Bürgerinnen- und Bürgerdialog Nachhaltige Ernährung
Warum ist nachhaltige Ernährung wichtig?
Wir alle essen und trinken jeden Tag – unsere Ernährung ist ein zentraler Bestandteil unseres Daseins. Unser Ernährungsverhalten beeinflusst jedoch nicht nur unser Wohlbefinden, sondern hat auch Auswirkungen auf das Klima, die Artenvielfalt, unsere Gesundheit, das Tierwohl und viele weitere Aspekte. Um eine umweltverträgliche Ernährung für alle Menschen zu erleichtern, kommt es insbesondere auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen an, innerhalb derer wir individuelle Ernährungsentscheidungen treffen.
Warum gibt es einen "Bürgerinnen- und Bürgerdialog Nachhaltige Ernährung"?
Ein grundlegender Wandel unserer Ernährung kann nur gelingen, wenn die Notwendigkeit zu Veränderungen von breiten Teilen der Bevölkerung wahrgenommen wird und entsprechende politische Maßnahmen Zustimmung finden. Um Ideen für solche Maßnahmen aus der Mitte der Gesellschaft zu erhalten, haben das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz ( BMUV) und das Umweltbundesamt ( UBA) zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aus dem gesamten Bundesgebiet zu einem Bürgerinnen- und Bürgerdialog eingeladen.
Was geschieht bei diesem Bürgerinnen- und Bürgerdialog?
Die ausgewählten Bürgerinnen und Bürger wurden aktiv um ihre Mitarbeit gebeten. Unterstützt von Expertinnen und Experten wurden in der Bürgerwerkstatt konkrete Ideen und Lösungsvorschläge entwickelt, welche die politische Umsetzung einer nachhaltigen Ernährung unterstützen können. Der thematische Schwerpunkt liegt dabei auf Maßnahmen, die den Verzehr pflanzlicher Produkte steigern können (auf Englisch: "dietary shift"). Denn eine stärker pflanzenbasierte Ernährungsweise ist ein entscheidender Hebel für eine nachhaltige Ernährungswende.
Infografik
Was gehört zum "Bürgerinnen- und Bürgerratschlag Nachhaltige Ernährung"?
Am Beginn des Vorhabens stand die Durchführung einer Bürgerinnen- und Bürgerwerkstatt, die vom 13. bis zum 15. Mai 2022 in der zentral gelegenen Stadt Kassel stattgefunden hat. Die Teilnehmenden aus dem gesamten Bundesgebiet wurden gesellschaftlich repräsentativ und per Zufall ausgewählt.
Unterstützt von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entwickelten die knapp 80 Teilnehmenden gemeinsam konkrete Ideen und innovative Lösungsvorschläge für die politische Förderung einer nachhaltigen, pflanzenbasierten Ernährung. Als Expertinnen und Experten ihres Alltags brachten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit viel Engagement und Gestaltungswillen ihre persönlichen Perspektiven, Erfahrungen und Wünsche in die Diskussion mit ein.
Dabei konnten die Teilnehmenden bereits zahlreiche Ideen für politische Maßnahmen sammeln, welche dazu beitragen könnten, die Ernährungsweisen stärker pflanzenbasiert und damit nachhaltiger zu gestalten.
An die Bürgerinnen- und Bürgerwerkstatt hat sich Ende 2022 die Erprobungsphase angeschlossen. In einem Zeitraum von circa zehn Wochen erprobten über 20 Teilnehmende in drei verschiedenen Gruppen jeweils eine Maßnahme, das heißt eine Veränderung in ihrem Alltag, die den Umstieg auf eine stärker pflanzenbasierte Ernährung erleichtern soll. Zu den drei erprobten Maßnahmen gehören:
- eine Ernährung im Alltag nach den Empfehlungen der sogenannten "Planetary Health Diet"
- ein Bonussystem beim Einkauf umweltfreundlicher Lebensmittel
- Preisänderungen beim Einkauf mittels Steuern (für relativ umweltschädliche Lebensmittel) und Zuschüssen (für relativ umweltfreundliche Lebensmittel)
In Form von spielerischen Experimenten probierten die Teilnehmenden die Maßnahmen in ihrem Alltag aus – beim Einkaufen, beim täglichen Kochen zu Hause und gegebenenfalls beim Besuch von Kantinen, Mensen, Restaurants, et cetera. Auf diese Weise konnten sie direkt erfahren, wie sich die Veränderungen in ihrem Alltag auswirken sowie hinderliche und förderliche Faktoren zur Umsetzung ermitteln. Diese wertvollen Erfahrungen und Erkenntnisse konnten die Teilnehmenden nutzen, um ihre Empfehlungen zu politischen Maßnahmen für eine stärker pflanzenbasierte Ernährung im nächsten Schritt noch gezielter weiterzuentwickeln.
Vom 17. bis 19. März 2023 trafen sich circa 20 Bürgerinnen und Bürger zu einem Finalisierungsworkshop in Erfurt, um die im Vorfeld bereits erarbeiteten und erprobten Maßnahmen gemeinsam weiterzuentwickeln und fertigzustellen. Während des Finalisierungsworkshops wurden die Bürger von ausgewählten Fachexpertinnen und Fachexperten unterstützt.
Nach der Fertigstellung des Ratschlags durch die Bürgerinnen und Bürger folgte in einem weiteren Schritt die sogenannte Überprüfungsphase im Sommer 2023. 14 renommierte Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft und Praxis haben die Empfehlungen des Bürgerinnen- und Bürgerratschlags geprüft. Sie bewerteten die Maßnahmen insbesondere in Bezug auf deren potenzielle Wirksamkeit, Akzeptanz und finanzielle Folgen für die Bevölkerung. Die Expertinnen und Experten gaben zudem Empfehlungen für aus ihrer Sicht sinnvolle Umsetzungsarten oder Modifizierungen. Insgesamt stellen die im Vorhaben entwickelten Empfehlungen laut Einschätzung der Expertinnen und Experten eine wirksame Möglichkeit dar, um eine klimafreundliche und gesundheitsfördernde Ernährung zu erreichen. Dies würde vor allem dann gelten, wenn die vorgeschlagenen Maßnahmen klug miteinander kombiniert und ausreichend kommuniziert werden.
Zudem wurden im Mai 2023 im Rahmen einer sogenannten aufsuchenden Beteiligung zusätzlich Bürgerinnen und Bürger aus Bevölkerungsgruppen zu einem Workshop eingeladen, die durch klassische Beteiligungsformate nicht immer zu erreichen sind. Dabei wurde ihnen der bisherige Bürgerratschlag vorgestellt. Mit einer wissenschaftlichen Begleitung kam es in den jeweiligen Gruppen zu wichtigen Impulsen und die Teilnehmenden konnten die Empfehlungen perspektivisch beleuchten. Ziel war es herauszuarbeiten, inwiefern die Lebensrealitäten mit den Empfehlungen vereinbar sind, wo es Hürden oder Anknüpfungspunkte gibt, die Benachteiligung verstärken oder minimieren. Die Ziele haben sich in den Motivationen der Teilnehmenden wiedergefunden, die besonders darin lagen, eine Veränderung anzusprechen, die alle Menschen inkludiert, um eine gerechte nachhaltige Ernährung zu schaffen.
Die finalen Empfehlungen des Bürgerinnen- und Bürgerdialogs wurden auf einer hochrangigen Abschlusskonferenz am 20. Oktober 2023 vorgestellt. Bürgerinnen und Bürger aus dem Prozess sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft kamen während dieser Veranstaltung ins Gespräch. Zum Abschluss wurde der Bürgerratschlag von den Bürgerinnen und Bürgern an das Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt übergeben.
Eine ausführliche Beschreibung des Prozesses, die insgesamt 14 empfohlenen Maßnahmen sowie die Einschätzung der Expertinnen und Experten können in der Broschüre "Pflanzenbetonte Ernährung fördern – Empfehlungen eines Bürgerinnen- und Bürgerdialogs" nachgelesen werden.
Zusätzlich zu diesem Vorhaben konnten die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger sich in einer weiteren Form engagieren: In Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ( BMEL) hat vom 27. bis zum 29. Januar 2023 ein Bürgerforum zur Ernährungsstrategie stattgefunden.