Bundeskabinett beschließt Novelle der 38. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV)
Zur Erfüllung der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) darf die Mineralölindustrie in den kommenden zwei Jahren nur noch CO2-Minderungen aus erneuerbaren Kraftstoffen und Strom verwenden, die auch im selben Jahr erzielt wurden. So sieht es die Änderung der 38. BImSchV vor, die das Bundeskabinett heute beschlossen hat. Grundsätzlich ist es möglich, Übererfüllungen der THG-Quote aus der Vergangenheit anzusparen und später anrechnen zu lassen. Diese Option setzt die Bundesregierung für die Jahre 2025 und 2026 aus. Die neuen Regeln treten noch in diesem Jahr in Kraft.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: "Die Bundesregierung sendet heute ein starkes Marktsignal an die Branche für erneuerbare Energien im Verkehr. Mit der Sofortmaßnahme sichern wir den Zielpfad für CO2-Minderungen im Kraftstoffbereich ab und verbessern die wirtschaftliche Situation von Herstellern von fortschrittlichen Biokraftstoffen und grünem Wasserstoff sowie Betreibern von Ladesäulen. Wenn die Nachfrage nach klimaneutralen Alternativen zu fossilen Kraftstoffen steigt, dann stärkt dies auch auf lange Sicht den Klimaschutz im Verkehr."
Mit der THG-Quote wird die Mineralölwirtschaft dazu verpflichtet, den CO2-Ausstoß ihrer Kraftstoffe zu reduzieren. Aktuell liegt die Quote bei 9,35 Prozent, sie steigt stufenweise auf 25 Prozent im Jahr 2030. Als Erfüllungsoptionen für die THG-Quote stehen Herstellern beispielsweise nachhaltige Biokraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen oder erneuerbare synthetische Kraftstoffe wie zum Beispiel E-Fuels zur Verfügung. Auch der Einsatz von Strom in Elektrofahrzeugen oder grüner Wasserstoff in den Raffinerien verbessert die CO2-Bilanz des Kraftstoffanbieters und ist daher auf die Verpflichtung anrechenbar.
In der Vergangenheit haben die Kraftstoffanbieter die THG-Quote häufig übererfüllt. Das heißt, sie haben in einem Jahr höhere CO2-Minderungen geltend gemacht als vom Gesetz vorgeschrieben. Diese Übererfüllungen konnten dann auf die Verpflichtung im Folgejahr angerechnet werden.
Wenngleich diese flexible Handhabung eine wirtschaftlich sinnvolle Regelung für Marktteilnehmende ist, wurden in den vergangenen Jahren sehr große Mengen an Übererfüllungen angehäuft. Allein im Verpflichtungsjahr 2022 betrug die Menge an Übererfüllungen rund 3,4 Millionen Tonnen CO2 und überstieg damit die Minderungsverpflichtung um rund 24 Prozent.
Allerdings widersprechen diese Übererfüllungen dem grundlegenden Gedanken der EU-Vorgaben, jährlich ansteigende Ziele zu erfüllen. Wenn Quotenverpflichtete nun im nächsten Jahr die ungewöhnlich große Menge an Übererfüllungen aus den Vorjahren nutzen, würden nachhaltige Biokraftstoffe oder Strom zur Zielerreichung deutlich weniger eingesetzt. Folglich droht Deutschland ein deutliches Abweichen von den EU-Vorgaben für den Klimaschutz im Kraftstoffbereich. Zugleich stellt der daraus resultierende Nachfragerückgang für die Erneuerbare-Energien-Branche im Verkehr ein wirtschaftliches Problem dar.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung heute eine Sofortmaßnahme beschlossen, die die Nachfrage nach nachhaltigeren Kraftstoffen und Strom auf das von der THG-Quote vorgesehene Niveau heben soll. Entsprechend der Verordnung wird die Übertragung von Übererfüllungen für zwei Jahre ausgesetzt. Somit können die Unternehmen in den Jahren 2025 und 2026 zur Erfüllung ihrer Verpflichtung ausschließlich CO2-Minderungen aus Erfüllungsoptionen dieser beiden Jahre nutzen. Auf diese Weise werden die jährliche Treibhausgasminderung bei Kraftstoffen auf den vom Bundes-Immissionsschutzgesetz festgelegten Zielpfad geführt und Investitionsanreize geschaffen, damit auch die Zielerfüllung im Jahr 2030 sichergestellt wird. Ebenso verbessert die gestiegene Nachfrage die Situation der Marktteilnehmer.
Die Übertragung von Übererfüllungen wird sowohl für die THG-Quote nach Paragraf 37a des BImSchG als für die Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe nach Paragraf 14 der 38. BImSchV ausgesetzt. In 2025 und 2026 können auch keine Erfüllungsoptionen aus Vorjahren von "Dritten" eingesetzt werden, die die Quote im Auftrag der Mineralölwirtschaft erfüllen. Sowohl Quotenverpflichtete als auch Dritte können ihre CO2-Minderungen und Kraftstoffmengen aus Vorjahren dann erst wieder im Jahr 2027 einsetzen.
Die Übererfüllungen aus 2024 können 2027 wieder in Anrechnung gebracht werden. Dies wird Berücksichtigung finden, wenn das Bundesministerium im nächsten Schritt noch bis Ende dieses Jahres den Entwurf zur Umsetzung der novellierten Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) vorlegen wird. Damit soll die THG-Quote auch langfristig als Anreizinstrument fortentwickelt werden.
Nach Beschluss des Bundeskabinetts kann die Regierungsverordnung unverzüglich in Kraft treten. Eine Befassung im Bundestag oder Bundesrat ist nicht erforderlich.