FAQ: Plan zum Glyphosat-Ausstieg
1. Was ist das Problem?
Pflanzenschutzmittel wie Glyphosat gefährden die biologische Vielfalt. Das ist durch zahlreiche Studien belegt. Als Totalherbizid vernichtet Glyphosat ohne Unterschiede alle Pflanzen und zerstört damit die Nahrungs- und Lebensgrundlage für viele Insekten- und Vogelarten wie Schmetterlinge und Feldlerche.
Das Problem beschränkt sich nicht auf Glyphosat. Der Einsatz jeglicher Pflanzenschutzmittel dient immer der Beseitigung unerwünschter Pflanzen, Pilze oder Tiere auf den Ackerflächen. Ihr Einsatz ist immer mit einer Beeinträchtigung der Natur und der biologischen Vielfalt verbunden, die nicht das eigentliche Ziel der Behandlung war. Die Wirkstoffe können auch in benachbarte Säume und Gewässer gelangen, wo es dann zu Schäden kommen kann.
Zum Problem wird das vor allem dann, wenn die eingesetzten Mittel eine Breitband-Wirkung haben, also wenig spezifisch wirken. Und das trifft auf die große Mehrzahl der heute verwendeten Mittel zu. So werden beim Einsatz von Breitbandherbiziden und -insektiziden Pflanzen und Tiere auf den Ackerflächen abgetötet, die gar nicht bekämpft werden sollen, zum Beispiel nützliche Insekten. Außerdem gehen durch den Verlust von Ackerwildkräutern wertvolle Futter- und Blühpflanzen für Schmetterlinge und Schwebfliegen verloren.
2. Warum wird Glyphosat nicht einfach verboten?
Der Wirkstoff Glyphosat wurde auf EU-Ebene im November 2023 für 10 weitere Jahre genehmigt. Ein Verbot von Glyphosat-haltigen Pflanzenschutzmitteln auf nationaler Ebene ist damit europarechtswidrig.
Das zum 1. Januar 2024 geplante vollständige nationale Anwendungsverbot von Glyphosat war zum Zeitpunkt der erneuten Wirkstoffgenehmigung bereits in der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung verankert. Mit einer Eilverordnung hat Bundeslandwirtschaftsministerium das vollständige Anwendungsverbot von Glyphosat bis zum 30. Juni 2024 ausgesetzt. Bis dahin wird durch die Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung eine europarechtskonforme Anpassung der Verordnung erfolgen. Das heißt, Glyphosat-haltige Pflanzenschutzmittel dürfen weiterhin in Deutschland eingesetzt werden. Die seit der 5. Änderung der Pflanzenschutzanwendungsverordnung (2021) geltende Anwendungsbeschränkungen, die darauf abzielen den Glyphosat-Einsatz deutlich zu minimieren, bleiben durch die Eilverordnung bestehen und sollen durch eine erneute Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung verstetigt werden. Federführend ist dafür das Bundeslandwirtschaftsministerium.
3. Wie wird der Einsatz von Glyphosat im Pflanzenschutzrecht eingeschränkt?
Neben einem Verbot von Glyphosat in Privatgärten und auf für die Allgemeinheit bestimmten Flächen (dazu gehören zum Beispiel öffentliche Parks und Gärten, öffentlich zugängliche Sportplätze, Schul- und Kindergartengelände und Spielplätze) sieht die aktuell gültigen Verordnung noch eine Reihe weiterer Beschränkungen vor, wie:
- ein grundsätzliches Verbot des Glyphosateinsatzes in ökologisch sensiblen Gebieten (unter anderem Naturschutz- und Wasserschutzgebiete), zusätzlich grundsätzliches Verbot aller Herbizide sowie bestimmter, besonders bestäubergefährlicher Insektizide in einer Reihe von Schutzgebietskategorien
- weitgehende Einschränkungen für die Vorsaat- und Stoppelbehandlung und ein Verbot der Spätanwendung vor der Ernte im Ackerbau,
- weitgehende Einschränkungen einer flächigen Anwendung auf Grünland,
- die Festlegung eines generellen Gewässerabstandes für alle Pflanzenschutzmittel.
4. Ist damit dem Umweltschutz in der Landwirtschaft genüge getan?
Mehr als die Hälfte der Gesamtfläche Deutschlands wird landwirtschaftlich als Acker- oder Grünland genutzt, das immer intensiver bewirtschaftet wird: der Anteil an Brachen hat signifikant abgenommen, Anbauflächen und Ackerränder werden immer eintöniger, Saumstrukturen verschwinden. Dem kann durch Einschränkungen bei der Verwendung von Glyphosat allein jedoch nicht begegnet werden; vielmehr bedarf es hierfür eines grundlegenden Wandels in der Landwirtschaftspolitik.
Das Bundesumweltministerium setzt sich für eine Agrarpolitik ein, die die Landwirte für das honoriert, was sie für Natur und Gesellschaft leisten: für die biologische Vielfalt, für sauberes Wasser und abwechslungsreiche Landschaften. Derzeit bekommen Landwirte viel Geld nahezu allein dafür, Fläche zu bewirtschaften. Die Art und Weise, wie sie dies tun, wird demzufolge nicht berücksichtigt. Eingepreist werden insofern auch nicht die durch die jeweilige Bewirtschaftungsweise verursachten Umweltschäden.
Stattdessen sollten die finanziellen Anreize, die Landwirte bekommen, auf eine insgesamt umwelt- und naturverträgliche Landbewirtschaftung zielen. Eine Chance, diese Erkenntnis umzusetzen, bietet die Reform der EU-Agrarförderung, der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP, für die nächste Förderperiode ab 2028. Das Bundesumweltministerium wird sich in der Positionierung der Bundesregierung und der nationalen Umsetzung dafür einsetzen, den Natur- und Umweltschutz durch die GAP zu stärken.
Letztlich sind Änderungen in der Agrarförderpolitik zwar notwendige Erfolgsbedingungen, jedoch allein nicht hinreichend zur Erreichung der fachlich erforderlichen Reduktionsziele in Bezug auf die Pflanzenschutzmittelanwendung. Hierfür bedarf es vielmehr in allen Teilbereichen der Landwirtschaftspolitik jeweils eines klugen Instrumentenmix. Dies wird aktuell durch das vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) zur Ausarbeitung vorgelegte "Zukunftsprogramm Pflanzenschutz" unterlegt.
Mit diesem sollen Landwirtinnen und Landwirte darin unterstützt werden mit deutlich reduziertem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiterhin stabile Erträge und gute Qualitäten zu erzeugen und gleichzeitig Artenvielfalt, gesunde Böden, saubere Luft und unbelastetes Wasser zu erhalten.