Eröffnungsrede von Staatssekretärin Dr. Christiane Rohleder, zur Eröffnung der K 2022

19.10.2022
Staatssekretärin Dr. Christiane Rohleder hält die Eröffnungsrede zur K 2022, der weltweit größten Messe der Kunststoff- und Kautschukindustrie.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident Reifenhäuser,
sehr geehrter Herr Dr. Düssel, Hr. Wienkamp und Hr. Bühler,
sehr geehrte Anwesende,

ich freue mich sehr, heute die Kunststoffmesse K 2022 eröffnen zu dürfen. Wegen des dreijährigen Rhythmus kann die K anders als andere große Messen und Kongresse tatsächlich planmäßig stattfinden. Die Pandemie hat den Rhythmus zwar nicht verändert, dennoch ist die Welt eine andere als bei der K 2019.

Gerne würde ich diese Messe unter positiveren Rahmenbedingungen eröffnen. Doch der russische Angriff auf die Ukraine hat unsere Lebensrealität in Europa und auch weltweit von Grund auf verändert. Hinzu kommen die immer noch nicht ausgestandene Coronapandemie, Lieferengpässe und gestörte Logistikketten: Wir befinden uns in einer herausfordernden Situation.

Und bereits unabhängig davon ist der Handlungsbedarf groß. Denn die unumkehrbaren Auswirkungen des menschlichen Handelns auf die Umwelt werden immer deutlicher.

Die Bedrohung unserer Lebensgrundlagen durch Klimakrise, Artenaussterben und Verschmutzung unseres Planeten wird immer unübersehbarer.

Die Messe steht unter den drei Leitthemen Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung und Klimaschutz. Damit greift die K die zentralen Schlüssel zur Bewältigung der drei globalen Krisen auf. Nur mit einer umfassenden Transformation hin zu einer klimaneutralen, ressourcenschonenden und zirkulären Wirtschaftsweise kann uns die Lösung der dreifachen globalen Krise gelingen.

Sie alle kennen die erschreckenden Bilder von der Vermüllung der Meere mit Kunststoffabfällen. Das zeigt, wie wichtig es ist, gerade bei Kunststoff zu einer echten Kreislaufwirtschaft zu kommen.

Umso erfreulicher ist es, dass der Blick in die Messehallen hier eindrucksvoll viele Innovationen zeigt. Und Innovation brauchen wir dringend für die erforderliche Transformation zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft.

Die K ist die weltweit führende Kunststoffmesse. Diesem Ruf wird die Messe auch dieses Jahr wieder gerecht: Die gesamte Wertschöpfungskette der Kunststoffindustrie, aus Deutschland und weltweit, ist hier vertreten. Und: Die Besucherinnen und Besucher können sehen, dass es im Bereich der Kunststoffanwendung, der Kunststoffverarbeitung und des Recyclings eine Vielzahl neuer, praktischer Lösungen gibt. Viele dieser Lösungen können auch zu einem ressourcenschonenden, nachhaltigen Umgang mit Kunststoffen beitragen.

Für die Transformation unserer Gesellschaft müssen alle Beteiligten, sei es Wirtschaft, Staat oder Bürgerinnen und Bürger, neue Ideen entwickeln und lang erprobte und manchmal vielleicht auch liebgewonnene Gewohnheiten in Frage stellen. Die gesellschaftliche Aufgabe, diese Transformation zu leisten, ist extrem anspruchsvoll. Und sie muss nun während und trotz einer Wirtschaftskrise forciert werden. Die gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise stellen einige Unternehmen beziehungsweise Branchen vor existenzielle Herausforderungen.

Gleichzeitig binden die hohen Preise Kapital. Kapital, das nicht für Investitionen in Klimaschutz und Kreislaufführung zur Verfügung steht. Dennoch ist es zwingend erforderlich, an Investitionen dieser Art festzuhalten, um die Klimakrise, das Artenaussterben und die Verschmutzung unseres Planeten zu beenden. Und auch wirtschaftlich werden wir keine Zukunft mehr haben, wenn uns nicht die Lösung aller drei Krisen gelingt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Daher benötigen wir Lösungen, die mehrere Herausforderungen adressieren:

  • Wir brauchen umweltschonende Lösungen, die uns beim Klima- und Umweltschutz voranbringen
  • und diese Lösungen müssen uns gleichzeitig unabhängiger machen von Rohstoffen aus allen Teilen der Welt, die oft unter fragwürdigen Bedingungen gewonnen werden.

Kunststoffe im Kreislauf zu führen adressiert beide Herausforderungen. Und es birgt ein enormes Potenzial. Jährlich werden weltweit 370 Millionen Tonnen Kunststoffe produziert. In der EU davon knapp 60 und in Deutschland wiederum knapp 20 Millionen Tonnen. Die Steigerung des Einsatzes von Recyclingkunststoffen reduziert den CO2-Fußabdruck und gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilem Erdöl. Und hier besteht noch viel Potential: Von den in der EU gesammelten 29 Millionen Tonnen Post-Consumer Kunststoffabfällen werden nur circa 1/3 recycelt, ein Viertel wird immer noch direkt auf Mülldeponien entsorgt.

Liebe Besucherinnen und Besucher,

Kunststoffe sind aus unserer modernen Gesellschaft nicht wegzudenken. Kaum ein Material ist so präsent in unserem täglichen Leben wie Kunststoff.

Kunststoff hat schier endlose Einsatzmöglichkeiten. Beispielsweise aus medizinischen Anwendungen ist das Material nicht mehr wegzudenken. Auch die Energiewende wäre ohne Kunststoffe nicht denkbar, zum Beispiel in hochfesten und leichten Rotorblättern oder Speichermodulen.

Den Vorteilen von Kunststoffen stehen jedoch auch ungelöste Herausforderungen gegenüber: Bei der Kreislaufführung besteht noch erhebliches Entwicklungspotenzial. Nicht viele Staaten verfügen über solide Erfassungs- und Entsorgungsstrukturen wie Deutschland. Kunststoffabfälle landen daher nicht nur in Europa, sondern weltweit zu großen Anteilen in der Umwelt, auf Deponien oder werden verbrannt.

[Die Deponierung von Kunststoffen ist ein unnötiger Verlust von recyclingfähigem Material. Eine Praxis, die in Deutschland seit langem verboten ist. Daher setzt sich die Bundesregierung für ein möglichst baldiges Ende der Ablagerung unvorbehandelter Abfälle in Europa ein.]

Schlecht gemanagte Deponien und Littering von Plastikmüll bergen zudem das Risiko des Eintrags von Kunststoff in die Umwelt. Hier sind wir wieder bei den Bildern der riesigen Plastikstrudel in unseren Meeren. Das Bewusstsein hierfür ist mittlerweile da. Daher wird derzeit auf Ebene der Vereinten Nationen ein verbindliches Abkommen zur Vermeidung von Plastikabfällen verhandelt.

Deutschland ist hierbei Teil der "High-Ambition Coalition" und setzt sich für ein anspruchsvolles Abkommen ein.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wir benötigen Innovationen in vielen Bereichen:

  • Bereits das Design muss die Recyclingfähigkeit berücksichtigen.
  • Es müssen mehr Rezyklate eingesetzt werden – und damit weniger primäre Rohstoffe.
  • Auf schädliche Chemikalien sollte verzichtet werden. Das verbessert auch die Kreislauffähigkeit.
  • Und Dinge müssen wieder länger haltbar und reparierbar sein. Gerade bei Kunststoffen müssen wir von einer immer noch überwiegend linearen Wirtschaftsweise zu einer echten Kunststoffkreislaufwirtschaft kommen, ganz im Sinne der K ´23, die die Kreislaufwirtschaft zu Recht den Vordergrund stellt. Das sind große Herausforderungen für die Wirtschaft. Umso wichtiger ist der Austausch über die gesamte Wertschöpfungskette, wie er in den kommenden Tagen durch die K´23 ermöglicht wird. Wichtig ist aber auch ein guter regulatorischer Rahmen. Ein prominentes Beispiel aus der Kreislaufführung ist das Pfand auf Einweg-PET-Flaschen, das in Deutschland bereits 2003 eingeführt wurde. Auf Grund des Pfandsystems existiert heute in Deutschland ein geschlossener Materialkreislauf für PET-Flaschen. Das Material aus diesem Kreislauf ist für den Lebensmittelkontakt zugelassen und sehr begehrt. Auch recyclingfreundliche Beschichtungen als Sauerstoffbarriere in PET-Flaschen sind eine Entwicklung, die durch das Pfandsystem angestoßen wurde. Unternehmen, die diese Entwicklungen möglich gemacht haben, finden Sie auch hier auf der Messe. Eine Tonne Rezyklat spart über eine Tonne CO2-Emissionen. Daher sind die hohen werkstofflichen Verwertungsquoten für Verpackungsabfälle im deutschen Verpackungsgesetz sehr wichtig. Diese haben auch zu Innovationen und Investitionen in der Sortier- und Aufbereitungstechnik geführt. Auf der K präsentieren verschiedene Unternehmen weitere Innovationen in der Sortier- und Aufbereitungstechnik. [Und auch zur Digitalisierung kann Regulierung beitragen: Die Pflicht, ab 2023 Mehrweglebensmittelverpackungen im to-go Bereich anzubieten, haben innovative Start-ups genutzt um digitale, App-basierte Pfandsysteme zu entwickeln.] Mit der Revision der EU-Verpackungsrichtlinie erwarten wir weitere Vorgaben zum Design for Recycling und zum Schließen von Kreisläufen. Die Messe zeigt, dass die Branche bereits eine Vielzahl von Lösungen dafür anbietet.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit dem Green Deal hat die EU-Kommission ein Arbeitsprogramm zur Transformation vorgelegt. Die Kreislaufwirtschaft und Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft sind wichtige Elemente dieser Strategie. Wir wollen in Deutschland Vorreiter dieser Transformation sein.

Die Entwicklung hin zu einer umfassenden Kreislaufwirtschaft wollen wir mit der nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie unterstützen. Mit dieser Strategie werden wir Ziele und Maßnahmen formulieren. Ich lade Sie herzlich ein, sich im kommenden Jahr aktiv in den Diskussionsprozess einzubringen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Rohstoffengpässe, der Mangel an Chips, die hohen Energiepreise: Es ist klar, dass wir zum Handeln kommen müssen. Nur wenn wir die Herausforderungen aktiv angehen, können wir in Deutschland und Europa als herausragende Forschungs- und Industriestandorte bestehen. Und nur so können wir unsere Klimaschutzziele erreichen.

Die K-Messe ist die weltweit größte Messe, auf der Kunststofferzeuger, -verarbeiter und –recycler zusammenkommen. Dass diese Messe in Deutschland stattfindet, zeigt: Deutschland ist global führend bei der Erzeugung von Kunststoffen, beim Recycling und auch bei der Entwicklung neuer Technologien und Materialien. Ich freue mich, auf einem kleinen Rundgang im Anschluss wenigstens einige dieser Unternehmen zu treffen.

Ich hoffe, Sie werden die K nutzen können, um nachhaltige Ideen zu entwickeln und Kontakte zu knüpfen.

Ich freue mich nun, die Messe gemeinsam mit den Gastgebern zu eröffnen und wünsche Ihnen allen einen spannenden Austausch und interessante Gespräche, die die Kreislaufführung von Kunststoffen voranbringen.

Vielen Dank und gutes Gelingen.

19.10.2022 | Rede Klimaschutz | Düsseldorf
https://www.bmuv.de/RE10301
  • Fotogalerie Videogalerie

    Mediathek

    Das Ministerium in Bildern

  • Fotogalerie Videogalerie Interviews

    Online-Tagebuch

    Aus der täglichen Arbeit des Ministeriums

  • Newsletter

    Newsletter

    Meldungen per E-Mail empfangen

Wege zum Dialog

Gute Politik für Umweltschutz und Verbraucherschutz gelingt, wenn sie gemeinsam gestaltet wird. Schreiben Sie uns oder beteiligen Sie sich an unseren Dialogangeboten.