EU-Kommission erlässt neue Schutzmaßnahmen zur Fischerei
Auf Vorschlag der Bundesregierung hat die Europäische Kommission heute neue Fischereibewirtschaftungsmaßnahmen zum Schutz bedrohter Arten und Lebensräume in den Meeresschutzgebieten der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nordsee erlassen. Besser geschützt werden unter anderem Schweinswale und Seevögel sowie Riffe und Sandbänke. Auf der Amrumbank, einer Sandbank im Meeresschutzgebiet Sylter Außenriff, wird beispielsweise die Fischerei vollständig ausgeschlossen. Dieses Meeresgebiet zählt zu den wichtigsten Reproduktions- und Aufzuchtgebieten für Schweinswale und dient vielen Seevogelarten als Nahrungs-, Überwinterungs-, Mauser-, Durchzugs- und Rastgebiet. Die Maßnahmen basieren auf gemeinsamen Vorschlägen des Bundesumweltministeriums (BMUV) und des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL), abgestimmt mit den EU-Nachbarstaaten der Nordsee.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: "Intakte Meere sind unsere Lebensgrundlage und unsere Verbündeten bei der Bewältigung von Klimakrise, Verschmutzungskrise und Artenaussterben. Das gilt auch für unsere Nordsee. Sie ist jedoch in weiten Teilen in keinem guten Zustand. Die neuen Maßnahmen in den Meeresschutzgebieten begrüße ich daher sehr. Damit können wir zum Erhalt der sensiblen Arten und Lebensräume im Meer beitragen. Gleichzeitig sind die Maßnahmen ein wichtiger Schritt im Rahmen der Meeresoffensive der Bundesregierung und der naturverträglichen Fischerei."
Bundesfischereiminister Cem Özdemir: "Schützen wir das Meer, schützen wir die Grundlage unserer Fischerei. Die Maßnahmen sind ein guter Kompromiss zwischen einem besseren Meeresnaturschutz und den Anliegen der Branche. Nur ein intaktes und stabiles Ökosystem Nordsee garantiert auch in Zukunft gute Fänge – und damit die Existenzgrundlage unserer Fischerinnen und Fischer in den Küstenregionen."
Das Paket umfasst verschiedene Fischereibewirtschaftungsmaßnahmen in vier Natura-2000-Meeresschutzgebieten in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone: Sylter Außenriff, Borkum-Riffgrund, Doggerbank und Östliche Deutsche Bucht. Innerhalb dieser Gebiete werden auf Teilflächen bestimmte Fischereitechniken in der Berufsfischerei untersagt oder zeitlich beschränkt. Es enthält Regelungen für die Verwendung von Kiemen- und Verwickelnetzen sowie zu mobilen, grundberührenden Fanggeräten.
Die Maßnahmen leisten einen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt in den Meeresschutzgebieten des Natura-2000-Netzwerks und zur Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, zu deren Umsetzung Deutschland EU-rechtlich verpflichtet ist.
Mit der Verordnung der Europäischen Kommission wird eine gemeinsame Empfehlung der Fischerei-Regionalgruppe der EU-Nordsee-Anrainerstaaten – sogenannte Scheveningen-Gruppe – umgesetzt. Zudem werden auch Maßnahmen in niederländischen Meeresschutzgebieten geregelt, denen ebenfalls eine gemeinsame Empfehlung der Scheveningen-Gruppe zugrunde liegt.
Hintergrund
Als ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) wird das Gebiet jenseits des Küstenmeeres bezeichnet, das heißt das Meeresgebiet in einer Entfernung von 12 bis maximal 200 Seemeilen von der Küstenlinie, in dem der Küstenstaat in begrenztem Umfang souveräne Rechte und Hoheitsbefugnisse wahrnehmen kann. Die Zuständigkeit für die Schutzgebiete in der AWZ liegt bei der Bundesregierung, während die Gebiete im Küstenmeer (bis 12 Seemeilen) in die Zuständigkeit der Länder fallen. In den Naturschutz-Richtlinien der EU (der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie) sind Arten und Lebensräume benannt, für die Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen, um ein ökologisch kohärentes Schutzgebietsnetzwerk (NATURA 2000) zu erzielen. Deutschland hat gemäß Artikel 6 der EU-Habitatrichtlinie und Artikel 4 der EU-Vogelschutzrichtlinie die Verpflichtung, Maßnahmen für die Bewahrung beziehungsweise Wiederherstellung des sogenannten "günstigen Erhaltungszustands" dieser Arten und Lebensräume festzulegen. Weiterhin bestehen Verpflichtungen gemäß Artikel 13 Absatz 4 der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der EU. Die Festlegung der Maßnahmen für die Berufsfischerei erfolgt über EU-Recht im Rahmen der Verordnung über die Gemeinsame Fischereipolitik. Dazu sind Maßnahmen zur Regulierung der Fischerei mit allen wirtschaftlich betroffenen Mitgliedstaaten der EU abzustimmen. Wenn mit allen betroffenen Staaten eine Einigung erzielt wurde, kann anschließend eine "gemeinsame Empfehlung" der zuständigen Regionalgruppe der Europäischen Kommission vorgelegt werden, die diese dann mit einer EU-Verordnung verbindlich festschreibt.