– Es gilt das gesprochene Wort –
Frau Präsidentin, Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die neue Bundesregierung hat ihre Arbeit aufgenommen ein halbes Jahr, nachdem das Bundesverfassungsgericht ein wegweisendes Urteil gefällt hatte. Darin hatte es der damaligen Regierungskoalition bescheinigt, dass sie die Lasten unserer heutigen Lebens- und Produktionsweise auf jüngere und kommende Generationen verschiebt und damit die existentiellen Freiheitsrechte dieser Generationen verletzt werden. Die neue Bundesregierung ist angetreten, das zu ändern. Sie tritt an als Fortschrittsbündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
Für das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz beginnt damit ein neues Kapitel.
Fünf Kernaufgaben will ich beschreiben, die dieses Kapitel prägen werden.
Erstens: Das Artenaussterben ist die zweite große ökologische Krise neben der Klimakrise. Sie wird und sie muss jetzt stärker ins Zentrum der Politik rücken. Es geht um unsere Lebensgrundlagen – Wasser, Luft zum Atmen, Lebensmittel. Wer beim Naturschutz allein an Zauneidechsen und Laubfrösche denkt, hat das Problem immer noch nicht begriffen. Bis zu einer Million Arten sind innerhalb der nächsten Jahrzehnte vom Aussterben bedroht sagt uns die Wissenschaft. Sie werden fehlen und zwar in allererster Linie uns. Fruchtbare Äcker gibt es nicht ohne biologische Vielfalt. Pflanzen brauchen Bestäuber, Hochwasserschutz braucht Auen, Klimaschutz braucht Moore und alte Wälder – hier und weltweit.
Es geht jetzt darum, nach Jahrzehnten der Naturzerstörung ein Zeitalter der Renaturierung einzuläuten, es geht darum, den Moorschutz zu stärken, die biologische Vielfalt und den Wasserhaushalt.
- Die neue Regierung wird eine Offensive für den Meeresschutz starten. Global durch neue Schutzzonen, hierzulande durch ein besseres Management der Schutzgebiete und eine verbindliche Meeresstrategie.
- Wir brauchen eine Agrarwende, die Verbraucherschutz, Natur- und Tierschutz und die Wirtschaftsgrundlage für Landwirtinnen und Landwirte neu verbindet, die Pestizide und Nitrateinträge in die Ökosysteme reduziert, am besten, was den Eintrag in Naturschutzgebiete betrifft, sehr schnell gegen Null.
Zweitens: In diesem neuen Kapitel wird der Verbraucherschutz zur zweiten wichtigen Säule neben dem Umweltschutz. Beide verstärken sich gegenseitig, beide verbessern den Alltag der Bürgerinnen und Bürger.
- Wenn ein Fernseher oder eine Waschmaschine weggeschmissen werden muss, weil ein Einzelteil kaputt, aber nicht austauschbar ist, kostet das Verbraucherinnen und Verbraucher sinnlos Geld und verschwendet Rohstoffe. Oder wenn ein Handy nicht mehr richtig genutzt werden kann, nur weil kein vernünftiges Update mehr zur Verfügung steht.
- Die Bundesregierung will ein Recht auf Reparatur einführen und Anreize dafür schaffen, langlebige Produkte herzustellen.
- Hersteller von IT-Geräten will ich verpflichten, Updates und Ersatzteile zur Verfügung zu stellen – mindestens für die übliche Nutzungsdauer eines Produkts.
Drittens: Kreislaufwirtschaft. Die enge Verknüpfung von Umwelt- und Verbraucherschutz zeigt sich bei der dritten Kernaufgabe: dem Ressourcenschutz durch Kreislaufwirtschaft.
Plastiktüten und Einweg-Teller aus Plastik werden bald Geschichte sein. Das ist ein guter, aber nur ein erster Schritt. Das Problembewusstsein wächst, aber gleichzeitig wachsen die Plastikberge immer noch. In Deutschland geht es darum, einerseits Plastikmüll zu reduzieren und andererseits den Rest in hoher Qualität zu recyceln. Erst dann entsteht ein Kreislauf. Ich werde auf europäischer Ebene höhere Recyclingquoten, einen verbindlichen Anteil von Recyklat in Verpackungen und einheitliche Standards für recyceltes Plastik vorantreiben. International müssen wir endlich zu einem Abkommen zur Reduktion von Plastikmüll kommen, bevor in den Weltmeeren noch mehr davon schwimmt.
Und niemand braucht Mikroplastik in Gesichts- oder Zahncremes. Eigentlich eine alte Diskussion, die längst erledigt hätte sein können. Ich will, dass wir europaweit Mikroplastik in Kosmetika und Waschmittel endlich ausschließen und wenn es nicht anders geht, dann durch ein Verbot.
Die vierte Kernaufgabe: Der Abschluss des Atomausstiegs. Die Entscheidung zum Ausstieg wurde und wird von einer übergroßen Mehrheit im Land getragen. Die Argumente sind zahlreich. Vom Uranbergbau über die Risiken im Betrieb bis zu Haftungsfragen. Die Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie, sie wird nicht ausreichend versichert. Sie ist extrem teuer und kommt ohne staatliche Garantien nicht aus. Daran ändern auch die Märchen und Mythen über neue Reaktortypen nichts. Und deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, was Ihre Außenpolitiker hier eben zur Taxonomie erzählt haben, war mehr als scheinheilig. Es ist Bundeskanzlerin Merkel gewesen, die diese Debatte so lange hat laufen lassen und Deutschland wird seine Position jetzt natürlich klarmachen. Wenn der EU-Binnenmarktkommissar ankündigt, dass 550 Milliarden Euro für die Atomkraft notwendig sein werden, bei gleichzeitig sinkendem Anteil an der Stromerzeugung, dann muss Deutschland diese Diskussion offensiv führen, damit öffentliche Gelder nicht in diese Technologie fließen. Und wir werden das tun und trotzdem das deutsch-französische Verhältnis pflegen und die französische EU-Präsidentschaft unterstützen.
Die fünfte Kernaufgabe: Klimaschutz. Im neuen Kapitel der Umweltpolitik ist diese Aufgabe da angekommen, wo sie hingehört: überall!
In der Wirtschaft, im Verkehr, im Bauressort, in der Landwirtschaft. Auch mein Haus bleibt Klima-Ressort: Das BMUV verantwortet den natürlichen Klimaschutz. Mit einem Aktionsprogramm werde ich naturnahe Wälder und Moore stärken. Kanalisierte Flüsse und Bäche und ihre Auen sollen renaturiert werden. Ökosysteme, die Kohlenstoff speichern und gleichzeitig vor dem nächsten Hochwasser schützen.
Die letzten Jahre haben gezeigt, mit welcher Wucht die Klimakrise auch in Deutschland zuschlägt. Wir werden deshalb gemeinsam mit Ländern und Kommunen bessere Vorsorge gegen Klimaschäden treffen. Sei es Starkregenmanagement, Schutz vor Dürre und Hitze, Renaturierung, mehr Grün in Städten und auf Dächern, eine vorausschauende Stadt- und Regionalplanung.
- Deshalb werde ich die Förderprogramme des BMUV verstärken, um die kommunalen Anpassungsstrategien zu unterstützen.
- Ich werde außerdem ein Programm auf den Weg bringen, um unter anderem unsere Wasserversorgung und unsere Gewässer besser auf die Folgen der Klimakrise vorzubereiten.
- Darüber hinaus werden wir ein Klimaanpassungsgesetz vorlegen und eine Anpassungsstrategie erarbeiten.
Wir werden mit einer aktiven Umwelt- und Verbraucherpolitik für mehr Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sorgen.
Ich lade alle Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen, die diese Ziele teilen, als Ministerin zur Zusammenarbeit und Mitarbeit ein und freue mich darauf.
Vielen Dank.