Notfallschutz
Am 1. Oktober 2017 sind die Vorschriften des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG) über das Notfallmanagementsystem von Bund und Ländern in Kraft getreten.
Notfallpläne
Eine wichtige Neuerung im Bereich Notfallvorsorge sind die aufeinander abzustimmenden Notfallpläne von Bund und Ländern (Paragraf 97 bis 101 StrlSchG). Diese Notfallpläne sollen alle an der Notfallreaktion beteiligten Organisationen in die Lage versetzen, bei möglichen Notfällen unverzüglich abgestimmte Entscheidungen zu treffen und angemessene Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung rechtzeitig durchzuführen.
Das Strahlenschutzgesetz enthält zunächst detaillierte Vorgaben für einen allgemeinen Notfallplan des Bundes (Paragraph 98, Anlage 5 StrlSchG). Das BMUV hat die Aufgabe, mögliche Notfälle im In- und Ausland zu bewerten.
Der allgemeine Notfallplan ist durch besondere Notfallpläne des Bundes für bestimmte Verwaltungs- und Wirtschaftsbereiche zu konkretisieren und zu ergänzen, zum Beispiel durch Notfallpläne für kontaminierte Lebens- und Futtermittel, für Non-Food-Produkte und für die Entsorgung kontaminierter Abfälle (Paragraf 99, Anlage 6 StrlSchG). Die Notfallpläne des Bundes werden von der Bundesregierung als allgemeine Verwaltungsvorschriften beschlossen.
Gemäß Paragraf 100 StrlSchG stellen auch die Länder für alle Referenzszenarien allgemeine und besondere Notfallpläne auf, die die Bundespläne konkretisieren und ergänzen, sowie externe Notfallpläne für Kernkraftwerke und andere Anlagen mit besonderem Gefahrenpotential (Paragraf 101 StrlSchG).
Notfallszenarien
Im allgemeinen Notfallplan des Bundes sind auf dieser Basis bestimmte Referenzszenarien festzulegen, die dem Bund und den Ländern als gemeinsame Grundlage ihrer Planungen angemessener Reaktionen auf diese und andere mögliche Notfälle dienen. Dieser Szenarienkatalog wird nicht nur schwere Atomkraftwerksunfälle im In- oder Ausland, sondern auch Notfälle in anderen kerntechnischen Anlagen, Transportunfälle oder den Absturz eines Satelliten mit einer radioaktiven Quelle umfassen. Für diese Notfälle sind jeweils szenarienspezifisch optimierte Strategien zum Schutz der Bevölkerung und der Einsatzkräfte festzulegen.
Notfallmanagementsystem von Bund und Ländern
Durch seinen Verzahnungsansatz integriert das Strahlenschutzgesetz die rechtlichen und fachlichen Vorgaben des Bundes für radiologischen Notfallschutz in das komplexe, föderative System des Bevölkerungsschutzes (unter anderem in Paragrafen 92 bis 96, 99, 109 bis 111 StrlSchG). Die für bestimmte Verwaltungs- und Wirtschaftsbereiche zuständigen Behörden sollen ihre im Alltagsgeschäft oder bei der Bewältigung anderer Krisenlagen erprobten Instrumente auch zur Bewältigung radiologischer Notfälle nutzen. Welche Schutzmaßnahmen bei einem Notfall angemessen sind, entscheiden die zuständigen Behörden gemäß Paragraf 109 StrlSchG auf Grundlage der für derartige Maßnahmen geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften zur Gefahrenabwehr. Das Strahlenschutzgesetz liefert ihnen hierzu die in einigen Bereichen bislang fehlenden radiologischen Bewertungsmaßstäbe durch die zu beachtenden Notfallschutzgrundsätze (Paragraf 92 StrlSchG), dosisbezogene Referenzwerte für den Schutz der Bevölkerung (Paragraf 93 StrlSchG), Rechtsverordnungen mit Dosis- und Kontaminationswerten und Regelungen zur Bewirtschaftung von Abfällen (Paragrafen 94 bis 96 StrlSchG) sowie den Notfallplänen (Paragrafen 97 bis 101 StrlSchG).
Radiologisches Lagezentrum des Bundes (RLZ)
Bei überregionalen und regionalen Notfällen ist für die Bewertung der radiologischen Lage durch alle Bundes- und Landesbehörden immer nur ein radiologisches Lagebild nach Paragraf 108 StrlSchG maßgeblich. Dieses wird bei überregionalen Notfällen vom radiologischen Lagezentrum des Bundes erstellt, bei regionalen Notfällen in der Regel vom Land. Das radiologische Lagezentrum des Bundes wird beim BMUV als Netzwerk aus BMUV, Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) und Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eingerichtet (Paragraf 106 StrlSchG). Weitere Aufgaben des radiologischen Lagezentrums sind unter anderem die ressortübergreifende Koordinierung der Schutzmaßnahmen und der Information der Öffentlichkeit auf nationaler und internationaler Ebene sowie die Erstellung von Verhaltensempfehlungen.