Rede von Bundesumweltministerin Steffi Lemke zum Jubiläumsfest "50 Jahre Umweltbundesamt"

15.06.2024
Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke
Steffi Lemke betont die Bedeutung des Umweltbundesamts (UBA) für den Umweltschutz in den letzten 50 Jahren. Sie würdigt die Leistungen und die Unabhängigkeit des UBA und hebt die Herausforderungen und Erfolge hervor.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Haseloff,
lieber Herr Oberbürgermeister Reck,
lieber Herr Präsident Messner,
liebe Frau Vizepräsidentin Busse,

ich freue mich außerordentlich, dass wir dieses Fest heute hier feiern können.
50 Jahre Umweltbundesamt, wer hätte sich das vor 30 Jahren vorstellen können, als wir darum gerungen haben, dass das UBA nach Dessau umzieht, infolge des Beschlusses der Föderalismuskommission, dass Bundeseinrichtungen besser auf das gesamte Bundesgebiet verteilt werden sollen – und eben das UBA in den Osten unserer Republik umziehen sollte?

Das war damals eine kribbelige Phase. Hier stand noch das Gasviertel – für die Älteren aus Dessau-Roßlau, die kennen diese Bilder noch – also eine schwer belastete Industriefläche, die wir dann zu diesem Ort von Umweltpolitik für Dessau, für Sachsen-Anhalt, für Deutschland und für die ganze Welt gemacht haben. Denn das UBA ist eine Institution, die international bestens vernetzt ist, die anerkannt ist, die sehr, sehr großes Renommee genießt. Das ist auch Ihnen zu verdanken, lieber Präsident Messner, dass das UBA seine so wertvolle Arbeit leistet – seit fünf Jahrzehnten – für die Umwelt, für die Natur.

Aber eigentlich müsste man sagen: für die Menschen. Denn es geht darum, dass wir uns selbst, unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, vor schmutziger Luft, vor verseuchtem Abwasser, vor kaputten Böden, abgebrannten Wäldern, dem Aussterben der Biodiversität oder eben der Klimakrise schützen. Es geht um Menschenschutz bei dem, was das UBA leistet, seit fünf Jahrzehnten.

Ich will ein Beispiel aus dem Bereich Luft anführen, denn schon in den Anfangsjahren hat das UBA mit dem Aufbau eines Luft-Messnetzes begonnen, und möglicherweise sind einige unter Ihnen, die das auch ab und zu ganz praktisch nutzen. Wer manchmal mit Ozonbelastung oder ähnlichem zu kämpfen hat, der findet an jeder Stelle unseres Landes durch dieses Luft-Messnetznetz Daten, die für ihn wichtig sind, die die Luftbelastung darstellen, so dass die aktuelle Luftqualität im Internet ansehbar ist. Dazu stellt das UBA Feinstaub- oder Ozonwerte da. Für manche Menschen ist das sehr wichtig.

Ein zweites, leider sehr aktuelles Beispiel, will ich anführen: das Fischsterben in der Oder. Vor zwei Jahren war diese riesengroße Katastrophe, die durch verschmutzte Abwässer in Kombination mit Hitze und niedrigem Wasserstand dazu geführt hat, dass das Ökosystem Oder halb ausgestorben war. Dass es so schwer beschädigt war, dass es sich bis heute nicht davon erholt hat und wir heute wieder besorgniserregende Werte haben, dass auch dort bereits wieder Fische gestorben sind. Und gerade Frau Vizepräsidentin Busse, durch Ihre schnelle und so engagierte Arbeit konnten wir hier mit der Bundesbehörde und dem Bundesumweltministerium Hilfestellung geben. Auch das ist unglaublich wichtig.

Im UBA wurde so vieles klug und richtig entschieden, und es bleibt richtig und wichtig, dass das UBA sehr unabhängig von politischen Einflüssen arbeitet. Das ist manchmal unbequem für Akteure in der Wirtschaft und, ehrlich gesagt, auch manchmal für mich oder auch meine Vorgängerinnen und Vorgänger. Aber diese Unabhängigkeit des UBA macht es stark, und das ist wichtig.

Zu den wirklich richtigen Entscheidungen gehört auch der Umzug nach Dessau. Das war nicht nur ein Gewinn für unsere Stadt Dessau-Roßlau, sondern ich würde sagen, auch ein wirklich wichtiger Beitrag zur Vollendung der deutschen Einheit. Ich treffe ja manchmal im Zug die Pendler, die noch zwischen Berlin und Dessau unterwegs sind, und erinnere mich an die Diskussion, die UBA-Mitarbeiter müssten alle von Berlin nach Dessau umziehen. Ich glaube, dass es gut ist, einen so engen Austausch auch mit der Hauptstadt zu haben, die Vernetzung mit den Behörden, mit den Institutionen der Politik in der Hauptstadt zu haben – und das durchaus auch durch diese Pendelbewegung, die inzwischen viel weniger geworden ist.

Es war unglaublich weitsichtig, dass sich das UBA von Anfang an um die Gleichstellung von Frauen gekümmert hat, und als eine der ersten deutschen Behörden 1992 eine Frauenbeauftragte berufen hat. Auch das eine unglaublich weitsichtige Entscheidung.

Und mit dem Bau des UBA hier in Dessau haben wir gezeigt, dass auf einem belasteten Grundstück ein architektonisch wundervoller Bau entstehen konnte, der aus recycelten Baustoffen, zum Teil zumindest, entstanden ist, der zum Teil mit erneuerbaren Energien versorgt wird. Und der Erweiterungsbau, den wir 2023 eingeweiht haben, der produziert Strom, der ergänzt und stärkt den Standort.

Wer die Zukunft gestalten will und gewinnen will, der muss seiner Zeit voraus sein. Das UBA war seiner Zeit immer voraus, das war das Erfolgsgeheimnis seit
50 Jahren. Daraus resultieren manchmal auch Angriffe und Anfeindungen. Ich glaube, viele Mitarbeiter haben das in den letzten Jahren immer wieder erleben müssen, und vielleicht standen Umwelt- und Naturschutz noch nie so sehr unter Druck wie in dieser Zeit. Mich macht das nachdenklich, und das nicht erst seit der Europawahl. Wenn ich in Europa, auch wenn ich international unterwegs bin, erlebe ich, dass Umwelt und Naturschutz angegriffen werden auf eine Art und Weise, wie ich das in meinem – inzwischen etwas längerem – Leben noch nie erlebt habe. Es wird grundsätzlich in Frage gestellt, dass wir Institutionen brauchen, die sich um den Schutz von Boden, Wasser, Luft, dem Klima, der Biodiversität kümmern. Die werden angegriffen und diffamiert für ihre Arbeit, wie ich es, wie gesagt, noch nicht erlebt habe.

Und deshalb glaube ich, dass Umwelt- und Naturschutzpolitik auch selbst nachdenken muss, wie wir uns verändern, um in diesen Zeiten von Populismus, von Rechtsextremismus, von Infragestellung ganz grundsätzlich der Demokratie und unserer Verfassung, wie wir mit der Umweltpolitik einen Beitrag dafür leisten können, pragmatische nachvollziehbare Ergebnisse für die Menschen in unserem Land zu liefern.

Ich nenne ein klitzekleines Beispiel, völlig unverfänglich: ein einheitliches Ladekabel in Europa. Was haben mich die Menschen darauf angesprochen? Was tauchte das in der Jahresrückschau auf, "Es war nicht alles schlecht 2023" – da stand dann zwei- bis dreimal das einheitliche Ladekabel ganz oben. Und es ist ein Aberwitz, dass sich Politik monatelang, jahrelang damit beschäftigen musste, diese Stellschraube zu drehen, damit wir nicht alle fünf Kabel in unserer Tasche mit uns rumtragen müssen. Denn das ist gut für den Geldbeutel der Verbraucher und gut für die Umwelt. Aber was hat das gedauert, was gab das für Diskussionen? Das können wir uns nicht mehr leisten. Das muss anders werden!

Das heißt, die Aufgabe für die nächsten 50 Jahre UBA, für Umwelt- und Naturschutzpolitik wird es sein, praktische Ergebnisse zu erzielen für Klimaschutz und Naturschutz. Das voranzubringen, was in den Gründungsjahren so erfolgreich geworden ist, mit sauberer Luft - Dirk Messner hat etliche Beispiele angeführt. Das jetzt fortzusetzen und diese Ergebnisse für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar, anschaubar zu gestalten, das ist das, was jetzt vor uns liegt.

Ich freue mich sehr, wenn wir das gemeinsam hier am Standort Dessau-Roßlau mit Ihnen tun können. Ich weiß, dass es mal den Beinamen gab "Dessau – Stadt im Grünen", das verträgt sie immer noch, diesen Namen, der gebührt ihr immer noch. Deshalb wünsche ich Ihnen jetzt ein wunderbares Fest hier am Standort des UBA in Dessau und freue mich, wenn wir nachher noch miteinander ins Gespräch kommen. Vielen Dank, dass Sie heute hier sind!

15.06.2024 | Rede Naturschutz | Dessau-Roßlau
https://www.bmuv.de/RE11054
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