Neue Gentechnik, Genome Editing und CRISPR/Cas
FAQs
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Neue Gentechniken ermöglichen es, genetische Veränderungen in einen Organismus gezielt an bestimmten Stellen einzufügen. Der Begriff umschließt verschiedene molekulargenetische Verfahren. Einige dieser Verfahren können genutzt werden, um "Buchstaben" (Nukleotide) der Erbinformation (Genom) an einzelnen oder mehreren Stellen umzuschreiben beziehungsweise zu bearbeiten. Deshalb nennt man diese Verfahren auch Genome Editing. Man kann damit aber auch bestimmte Teile der Erbinformation stilllegen oder neue Gene (also praktisch ganze Wörter) gerichtet einfügen. Die Entdeckung von CRISPR/Cas, der sogenannten Genschere, hat die Entwicklung des Genome Editings einen enormen Schritt vorangetrieben, denn sie funktioniert vielfach besser als die bisherigen Verfahren. Angewandt werden kann sie bei praktisch allen Organismen, also Pflanzen, Tieren, Bakterien, Pilzen, Viren und auch menschlichen Zellen. Sie ist damit in vielen Bereichen, zum Beispiel der Biotechnologie, der Medizin, der Grundlagenforschung und der Tier- und Pflanzenzüchtung einsetzbar.
Stand:
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Bei der klassischen Gentechnik ist es dem Zufall überlassen, an welcher Stelle und wie häufig sich das gewünschte Gen in das Genom einfügt. Beim Genome Editing dagegen kann ziemlich sicher festgelegt werden, wo die beabsichtigte Änderung platziert werden soll.
Gentechnik nutzt unterschiedliche Übertragungsmechanismen, um die Gene in die Zelle einzuschleusen: zum Beispiel eine "Mini-Kanone", die die Zelle mit den neuen Genen mit hoher Geschwindigkeit beschießt, oder es werden Bakterien als Transporter genutzt. Wo und wie häufig eine gentechnische Veränderung eingefügt wird, ist zufällig. Der Ort der gentechnischen Veränderung beeinflusst allerdings, ob und wie das neue Gen funktioniert und ob es möglicherweise andere, pflanzeneigene Gene zerstört. In der klassischen Gentechnik müssen Forscher daher lange suchen, bis sie eine Zelle finden, bei der die gentechnische Veränderung so funktioniert hat, wie es beabsichtigt war.
Genome Editing benutzt biologische Werkzeuge (Proteine oder RNS), die genau die Sequenz im Genom erkennen können, die verändert werden soll. Daher sind gentechnische Veränderungen mit Genome Editing präziser möglich als mit klassischer Gentechnik. Genome Editing-Werkzeuge werden jedoch häufig mit den gleichen Methoden in die Zelle eingeschleust, wie bei der klassischen Gentechnik. Nach der Genom Editierung muss – wie bei der klassischen Gentechnik– dann aus der veränderten Zelle wieder ein Lebewesen, zum Beispiel eine Pflanze, erzeugt werden.
Die mittlerweile am häufigsten angewandte Methode zur zielgerichteten Veränderung von Erbinformation ist die sogenannte "Genschere" CRISPR/Cas.
Stand:
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Die Genschere CRISPR/Cas ist das wichtigste Werkzeug des Genome Editing. Sie besteht aus zwei Teilen: dem Teil, der den Abschnitt in der Erbinformation (Genom) der Zelle erkennt (Erkennungskomponente), und dem Teil, der sie schneidet (Schneidekomponente). Die Erkennungskomponente bringt die Schneidekomponente in der Zelle an den gewünschten Genom-Abschnitt, um ein oder mehrere gewünschte Gene auszuschalten, zu verändern oder neue Erbinformation einzufügen.
Die Erkennungskomponente erkennt nur eine kurze Buchstabenfolge und passt deshalb manchmal an verschiedenen Stellen im Genom. Daher kann die Genschere auch ungewollt an diesen oder ähnlichen Erkennungsstellen schneiden. Bislang wird die Genschere bei Pflanzen und Tieren am häufigsten angewendet, um an einer oder an mehreren Stellen Gene oder bestimmte Funktionen dauerhaft auszuschalten. Mit CRISPR/Cas ist das auch in Genomregionen möglich, die von Natur aus in der Zelle besonders geschützt und für die klassische Züchtung kaum zugänglich sind. Außerdem kann man wiederholt CRISPR/Cas anwenden (so genanntes Multiplexing). Auch deshalb können Organismen, die mit Neuer Gentechnik erzeugt wurden, auch dann tiefgreifende genetische Veränderungen aufweisen, wenn keine zusätzlichen Gene eingefügt wurden.
Stand:
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Ja, Neue Gentechnik beziehungsweise Genome Editing ist Gentechnik. Das hat der Europäische Gerichtshof 2018 in einem Grundsatzurteil festgestellt. Eine Begründung für die Entscheidung ist, dass durch Genome Editing genetische Veränderungen schneller, umfangreicher und tiefgreifender herbeigeführt werden können als durch klassische Züchtung oder klassische Gentechnik. Die Risiken seien vergleichbar mit den Risiken der klassischen Gentechnik. Deshalb fallen in der EU zum Beispiel Pflanzen für die landwirtschaftliche Nutzung, die mit Neuer Gentechnik erzeugt wurden, unter das Gentechnikrecht. Sie müssen vor ihrer Zulassung auf mögliche Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit geprüft werden.
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Häufig hört man, Genome Editing sei nichts Anderes als natürlich vorkommende Mutationen oder Züchtung und deshalb müsse es ungefährlich sein. Diese Aussage ist nicht richtig, denn sie lässt wichtige Punkte außer Acht:
- Genome Editing ist zwar präziser als die klassische Gentechnik, aber nicht fehlerfrei.
- Genome Editing kann die Erbinformation an Stellen verändern, die sonst durch natürliche Mechanismen vor Veränderungen geschützt sind.
- Mit Genome Editing können parallel oder mehrfach hintereinander ganz unterschiedliche Gene verändert werden, um komplexe Eigenschaften von Pflanzen zu beeinflussen. Das kann tiefgreifende Änderungen im Organismus herbeiführen. Das Risiko, das von genom-editierten Organismen ausgeht, ist daher nur schwer vorhersagbar.
- Nur weil eine Veränderung möglicherweise auch natürlich entstehen könnte, bedeutet dies nicht, dass diese automatisch ungefährlich ist. Ist sie aber vom Menschen erzeugt, tragen wir auch die Verantwortung dafür.
Daher müssen vom Menschen erzeugte, genom-editierte Organismen auf mögliche Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit überprüft und reguliert werden.
Stand:
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Nebenwirkungen sind auch beim Genome Editing möglich. Einerseits sind die Eingriffe in das Genom oft doch nicht so präzise, wie es vorgesehen ist. Durch das Verfahren können weitere gentechnische Veränderungen an anderer Stelle als gewünscht entstehen. Es können Reste der Genschere in der Zelle bleiben. Eine geänderte Eigenschaft zieht in der Folge weitere mögliche Änderungen nach sich. So können sich beispielsweise bei genom-editierten Pflanzen oder Tieren die Inhaltsstoffe ändern, was deren Anfälligkeit für Krankheiten und Schädlinge, ihren Nährwert sowie ökologische Funktionen verändern kann.
Auch die beabsichtigte Veränderung kann außerhalb der veränderten Pflanzen- oder Tierart zu Problemen führen. So könnten sich z.B. trockenheitsresistente Pflanzen in die Umwelt ausbreiten und zu Schäden an natürlichen Lebensräumen führen. Herbizid-resistente Pflanzen können den Anbau von Monokulturen fördern.
Aus diesen Gründen ist die im Gentechnikrecht vorgeschriebene, umfassende Umweltrisikoprüfung und das Monitoring der Umweltwirkungen auch bei genom-editierten Pflanzen unerlässlich.
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