Rede von Steffi Lemke zum Deutschen Verbrauchertag 2023 "The Future is Now"

27.11.2023
Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke
In ihrer Rede sprach Steffi Lemke über die Wichtigkeit der Verbraucherpolitik in unsicheren Zeiten. Die Verbraucherpolitik solle dabei den Alltag der Menschen erleichtern und sie vor Abzocke in Schutz nehmen.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Liebe Ramona Pop,
sehr geehrter Herr Schuldzinski,
sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank an den vzbv für die Einladung zum Verbrauchertag. Ich freue mich über die Gelegenheit, als Bundesverbraucherschutzministerin auf diesem wichtigen Forum zu sprechen.

Sie haben heute ja schon ausführlich diskutiert, wie der Verbraucheralltag von morgen aussehen kann und sollte. Das ist gut, denn diese Frage droht in einer Zeit, die vom akuten Krisenmanagement geprägt ist, ins Hintertreffen zu geraten.

Natürlich ist in Krisenzeiten der Verbraucherschutz besonders herausgefordert. Auf akute Probleme, wie die Folgen der Pandemie oder die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, brauchen wir auch verbraucherpolitische Antworten.

Und auch das Urteil aus Karlsruhe zum Bundeshaushalt erfordert eine Antwort. Ich weiß, Sie alle fragen sich, wie es weitergeht mit den Mitteln, die im Klima- und Transformationsfonds, aber auch im Wirtschaftsstabilitätsfonds für den Verbraucherschutz vorgesehen waren. Zum Beispiel die Frage nach der Zukunft der Strom- und Gaspreisbremsen ist für viele Verbraucherinnen und Verbraucher ganz entscheidend.

Wie es mit den Mitteln aus KTF und WSF und den Preisbremsen weitergeht diskutieren wir derzeit intensiv in der Bundesregierung. Sie können sicher sein, dass das Verbraucherschutzministerium in diesen Diskussionen selbstverständlich an der Seite der Verbraucherinnen und Verbraucher steht. Und es ist gut, mit dem vzbv und seinen Mitgliedsverbänden dabei so starke Verbündete zu haben. Ich bin zuversichtlich, dass wir für diese Fragen eine gute Lösung finden werden. Mehr kann ich Ihnen im Moment dazu nicht sagen und bitte Sie dafür um Ihr Verständnis.

Neben der akuten Krisenbekämpfung muss Verbraucherpolitik aber auch langfristige Entwicklungen im Blick behalten: Sie muss der Digitalisierung Rechnung tragen und sie muss den Klimaschutz und den ökologischen Umbau der Wirtschaft befördern – ohne dass dies Verbraucherinnen und Verbraucher unnötig belastet.

Kurz gesagt: Verbraucherpolitik soll den Alltag der Menschen erleichtern und sie vor Abzocke in Schutz nehmen. Jetzt und in Zukunft. Daran arbeite ich als Verbraucherschutzministerin.

Ich möchte heute drei Aspekte beleuchten, in denen dem Verbraucherschutz eine zukunftsweisende Rolle zukommt:

  • Erstens, als Hebel für eine faire Sozialpolitik.
  • zweitens, als Hebel für eine ehrgeizige Umweltpolitik,
  • und drittens, als Hebel für eine gemeinwohlorientierte und sichere Digitalisierung

Zu meinem ersten Punkt: Der Verbraucherschutz hat immer auch eine soziale Funktion. Das gilt besonders in Krisenzeiten. Das zeigen zum Beispiel die Ausschläge bei den Energiepreisen und die hohe Inflation infolge des russischen Angriffskriegs. Hier hat die Bundesregierung den Schutz vor Energiesperren verbessert und Strom- und Gaspreisbremsen eingeführt. Im Moment würde ich einschätzen, dass diese Maßnahmen ihre Wirkung entfaltet haben und die privaten Haushalte im Wesentlichen vor einer Überlastung geschützt haben – wozu die Verbraucher durch ihre Einsparungen aber mit Sicherheit einen ganz wesentlichen Beitrag geleistet haben. Dafür möchte ich mich ganz ausdrücklich bedanken.

Zweitens gehört der Schutz vor Überschuldung in die soziale Dimension des Verbraucherschutzes. Daher ist es gut, dass die neue Verbraucherkreditrichtlinie der EU unter anderem unabhängige Schuldnerberatungsdienste zu begrenzten Gebühren vorsieht. Bereits jetzt unterstützen wir verschiedene Projekte für Menschen, die in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten geraten sind.

Zudem haben wir jetzt ganz aktuell mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz die Grundlage geschaffen für eine kostenlose Vergleichswebsite für Zahlungskonten. Damit können Verbraucherinnen und Verbraucher die für sie am besten geeigneten Zahlungskonten finden.

Ein Meilenstein für den Verbraucherschutz ist auch die neue Verbandsklage. Und der vzbv hat diese Möglichkeit ja auch bereits ergriffen. Das zeigt, wie Verbraucherpolitik dafür sorgen kann, dass auch in Krisenzeiten die Verbraucherrechte gestärkt werden.

Verbraucherpolitik ist aber auch wichtig als Schutz gegen die Umweltkrisen. Damit komme ich zu meinem zweiten Punkt. Die Ressourcen unseres Planeten sind endlich, das ist Verbraucherinnen und Verbrauchern immer stärker bewusst. Sie achten bei ihren Kaufentscheidungen zunehmend auf Nachhaltigkeit. Hierzu brauchen Verbraucherinnen und Verbraucher aber auch tragfähige Informationen und Produkte müssen von vornherein nachhaltiger hergestellt werden.

Daher haben wir die neue EU-Ökodesign-Verordnung unterstützt. Künftig sollen Produkte langlebig, reparierbar, wiederverwendbar und recycelbar sein. Hier konnten wir als Bundesregierung auch ein Vernichtungsverbot gebrauchsfähiger Waren erreichen – es ist ein Unding, dass ungenutzte Textilien, Schuhe, aber auch Elektrogeräte massenweise vernichtet werden. Auch der Digitale Produktpass wird es Verbraucherinnen und Verbrauchern erleichtern, Entscheidungen zugunsten der Nachhaltigkeit zu treffen, zum Beispiel durch Informationen zur Reparierbarkeit.

Die Entscheidung des Europäischen Parlaments in der letzten Woche für ein Recht auf Reparatur ist wegweisend und stärkt die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Mit dem Rückenwind des Parlaments setze ich mich auch im Rahmen der EU-Mitgliedstaaten für ein starkes Recht auf Reparatur ein. Außerdem treibe ich in Deutschland das Recht auf Reparatur voran: 2024 werde ich ein Reparaturgesetz vorlegen und eine neue Förderung für Reparatur-Initiativen starten. Auf diese Weise sollen Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Möglichkeiten bekommen, ihre Produkte zu reparieren und länger zu nutzen.

Darüber hinaus haben wir uns auf EU-Ebene erfolgreich dafür eingesetzt, dass Smartphones und Tablets ab 2025 besser reparierbar werden. Niemand soll mehr ein Handy wegwerfen müssen, weil der Akku nicht ausgetauscht werden kann. Das ist ein großer Schritt raus aus der Wegwerfgesellschaft. Außerdem wird ein Reparierbarkeitsindex eingeführt, der ab 2025 auf dem Energielabel für Smartphones und Tablets angezeigt wird.

Solche Kennzeichnungen haben erheblichen Einfluss auf Kaufentscheidungen. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist es aber irreführend, wenn immer mehr Produkte mit Bezeichnungen wie "klimaneutral" oder "umweltfreundlich" beworben werden. Mit dem neuen Gesetzespaket zur "Stärkung der Verbraucherinnen und Verbraucher im Grünen Wandel" auf EU-Ebene schieben wir Greenwashing nun einige Riegel vor. Daran haben wir als Verbraucherschutzministerium gemeinsam mit dem Justizministerium erfolgreich mitgearbeitet.

Vielleicht nicht das allergrößte – aber doch ein relevantes Ärgernis aus Verbrauchersicht wie aus Umweltsicht sind außerdem sogenannte "Mogelpackungen": gleich große Verpackung, aber weniger Inhalt. Um dieser Praxis einen Riegel vorzuschieben hat mein Haus einen Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung gegeben. Ich finde das einfach unanständig gegenüber den Kunden und will an alle Anbieter appellieren das einfach zu unterlassen.

In einer zunehmend digitalisierten Welt findet Täuschung zunehmend im Netz statt. Und das bringt mich zu meinem dritten Punkt: Verbraucherpolitik als Hebel für eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung.

Viele digitale Dienste sind eine große Hilfe im Alltag von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Suchmaschinen erleichtern uns schon lange den schnellen Zugang zu Informationen jeglicher Art und Künstliche Intelligenz – KI – kann im Smart Home zum Energiesparen beitragen.

Die Digitalisierung dringt immer tiefer in den Alltag vor. Das zeigt nicht zuletzt ChatGPT. Dass dies neben großen Chancen auch Risiken birgt, darüber haben Sie heute schon diskutiert. Um die Verbraucherinnen und Verbraucher vor diesen Risiken zu schützen, setze ich mich für die verbraucherfreundliche Gestaltung von KI-Systemen ein, unter anderem auf europäischer Ebene. Zum Beispiel sollte es in der neuen KI-Verordnung eine Pflicht geben, KI-generierte Inhalte zu kennzeichnen und Qualitätsanforderungen in Bezug auf Trainingsdaten, um Diskriminierung zu vermeiden.

Bei den Verhandlungen zum Digital Services Act der EU haben wir als Verbraucherschutzministerium erreicht, dass die manipulative Gestaltung von Seiten durch Online-Vermittlungsdienste – Dark Patterns – verboten werden. Außerdem dürfen sie sensible personenbezogene Daten nicht mehr für personalisierte Werbung nutzen.

Eine weitere ganz praktische Verbesserung ist der Widerrufsbutton. Künftig wird die Ausübung des 14-tägigen Widerrufsrechts für Online-Verträge genauso einfach möglich sein wie der Vertragsabschluss im Internet– und zwar EU-weit!

Und schließlich sorgt die ab Ende kommenden Jahres geltende EU-Produktsicherheitsverordnung, die mein Haus federführend verhandelt hat, für mehr Schutz vor online angebotenen gefährlichen Produkten. Unter anderem müssen Online-Marktplätze künftig Stichproben durchführen, um schon als gefährlich gelistete Produkte von ihrer Webseite zu verbannen. Und sie müssen Verbraucherinnen und Verbraucher im Fall eines Produktrückrufs besser informieren.

Bei all diesen Dingen haben vzbv und andere aus dem Verbraucherschutz uns immer wieder als Treiber unterstützt. Ich weiß, wie schwierig es der Verbraucherschutz in Zeiten der Krise hat. Und umso dankbarer bin ich dafür, dass Sie alle sich täglich dafür einsetzen und das Thema auf die Tagesordnung setzen! Denn gerade für die Zukunftsthemen ist es zentral, den Verbraucherschutz von Anfang an mitzudenken. Vielen Dank.

27.11.2023 | Rede Verbraucherschutz | Berlin
https://www.bmuv.de/RE10827
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