Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Digitalisierung ist einer der Megatrends unserer Zeit. Sie verändert im Eiltempo das Leben aller Menschen. Digitalisierung kann in vielen Bereichen unseren Alltag und die Arbeit erleichtern und hat das Potenzial, die Transformation für eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Das reicht vom mobilen Arbeiten, das zur Reduktion von Verkehr führen kann, über bessere Analysemöglichkeiten von Umweltdaten bis hin zum digitalen Produktpass für die Kreislaufwirtschaft.
Trotzdem müssen wir hinterfragen zu welchem Zweck wir neue Technologien einsetzen und wie wir Digitalisierung gestaltet wollen. Denn die Digitalisierung hat erhebliche Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Natur. Unverändert fortgesetzt, wird sie zum Brandbeschleuniger für die ökologischen und sozialen Krisen. Jedes Endgerät verbraucht wertvolle Rohstoffe und Energie entlang globaler Produktions- und Lieferketten. Immer mehr werbefinanzierte digitale Geschäftsmodelle führen zu steigendem, nicht nachhaltigem Konsum. Zudem konzentriert sich bei einigen wenigen Digitalunternehmen die wirtschaftliche und zunehmend auch politische Macht.
Daher muss Digitalisierung nachhaltiger insbesondere umweltfreundlicher werden und Digitalisierung muss zum Motor für Nachhaltigkeit werden und damit auch in den Dienst der globalen Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 gestellt werden.
In einem ersten Schritt haben wir 2020 die Umweltpolitische Digitalagenda vorgelegt und auf EU-Ebene während unserer deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 die Ratsschlussfolgerungen "Digitalisierung und Umwelt" ausgehandelt.
Wie können wir Digitalisierung nachhaltiger gestalten?
Wir müssen die digitale Infrastruktur in umweltgerechte Bahnen lenken!
Jede neue digitale Anwendung sorgt für einen Anstieg von Datenmengen, die bewegt und verwaltet werden müssen. Daher ist es wichtig, dass zum Beispiel die digitalen Netze und Rechenzentren optimiert werden.
Rechenzentren sind als Rückgrat der Digitalisierung ein wichtiger Hebel für mehr Nachhaltigkeit. Im Umweltministerium setzen wir uns dafür ein, das Rechenzentren grüner werden. Mit dem Energieeffizienzgesetz nimmt die Bundesregierung die Betreiber von größeren Rechenzentren in die Pflicht: Ab 2027 müssen Rechenzentren zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden; bei neu gebauten Rechenzentren muss auch ein Teil der Abwärme genutzt werden. Dies ist ein erster Schritt auf dem Weg zu nachhaltigen Rechenzentren.
Des Weiteren hat sich die Bundesregierung in der Gigabitstrategie das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 flächendeckend Glasfaseranschlüsse bis ins Haus zu gewährleisten. Glasfaserübertragung ist schneller und verbraucht deutlich weniger Energie als die Übertragung über Kupferkabel und Mobilfunk.
Ein wichtiger Bereich sind auch die digitalen Endgeräte wie Computer, Fernseher und Smartphones, die aufgrund ihrer schieren Anzahl den Großteil des ökologischen Fußabdrucks der Digitalisierung ausmachen. Dabei schädigen sie Klima und Umwelt zumeist deutlich mehr während der Produktion als in der Nutzungsphase. Es ist also wichtig, dass Geräte so lange wie möglich in Gebrauch bleiben. Die Bundesregierung hat sich auf EU-Ebene für ehrgeizige Ökodesign-Regeln für Smartphones, Tablets, Mobiltelefone und schnurlose Telefone eingesetzt, wie zum Beispiel dass Hersteller Reparaturinformationen und bestimmte Ersatzteile und Software-Updates länger zur Verfügung stellen. Informations- und Kommunikationstechnologie ist zudem ein prioritäres Handlungsfeld der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie, die federführend vom Bundesumweltministerium erarbeitet wird.
Weitere Ansatzpunkte für nachhaltige Digitalisierung bieten seitens des BMUV unter anderem die nachhaltige Softwareentwicklung (green coding), der Green AI Hub, die Förderrichtlinie DigiRess sowie und die Initiative Corporate Digital Responsibility.
Digitale Geschäftsmodelle müssen nachhaltig gestaltet werden!
Viele digitale Geschäftsmodelle finanzieren sich über personalisierte Online-Werbung, die den Konsum anreizen. Dies führt oft zu nicht-nachhaltigen Konsummustern, die Umwelt und Klima belasten. Allein in Deutschland hat sich das Volumen des Online-Handels von 1 Milliarden Euro (Jahr 2000) auf rund 85 Milliarden Euro (Jahr 2022) gesteigert.
Ziel des Bundesumweltministeriums ist es, einen möglichst nachhaltigen Konsum und die Langlebigkeit von Produkten zu fördern. Ansatzpunkte hierfür sind zum Beispiel die Eindämmung personalisierter Werbung und die unter anderem digitale Unterstützung der Verbraucherinnen und Verbraucher für nachhaltige Konsumentscheidungen und der Verlängerung der Lebenszeit vorhandener Produkte.
Wie können wir Digitalisierung für mehr Nachhaltigkeit nutzen?
Nachhaltig ausgerichtet kann die Digitalisierung zum Chancentreiber werden. Digitalisierung ist vor allem dort nützlich, wo große Datenmengen gesammelt, ausgewertet, geortet und verknüpft werden müssen. Dies ist zum Beispiel bei der Analyse von Umwelt- und Klimadaten, bei der Kreislaufwirtschaft und mit Blick auf die Datenfernerkundung von großer Bedeutung. Je mehr wir wissen, desto gezielter können wir handeln.
Digitalisierung verknüpft erneuerbare Energiequellen, optimiert die Netze und unterstützt damit die Energiewende. Mit der Digitalisierung können zum Beispiel Äcker präzise und unter Berücksichtigung des Wetters optimal gedüngt und vor Schädlingen geschützt werden.
Im Zuge der Erarbeitung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie hat das BMUV die Wirkungsbereiche der Digitalisierung einschließlich neuer Geschäftsmodelle für die zirkuläre Wirtschaft in besonderem Fokus. Als zentrale Elemente werden die Entwicklung und Umsetzung des Digitalen Produktpasses (DPP) sowie die Gestaltung der Datenräume angesehen. Mit dem DPP sollen alle relevanten Informationen eines Produktes zur Verfügung gestellt werden, vom Design über die Lebensdauer bis zum Wiedereinsatz seiner Materialen und Komponenten. Ab 2027 werden zum Beispiel Batterien von Elektroautos mit einem Digitalen Produktpass versehen.
Um Digitalisierung und Nachhaltigkeit in und für die Gesellschaft zu verknüpfen, braucht es viele Unterstützer. Die Community "Nachhaltige Digitalisierung" des BMUV bringt seit 2021 Expertinnen und Experten aus Unternehmen, öffentlicher Verwaltung, Forschung und der Zivilgesellschaft zusammen, um gemeinsam Ideen über die nachhaltig-digitale Transformation zu entwickeln. Sie agiert dabei als Brückenbauerin zwischen der Fachöffentlichkeit und der Bundesverwaltung.