Gentechnik in Umwelt und Natur: Positionen des Bundesumweltministeriums
FAQs
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Gentechnisch veränderter Mais auf dem Feld, gentechnisch veränderter Lachs in Aquakulturen oder gentechnisch veränderte Pappel in der Forstwirtschaft sind Beispiele für Agrogentechnik. Agrogentechnik bedeutet also, dass gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in der Land-, Forst- oder Fischereiwirtschaft genutzt werden.
Für diese Art der Nutzung dürfen GVO nur in die Umwelt gelangen, wenn vorher das mit der Freisetzung verbundene Risiko ausführlich überprüft und dieses als gering eingestuft wurde. Damit soll das Vorsorgeprinzip gewahrt werden, das dem Bundesumweltministerium (BMUV) bei der Agrogentechnik besonders wichtig ist. Denn einmal in die Umwelt gelangte Organismen sind nicht mehr rückholbar. Außerdem setzt sich das BMUV dafür ein, dass GVO-Produkte gekennzeichnet werden, damit Verbraucherinnen und Verbraucher wählen können, ob sie Produkte essen möchten, die aus oder mit GVO hergestellt wurden.
Stand:
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Das Bundesumweltministerium (BMUV) und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) sind bei allen Entscheidungen zur Agrogentechnik und immer, wenn gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in die Umwelt freigesetzt werden, vom federführenden Bundeslandwirtschaftsministerium und dem Bundesamt für Verbraucherschutz zu beteiligen. Dies gilt auch, wenn die Gesetze und Regelungen zur Gentechnik angepasst werden. Das BMUV konzentriert sich dabei besonders auf die Auswirkungen von GVO auf Natur und Umwelt. Geht ein Antrag, GVO in Deutschland in die Umwelt freizusetzen, beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ein, bewertet auch das Bundesamt für Naturschutz als nachgeordnete Behörde des BMUV das Risiko. Es übermittelt seine Stellungnahme an das BVL. Das BVL ist die nationale Genehmigungsbehörde für GVO und muss begründen, wenn es in seiner Entscheidung von der Stellungnahme des BfN abweichen möchte. Dies gilt für Anträge auf Freisetzung zu Versuchszwecken und für Marktzulassungen von GVO und GVO-Produkten. In Deutschland wurden seit 2012 keine Anträge auf Freisetzung zu Versuchszwecken gestellt, es sind zurzeit auch keine gentechnisch veränderten Pflanzen zum Anbau zugelassen. BfN bewertet jedes Jahr eine Reihe von Anträgen auf Marktzulassung von GVO zum Import, zur Verarbeitung und als Lebens- und Futtermittel in den Binnenmarkt der EU.
Stand:
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Gentechnisch veränderte Pflanzen werden hergestellt, indem man ihr Erbgut künstlich verändert. Diese Veränderung vererbt sich in die nächste Generation weiter. Damit ist es kaum möglich, einmal angebaute gentechnisch veränderte Pflanzen aus der Saatgutproduktion und der Lebensmittelkette zu entfernen. Zum Beispiel müssen einige Flächen, auf denen vor der Jahrhundertwende Versuche mit gentechnisch verändertem Raps durchgeführt wurden, immer noch überwacht werden. Auf ihnen wird nach über 20 Jahren immer noch gentechnisch veränderter Raps auf ihnen gefunden. Das bedeutet: Gentechnisch verändertes Saatgut anzubauen, ist eine Entscheidung, die über Generationen nachwirkt. Sie kann auch negative Auswirkungen auf gentechnik-freie Anbaumethoden wie zum Beispiel die ökologische Landwirtschaft haben. Wenn die gentechnisch veränderten Pflanzen in natürliche Bestände auskreuzen oder heimische Arten verdrängen, führt das zu Schäden an der Natur, die noch viele Jahre später entstehen können.
Stand:
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Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) können in der Natur und Umwelt
- erwartete und unerwartete,
- direkte und indirekte,
- sofortige und langfristige Effekte haben.
Auch können Effekte sich aufsummieren. All diese Risiken für Natur und Umwelt müssen daher überprüft werden, bevor die GVO freigesetzt werden. Gentechnikerinnen und Gentechniker verändern Pflanzen, aber auch Tiere und Bakterien, um ihnen eine neue Eigenschaft zu geben. Diese beabsichtigte Veränderung kann aber auch unerwünschte Nebenwirkungen haben. Wenn zum Beispiel eine gentechnische Maissorte ein Insektengift gegen Schädlinge bildet, kann das unerwartet dazu führen, dass auch geschützte Tiere, die von der Pflanze fressen, sterben. Oder der Wind trägt die Pollen, in denen dieses Gift enthalten ist, in Naturschutzgebiete. Sie können dort beispielsweise geschützte Insekten wie Schmetterlinge schädigen. Außerdem kann ein gentechnischer Eingriff auch weitere, unvorhergesehene Veränderungen bewirken. Die Gründe dafür sind vielschichtig. So kann der Eingriff zusätzlich das Genom an Stellen verändern, die gar nicht das Ziel waren. Oder der Stoffwechsel der Pflanze wird entweder beabsichtigt oder zufällig verändert.
Weil ein lebender GVO auf vielen Ebenen mit der Natur, der Umwelt und den Menschen in Wechselwirkungen steht, können auch indirekte Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen entstehen: zum Beispiel kann der Anbau von gentechnisch veränderten, Glyphosat-resistenten Pflanzen zu höheren Belastungen von Glyphosat in Nahrungsmitteln führen. Die Pflanzen können während der ganzen Anbauperiode mit dem Unkrautvernichtungsmittel behandelt werden. Damit werden alle Ackerwildkräuter abgetötet. Als Folge verlieren Insekten und Vögel, die sich von den Wildkräutern ernähren, die Nahrungsgrundlage.
Auswirkungen auf Populationen sind oft nicht sofort zu erkennen, sondern zeigen sich erst langfristig. Auch können sich die GVO in wildverwandte Arten auskreuzen und damit die Eigenschaften von wilden Populationen verändern.
Das Bundesamt für Naturschutz überprüft all diese möglichen Auswirkungen der gentechnischen Veränderung auf ihr Risiko für Natur und Umwelt.
Stand:
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Grundsätzlich sind die möglichen Risiken bei Neuen Gentechniken vergleichbar mit denen der klassischen Gentechnik. Auch hier verändern Gentechnikerinnen und Gentechniker Pflanzen gentechnisch, um ihnen eine oder mehrere neue Eigenschaften zu geben. Mit Genome Editing kann man das Genom punktuell verändern, es sind aber auch noch wesentlich tiefgreifendere Änderungen möglich als mit klassischer Gentechnik. Daher ist dem BMUV wichtig, dass wissenschaftlich überprüft wird, ob diese Veränderungen negative Auswirkungen auf Natur oder Umwelt, Mensch oder Tier haben, bevor sie in die Umwelt gebracht werden. Damit bleibt das Vorsorgeprinzip gewahrt.
Stand:
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Nur wenn gentechnisch veränderte Lebensmittel gekennzeichnet sind, können Verbraucherinnen und Verbraucher frei entscheiden, was bei ihnen auf den Tisch kommt. Die Menschen in Deutschland wünschen sich, dass mit Gentechnik transparent und sicher umgegangen wird. Das zeigen auch die Erkenntnisse der jüngsten Naturbewusstseinsstudie von 2019. Die Studie zeigt, dass die Menschen selbst entscheiden wollen, ob sie gentechnisch veränderte Lebensmittel essen oder nicht. 95 Prozent der Befragten befürworten, dass entsprechende Lebensmittel gekennzeichnet werden und dass mögliche Umweltauswirkungen untersucht werden.
Stand:
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Die Agrogentechnik wird hauptsächlich eingesetzt, um die intensivierte und industrialisierte Landwirtschaft weiter voranzutreiben. Mehr als 80 Prozent der weltweit angebauten gentechnisch veränderten Pflanzen sind heute herbizid-resistent. Ihr großflächiger Einsatz führt zu gravierenden Schäden an Natur und Umwelt.
Herbizid-resistent bedeutet: Eine Pflanze wird so verändert, dass sie überlebt, auch wenn sie mit einem Unkrautvernichtungsmittel (Herbizid) besprüht wird. Durch diese gezielte genetische Veränderung kann auf dem Feld während des Wachstums ein Totalherbizid eingesetzt werden, das alle anderen Pflanzen abtötet. Auch solche Pflanzen, die den Ertrag des Landwirts gar nicht mindern würden. Häufiger Einsatz von Totalherbiziden führt dazu, dass manche Unkräuter eine natürliche Resistenz gegen genau diese Herbizide entwickeln. In der Folge können sich diese Unkräuter konkurrenzlos ausbreiten, denn alle anderen Wildkräuter überstehen die Herbizidanwendung nicht. Dies zwingt die Landwirte, weitere Herbizide zu spritzen, um die resistenten Unkräuter, die zu massiven Ertragseinbußen führen können, zu bekämpfen. Dadurch erhöht sich der Herbizideinsatz auf diesen Flächen noch weiter, mit noch weiteren Folgen für Natur und Umwelt. So verlieren beispielsweise Wildbienen oder Vögel ihre Nahrungsgrundlage. Außerdem kann das Herbizid in Grundwasser und Oberflächengewässer gelangen, und auch dort Pflanzen und Tiere schädigen. Auch die Rückstände an Herbiziden in den Ernteprodukten und damit in der Folge auch in den Futter- und Lebensmitteln nimmt zu. Herbizide und ihre Abbauprodukte können schädlich für Mensch und Tier sein.
Andere gentechnisch veränderte Pflanzen enthalten Gifte gegen Schädlinge, zum Beispiel den Maiszünsler, dessen Ausbreitung man mit einer wechselnden Fruchtfolge und Bodenbearbeitung, zum Beispiel Pflügen, ebenso kontrollieren könnte.
Das BMUV setzt dagegen auf eine nachhaltige, natur- und umweltverträgliche Landwirtschaft. Zum Schutz der natürlichen Ressourcen Wasser, Boden, Luft und Artenvielfalt ist mehr Nachhaltigkeit im Ackerbau notwendig. Das BMUV setzt sich daher für einen grundlegenden Wandel in der Landwirtschaftspolitik und -förderung ein.
Stand:
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Für die Genehmigung von gentechnisch veränderten Pflanzen hat der Gesetzgeber ein Stufenprinzip vorgesehen. Dass heißt ihre Zulassung sollte schrittweise erfolgen:
- Im Labor, also im geschlossenen System, wird eine gentechnisch veränderte Pflanze in einem ersten Schritt entwickelt.
- Über die erste Stufe der Freisetzung, die experimentelle Freisetzung, entscheidet eine Risikobewertung. Die experimentale Freisetzung wird räumlich und zeitlich begrenzt zugelassen. Außerdem sorgen Sicherheitsmaßnahmen dafür, dass die Versuche jederzeit abgebrochen werden können und die Begrenzung gewährleistet bleibt. Dies können Abstandsregelungen zu anderen Feldern, die Reinigung der benutzten Geräte von vermehrbarem Material, oder auch Zäune sein.
- Ob eine gentechnisch veränderte Pflanze anschließend auf den Markt kommen kann, entscheidet sich in einer ausführlicheren Risikobewertung. Dabei werden auch Ergebnisse aus der experimentellen Freisetzung einbezogen. Die Genehmigung erlaubt, dass eine gentechnisch veränderte Pflanze für Import, als Lebens-oder Futtermittel oder für den Anbau unbegrenzt innerhalb der nächsten 10 Jahre genutzt werden kann.
- Ein Monitoring der Umweltwirkungen ist während der experimentellen Freisetzungen und der Marktzulassung vorgesehen. Es soll die Annahmen der Risikobewertung überprüfen. Weiter dient es dazu, direkte und indirekte, sofortige und spätere als auch kumulative und unerwartete Auswirkungen zu erfassen.
Das Stufenprinzip des Zulassungsverfahrens basiert auf dem Vorsorgeprinzip. Dadurch wird eine gentechnisch veränderte Pflanze nur schrittweise freigesetzt und ihre
Stand:
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Das Opt out ermöglicht es den Mitgliedsstaaten, den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen auf ihrem Gebiet einzuschränken oder zu verbieten. Werden gentechnisch veränderte Pflanzen für eine Vermarktung zugelassen, gilt dies ansonsten für den gesamten europäischen Markt. In einigen europäischen Mitgliedsstaaten bestehen allerdings Bedenken gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen oder bestimmter Sorten. Aus diesem Grund wurde 2015 die Opt-Out Richtlinie in der EU verabschiedet. Mitgliedstaaten können ihre Entscheidung zum Opt Out zum Beispiel mit umweltpolitischen oder sozioökonomischen Besonderheiten begründen. Durch ein Opt-out kann beispielsweise ein erhöhter Mehraufwand für die gentechnikfreie Landwirtschaft verhindert und die lokale biologische Vielfalt erhalten werden. Deutschland hat die Opt-out-Richtlinie nicht in deutsches Recht umgewandelt. Es hatte im Rahmen einer Übergangsregelung die Möglichkeit, dennoch den Anbau verschiedener Mais-Sorten zu verbieten. Die Umsetzung der Opt-Out Richtlinie in nationales Recht steht derzeit noch aus.
Stand: