Digitalisierung der Verkehrswende als historische Chance
Drei Fragen an Prof. Dr. Stephan Rammler
Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) in Berlin
Herr Professor Rammler, wie kann die Digitalisierung dabei helfen, dass wir uns umweltfreundlicher fortbewegen?
Insgesamt sollten wir die Digitalisierung so nutzen, dass daraus neue Ökonomien, neue Lebensstile und neue Formen von Mobilität entstehen. Die Verkehrswende ist dabei eine historische Chance. Unsere Gesellschaft ist im Käfig fossiler Mobilität gefangen. Und den verlassen wir auf dem gleichen Weg, wie wir uns hineinbegeben haben: mit politischer Steuerung und mit kooperativen Strategien zwischen Politik, Unternehmen und Zivilgesellschaft.
Wie könnte eine solche Steuerung aussehen?
Im Durchschnitt transportieren Autos 1,2 Personen pro Fahrt und stehen 23 Stunden am Tag still. Digitale telematische Lösungen oder Parkraum-Managementkonzepte können zwar die Effizienz steigern. Das ist aber noch keine ausreichende Lösung. Normalerweise reinvestieren wir als Konsumentinnen und Konsumenten nämlich, was wir an Zeit und Geld einsparen. Diese Rebound-Effekte machen die Situation dann vielleicht sogar noch schlimmer. Wir brauchen also auch Abgabensysteme, die solche Einsparungen abschöpfen. Zum Beispiel eine City-Maut. Dieses Geld könnte beispielsweise in den öffentlichen Nahverkehr investiert werden.
Was erhoffen Sie sich von der Umweltpolitischen Digitalagenda?
Eines wird nun klar gesagt: Digitalisierung kann sowohl Segen als auch Fluch für die Umwelt sein. Die Umweltpolitische Digitalagenda baut auf dieser Erkenntnis auf und steht für eine nachhaltige digitale Zukunftspolitik. Mit ihrer Hilfe können sich Lebensstile, Werte und Systeme entwickeln, die Digitalisierung und Umwelt zusammenbringen. Für die digitale Neuerfindung der Mobilität gilt dabei das Gestaltungsziel, ein ähnliches Niveau an Mobilität – also an Erreichbarkeit von Lebenschancen – mit einem sehr viel geringeren Maß an Verkehrsaufwand zu realisieren.