zusätzlichem Stiftungskapital von 100 Millionen Euro in den Jahren 2016 und 2017. Die Unabhängigkeit der Stiftung Warentest von der Einflussnahme Dritter ist die Grundvoraussetzung für ihren Erfolg und für das Vertrauen, das die Stiftung genießt. Das soll auch so bleiben. Und dafür ist die finanzielle Unabhängigkeit der richtige Schritt. Vielen Dank an alle, die das möglich gemacht haben.

Die Stiftung Warentest hat sich in all den Jahren ständig weiterentwickelt und immer wieder aktuelle verbraucher- und gesellschaftspolitische Entwicklungen aufgegriffen.

Seit mittlerweile auch schon 45 Jahren richtet die Stiftung zum Beispiel den Wettbewerb "Jugend testet“ aus, bei dem Jugendliche selbst Konsum auch mal hinterfragen. Eine tolle Initiative, wie ich finde, und daher habe ich auch sehr gerne die Schirmherrschaft übernommen.

Seit 1985 werden Umwelt­kriterien in den Tests berücksichtigt. Seit einigen Jahren berücksichtigt die Stiftung auch zunehmend die Reparierbarkeit von Produkten – ein Thema, das mir sowohl als Umweltministerin als auch als Verbraucherschutzministerin sehr am Herzen liegt. Denn es schont den Geldbeutel und es spart wertvolle Ressourcen.

Direkt nach der Wende 1989 ist die Stiftung Warentest dann auch in Ostdeutschland aktiv geworden. Damals war es besonders wichtig, durch unabhängige Informationen Machtasymmetrien entgegenzuwirken. Als Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR sahen wir uns ja quasi über Nacht nicht nur mit einer neuen Produktpalette konfrontiert, sondern sehr bald auch mit einem neuen Mietrecht oder Kaufrecht. In dieser Zeit des Umbruchs gehörte die Stiftung zu denjenigen, die Orientierung und Verlässlichkeit geboten haben.

In den 90er Jahren hat die Zeitschrift ihr Portfolio dann nochmal erweitert: zunächst durch die Zeitschrift "FINANZtest“ und später dann den Internetauftritt "test.de“.

Auch mit unserer Arbeit im Ministerium wollen wir dafür sorgen, dass die Produkte, die Verbrauchern angeboten werden, besser werden. Daher haben wir zum Beispiel auf Europäischer Ebene aktiv unterstützt, dass Handys und Tablets künftig reparierbar sein müssen. Auch hier wird dann später die Stiftung Warentest sicher ein Auge darauf haben. Und auch das einheitliche Ladekabel ist eine ganz konkrete Verbesserung für die Menschen im Alltag.

96 Prozent aller Deutschen kennen die Stiftung Warentest. 10.000 Tests haben Sie seit Ihrer Gründung durchgeführt. Und diese Tests haben Gewicht.

Wenn bei Ihnen ein Produkt durchfällt nützt die beste Marketingabteilung nichts. Denn das beeinflusst nicht nur Kaufentscheidungen. Oft wird das Produkt gleich ganz aus dem Sortiment genommen. Ihre Tests können zu Qualitätsverbesserungen führen, gelegentlich sogar zu einer Änderung gesetzlicher Regelungen.

Immer wieder zeigt sich, dass die teuersten Produkte nicht die besten sein müssen. Im Gegenteil: Oft schneiden auch Discounterware oder günstige Vergleichsangebote sehr gut ab oder sind gar Testsieger. Das ist gerade für einkommensschwächere Haushalte interessant.

Nicht nur die getesteten Produkte unterliegen dem Wandel der Zeit. Die Stiftung entwickelt auch ihre Testmethoden und Kriterien permanent weiter. Jede Untersuchung, jeder Test wird unter enormen Aufwand betrieben. Unterstützt von den Gremien und durchgeführt von qualifizierten Prüflabors.

Anders als es sich vielleicht die Väter des "Testinstituts“ in der 1960er Jahren vorgestellt haben – und manche Verbraucher möglicherweise heute noch –, laufen im Keller der Stiftung Warentest am Lützowplatz in Berlin ja nicht Tag und Nacht die Waschmaschinen im Dauertest. Dies übernehmen professionelle Prüfeinrichtungen.

Im April dieses Jahres habe ich mir beim Besuch eines solchen Prüflabors selbst ein Bild machen können – und war beeindruckt, mit welcher Sorgfalt und auch Kreativität die Produkte auf den Prüfstand kommen. Die Tests gehen oft über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus. Geprüft wird, was den Verbraucheralltag besser oder leichter macht.

Das verdient unsere große Anerkennung – und macht den Erfolg der Stiftung Warentest seit 60 Jahren aus!

Die Stiftung Warentest ist ein kompetenter und vertrauenswürdiger Partner an der Seite der Verbraucherinnen und Verbraucher. Gerade ihre hohe Glaubwürdigkeit ist in dem heutigen gesellschaftlichen Umfeld von Fake-News ein so wichtiger Beitrag zur Versachlichung und Neutralität – und damit unverzichtbar!  

Ich danke Ihnen, liebe Frau Bönisch, wie auch Herrn Primus und den anderen früheren Vorständen ganz herzlich für Ihre engagierte Arbeit! Mein Dank gilt natürlich auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung, den Mitgliedern der Geschäftsleitung und der Gremien, dem Betriebsrat und den vielen Freunden und Unterstützern der Stiftung – Sie alle tragen mit dazu bei, die Erfolgsgeschichte der Stiftung Warentest weiter zu schreiben.

Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum und alles Gute für die Zukunft!

04.12.2024 | Rede Verbraucherschutz

Weitere Informationen

https://www.bmuv.de/RE11241
  • Fotogalerie Videogalerie

    Mediathek

    Das Ministerium in Bildern

  • Fotogalerie Videogalerie Interviews

    Online-Tagebuch

    Aus der täglichen Arbeit des Ministeriums

  • Newsletter

    Newsletter

    Meldungen per E-Mail empfangen

Wege zum Dialog

Gute Politik für Umweltschutz und Verbraucherschutz gelingt, wenn sie gemeinsam gestaltet wird. Schreiben Sie uns oder beteiligen Sie sich an unseren Dialogangeboten.