Festrede von Steffi Lemke zum 21. "Fest an der Donau"

09.05.2024
Bundesministerin Steffi Lemke
Das Donau-Fest in Niederalteich würdigt die natürliche und kulturelle Vielfalt entlang des frei fließenden Donauabschnitts zwischen Straubing und Vilshofen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat eine Rede gehalten.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Professor Dr. Weiger,
Herr Mergner,
Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde der Donau,

ich freue mich, heute bei Ihnen zu sein, so nah an der Donau. Sie feiern das 21. "Fest an der Donau", das ist absolut bemerkenswert. Bei meinem Rundgang über das Gelände habe ich eine Vielzahl interessanter Informationsstände gesehen. Es ist beeindruckend, wie Sie alle sich für die Donau engagieren. Ich bin selbst am Fluss aufgewachsen, an Elbe und Mulde, auf denen ich auch heute noch sehr gerne paddeln gehe. Ihre Verbundenheit zur Donau und Ihren Einsatz für den Fluss kann ich deshalb ganz besonders wertschätzen. Die Donau ist noch dazu ein ganz besonderer Fluss: 19 Staaten teilen sich ihr Einzugsgebiet; das ist das internationalste Flussgebiet der ganzen Welt. Von Deutschland aus durchfließt sie zahlreiche Staaten Zentral- und Osteuropas bis sie nach fast 3.000 Kilometern ins Schwarze Meer mündet.

Im letzten Jahr habe ich das Isarmündungsgebiet hier bei Deggendorf besucht. Es ist eines der wichtigsten Projekte zur Renaturierung von Flüssen, das wir in Europa haben. Und davon gibt es einige. Aus gutem Grund! Flussauen sind wahre Naturschätze, das wissen Sie: sie filtern Wasser, puffern Hochwasser ab und binden Kohlenstoff. Sie sind außerdem ökologische Nischen für unzählige, auch gefährdete, Arten – an der Donau mit so klingenden Namen wie Wachtelkönig, Flussregenpfeifer oder Becherglocke.

Manche von Ihnen haben vielleicht eben an der Führung durch die Aue bei Niederalteich teilgenommen und noch mehr über dieses besondere Ökosystem erfahren. Dann wissen Sie: In Deutschland gibt es nur noch ein Drittel der ursprünglichen Auwälder. Sie verdienen unseren besonderen Schutz.

Die Donau als besonders internationaler Fluss kann nur durch besonders gute internationale Zusammenarbeit geschützt werden. Das beginnt in Deutschland als erstem Staat im Oberlauf. Deshalb freue ich mich, dass der BUND Naturschutz in Bayern und die Spielvereinigung Niederalteich mit dem Donaufest auf die Schönheit und den Wert dieses Flusses aufmerksam machen und sich für ihren Schutz einsetzen. Sie werden dabei von vielen Verbänden, Initiativen und allen hier Anwesenden unterstützt. Und dafür möchte ich Ihnen allen sehr herzlich danken.

Ihre Arbeit ist wichtig, denn die Donau ist entlang ihres Laufs vielen Belastungen ausgesetzt, die durch uns Menschen verursacht werden. In ihrem Einzugsgebiet leben fast 80 Millionen Menschen. Die planetare Dreifachkrise, also die Klimakrise, das Artenaussterben und die Verschmutzungskrise, haben auch diesen großen Fluss längst erreicht. Das Ökosystem der Donau ist belastet

  • durch den Eintrag von Nähr- und Schadstoffen, vor allem aus der landwirtschaftlichen Düngung,
  • durch Veränderungen an der Struktur des Flusses, der über Jahrzehnte immer stärker eingeengt und in seinem freien Fluss unterbrochen wurde,
  • durch extreme Wetterereignisse wie Hochwasser und Dürren, die infolge der Klimakrise immer häufiger und drastischer werden.

Gegen all diese Belastungen muss die Donau besser geschützt werden. Und nicht nur die Donau! Alle Gewässer in der EU sollen in einen guten ökologischen Zustand gebracht werden. So sieht es die europäische Wasserrahmenrichtlinie vor. Das bedarf noch großer Anstrengungen.

Ein wichtiger Aspekt für gesunde Fließgewässer ist ihre Durchgängigkeit, also die Möglichkeit für Fische und andere Lebewesen, sie ohne Hindernisse zu passieren. Deshalb ist die Entscheidung für den Erhalt einer frei fließenden Donau auf dem Abschnitt Straubing bis Vilshofen so wichtig und deshalb haben Sie allen Grund diese Entscheidung jedes Jahr zu feiern.

Ein Symbol für die Durchgängigkeit der Donau und den Zustand der Gewässer ist der Stör. Störe gehören zu den größten Fischen in der Donau und es gibt sie bereits seit fast 200 Millionen Jahren. Historisch wanderten Störe vom Schwarzen Meer bis nach Deutschland. Auch sie sind vielen Belastungen durch den Menschen ausgesetzt. Von den ursprünglich sechs Störarten im Einzugsgebiet der Donau sind zwei bereits ausgestorben und drei vom Aussterben bedroht. Eine der Arten, der Sterlet, kommt auch in Bayern weiterhin vor, ist aber stark gefährdet. Es freut mich deshalb besonders, dass sich der Regierungsbezirk Niederbayern erfolgreich für seinen Erhalt einsetzt.

Im Unterlauf der Donau gibt es mit riesigen Staudämmen am Eisernen Tor zwischen Rumänien und Serbien derzeit unüberwindbare Hindernisse für Wanderfische wie den Stör. Es wird deshalb weiter eine wichtige Aufgabe sein, Wanderhindernisse in der Donau wieder durchgängig zu machen. Auf nationaler und internationaler Ebene arbeiten wir daran. Denn so sollen Wanderfische in der Donau ihre alten Lebensräume wieder erreichen.

Das Beispiel zeigt, welche Bedeutung die internationale Zusammenarbeit für diesen großen Fluss hat. Eine wichtige Plattform dafür ist die Internationale Kommission zum Schutz der Donau, die in diesem Jahr 30 Jahre alt wird. In dieser Kommission kümmern sich 14 Staaten und die EU um den Schutz der Donau. Es geht dabei zum Beispiel um den Schutz vor Hochwasser und die Anpassung an die Auswirkungen der Klimakrise wie Wasserknappheit und Dürre. Mein Ministerium ist zusammen mit Bayern und Baden-Württemberg in dieser Kommission zum Wohl der Donau aktiv.

Die Donau war im Jahr 2013 besonders von einem verheerenden Hochwasser betroffen. Viele von Ihnen haben das vermutlich miterlebt: Deggendorf war einer der am schwersten betroffenen Landkreise. Im Rahmen des Nationalen Hochwasserschutzprogramms von Bund und Ländern werden seitdem überregional wirksame präventive Hochwasserschutzmaßnahmen wie Deichrückverlegungen und Flutpolder in den Bundesländern vorangetrieben. Dies gilt auch für Maßnahmen hier an der Donau. Von Bundesseite unterstützen wir die Maßnahmen finanziell im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes". Hochwasserschutz bleibt eine Daueraufgabe. Mit vereinten Kräften müssen wir alles tun, um Hochwasserschäden zu begrenzen und Leben zu schützen. Flüssen sollte, wo es möglich ist, mehr Raum gegeben werden.

Extremwetterereignisse wie Dürre und Hochwasser können jeden treffen. Deshalb müssen wir entlang der Flüsse zusammenstehen und Vorsorge treffen. Dabei geht es nicht nur um Hochwasser. Auch ausgeprägte Niedrigwasserphasen bereiten uns immer mehr Sorgen. Gemeinsam mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde und den Ländern entwickelt mein Ministerium ein Informationssystem über Niedrigwasser. Das soll die wesentlichen Informationen zur Beurteilung und zur Reaktion auf Niedrigwasser zur Verfügung stellen.

Wir müssen festhalten, dass die drei bereits genannten ökologischen Krisen, die Klimakrise, das Artenaussterben und die Verschmutzungskrise, auch unsere Gewässer stark belasten. An einem anderen großen Fluss, der Oder, hat uns das die Umweltkatastrophe im Jahr 2022, bei der es zu einem großen Fischsterben kam, sehr deutlich vor Augen geführt. Diesen Herausforderungen müssen wir uns stellen. Ich habe deshalb in dieser Legislaturperiode wichtige Maßnahmen im Kampf gegen diese Krisen auf den Weg gebracht. Nur zwei davon will ich kurz nennen:

  • Erstens: die Nationale Wasserstrategie der Bundesregierung. Sie soll die Versorgung mit Trinkwasser in der Zukunft sichern und die Gewässer sauberer machen. Dafür bündelt sie erstmals wasserbezogene Maßnahmen in allen relevanten Sektoren: Landwirtschaft und Naturschutz, Verwaltung und Verkehr, Stadtentwicklung und Industrie. Sie ist auf den Zeitraum bis 2050 ausgelegt und setzt auf einen Mix aus Förderung, rechtlichen Regelungen, Wissensaufbau und Dialog.
  • Zweitens: das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz. Es verbindet Klimaschutz mit Naturschutz und ist das größte Programm dieser Art, das es in Deutschland jemals gegeben hat. 3,5 Milliarden Euro stehen bis 2027 zur Verfügung, unter anderem für die Renaturierung von Auen und Flüssen, aber auch für den Waldschutz und die Wiedervernässung von Mooren. Dem dient auch die Nationale Moorschutzstrategie.

Diesen Strategien ist gemein, dass sie eine ganzheitliche Sicht beim Schutz unserer Natur anlegen. Wenn beispielsweise Moore wieder vernässt werden, schaffen wir neue Lebensräume, tragen durch die Bindung von CO2 zum Klimaschutz bei und stärken den Rückhalt von Wasser in der Landschaft. Solche Win-Win-Maßnahmen müssen wir stärker in den Blick nehmen. Davon profitieren wir alle, weil die Ökosysteme wichtige Leistungen für uns Menschen bereitstellen: Sie liefern zum Beispiel Trinkwasser oder sind Räume zur Erholung. Sie wissen selbst, wie beliebt hier das Kanufahren, die Radtouren auf dem Donau-Radweg oder die Wanderungen entlang des Flusses sind. Die Natur lockt viele Urlauberinnen und Urlauber in die Region.

Wenn wir all das erfolgreich schützen und erhalten wollen, müssen wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Es kommt auf das Engagement jeder und jedes Einzelnen an. Deshalb weiß ich es sehr zu schätzen, dass sich heute hier so viele Menschen zusammenfinden, um die Donau zu feiern und zu schützen. Die Donau mit ihrer Natur- und Kulturlandschaft bedeutet mehr Lebensqualität für uns alle. Herzlichen Dank Ihnen allen, dass Sie sich dafür einsetzen. Ich wünsche Ihnen eine schöne Zeit auf dem Donaufest und an und auf der Donau.

Informationen

Natürlicher Klimaschutz

Natur stärken – Klima schützen

Informationen

Nationale Wasserstrategie

Eine krisenfeste Strategie für unser Wasser

09.05.2024 | Rede Wasser und Binnengewässer
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