Workshop diskutiert über neue Anforderungen bei Industrieemissionen
Die besten verfügbaren Techniken (BVT) setzen in der EU den Maßstab für die Genehmigung besonders umweltrelevanter Industrieanlagen. Sie sind im sogenannten Sevilla Prozess festgelegt. Dieser europäische Prozess soll nun an die neuen Anforderungen der überarbeiteten Richtlinie über Industrieemissionen angepasst werden. Im Rahmen eines Workshops am 14./15. März 2024 in Dessau, zu dem Deutschland und die EU-Kommission eingeladen haben, diskutierten über 200 Vertreterinnen und Vertreter aus den europäischen Mitgliedstaaten sowie Norwegen, Industrie, Umweltverbände und die EU-Kommission über zukunftsweisende Änderungen.
Staatssekretärin Dr. Christiane Rohleder: "Unsere Industrie ist auf dem Weg hin zu Klimaneutralität und einer saubereren, kreislauforientierten Wirtschaft. Zugleich stellt uns die geopolitisch angespannte Lage vor besondere Herausforderungen bei der Energie- und Rohstoffversorgung, Lieferketten, den Kostenstrukturen und der Wettbewerbsfähigkeit. Dies führt zu Unsicherheiten. Daher ist es gut, dass sich beim Sevilla-Prozess Personen aus zahlreichen EU-Staaten, EU-Kommission, Wissenschaft, NGOs und Wirtschaft zusammenkommen, um gemeinsam an Regelungen zu besten verfügbaren Techniken zu arbeiten. Es ist für Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen wichtig, dass die besten Techniken eingesetzt werden, um die globalen Umweltkrisen zu lösen und hierfür verlässliche Regelungen zu haben."
Die europäische Richtlinie über Industrieemissionen schreibt für größere Industrieanlagen ein Genehmigungsverfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Zentrale Grundlage für die Genehmigungen sind die „Besten Verfügbaren Techniken“ (BVT), welche im sogenannten Sevilla-Prozess EU-weit festgelegt und in Deutschland im Rahmen von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen als „Stand der Technik“ umgesetzt werden. Von der Richtlinie über Industrieemissionen werden europaweit etwa 55.000 Anlagen reguliert, davon etwa 13.000 in Deutschland. Die Industrieemissions-Richtlinie wird aktuell novelliert; der im informellen Trilog-Verfahren zwischen EU-Kommission, Rat und Europäischen Parlament im Dezember 2023 geeinte Kompromisstest soll im Frühjahr 2024 formal angenommen werden und in Kraft treten.
Der Sevilla-Prozess gilt seit mehr als zwei Dekaden als Musterbeispiel für einen technikbasierten und partizipativen Weg zur Ableitung von Emissionsstandards. Neben der Einbeziehung der betroffenen Interessensgruppen sorgen ein hohes Maß an Transparenz und Wissenschaftlichkeit für eine ebenso hohe Akzeptanz des Produktes, der sogenannten BVT-Schlussfolgerungen. Um der Aufgabe gerecht zu werden, findet die Arbeit in branchenbezogenen technischen Arbeitsgruppen statt, die vom europäischen IPPC Büro in Sevilla organisiert und geleitet werden.
Die revidierte Richtlinie über Industrieemissionen wird künftig ihre Schwerpunkte auf strengere Grenzwertsetzung, Innovation ("Emerging Techniques") und die Transformation hin zu einer klimaneutralen, sauberen und zirkulären Industrie setzen. Dies gilt es nun auch im Sevilla-Prozess abzubilden und ihn fit für diese Herausforderung zu machen. Gleichzeitig soll das Arbeitsprogramm zur Erarbeitung der BVT-Schlussfolgerungen deutlich an Fahrt aufnehmen, um mit der Entwicklung Schritthalten zu können.
Die Ergebnisse des Workshops vom 14./15. März 2024 bilden den Startpunkt für die Überarbeitung der Verfahrensregeln des Sevilla-Prozesses.