– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Messner,
sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen von Bundesumweltministerin Steffi Lemke begrüße ich Sie alle sehr herzlich zum 6. Europäischen Ressourcenforum.
Das Forum findet zwischen zwei wichtigen Umwelt-Konferenzen – der Klimakonferenz in Ägypten und der Weltnaturkonferenz in Montreal statt. Damit ist es genau richtig platziert, denn das Thema Ressourcenschutz gehört mit ins Zentrum der Politik zur Bewältigung der aktuellen Krisen.
Die globalen Umweltkrisen stellen uns in Europa und als globale Gemeinschaft vor existentielle Herausforderungen: dem Klimasystem droht der Kollaps, das Artenaussterben hat dramatische Ausmaße angenommen und es gibt schon jetzt keinen Ort auf diesem Planeten mehr, der nicht von Verschmutzung betroffen ist.
Klar ist: Ressourcenschutz und Kreislaufwirtschaft leisten einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der globalen Umweltkrisen. Das war auch die Botschaft einer Veranstaltung, die mein Ministerium gemeinsam mit dem International Resource Panel auf der Klimakonferenz in Ägypten organisiert hat. Erstmals waren Weltklimarat (IPCC), Weltbiodiversitätsrat (IPBES) und Weltressourcenrat (IRP) auf einem Panel zusammen. Ich wünsche mir sehr, dass daraus eine regelmäßige Zusammenarbeit wächst. Das wäre ein nachhaltiger Erfolg der Weltklimakonferenz!
Das Thema Ressourcenschutz hat eine weitere ganz aktuelle Dimension. Wir sehen uns konfrontiert mit Versorgungsengpässen, gestörten Lieferketten und drastisch gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen. Wenn wir von Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft sprechen, sprechen wir auch über Krisenresilienz und wirtschaftliche Stabilität, und damit über einen Beitrag zu unserer nationalen Sicherheit.
Gute Produkte, gute Infrastrukturen und gute Dienstleistungen ermöglichen uns ein angenehmes und gesundes Leben sowie wirtschaftliche Entwicklung. Aber in jedem Produkt und in jeder Infrastruktur, die wir nutzen, stecken von Anfang an gewaltige Umweltauswirkungen: Treibhausgasemissionen, Naturzerstörung, Wasserverbrauch. Der Schlüssel zur Bekämpfung der Krisen liegt darin, mit unserem Konsum und unserer Produktion deutlich weniger endliche Ressourcen zu verbrauchen.
Noch ist unsere Wirtschaft zu stark linear ausgerichtet. Zu viele Produkte enden nach mehr oder weniger kurzer Nutzungszeit als Abfall – Kaffeebecher, Verpackungen, Smartphones.
Stattdessen brauchen wir eine umfassende Kreislaufwirtschaft. Dabei muss künftig öfter direkt am Anfang des Produktzyklus angesetzt werden, also bei der Produktgestaltung. Produkte müssen so entworfen werden, dass sie nach Ende ihrer Nutzungsdauer wieder einfach in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden können, also quasi ein zweites Leben bekommen. Wichtige Elemente dafür hat die Europäische Kommission mit dem Green Deal und dem neuen Kreislaufwirtschaftsaktionsplan vorgelegt. Ich bin gespannt, was der Vizepräsident der Europäischen Kommission Frans Timmermans uns dazu gleich sagen wird.
Abfall, der entsteht, muss in erster Linie als Rohstoffquelle für neue Produkte dienen, damit am Ende insgesamt weniger Ressourcen verbraucht werden. Wenn weniger Primärressourcen benötigt werden und Rohstoffe im Wirtschaftssystem verbleiben, dann ist Kreislaufwirtschaft auch ein Beitrag zu einer krisenfesten, resilienten Wirtschaft. National wollen wir dazu eine Kreislaufwirtschaftsstrategie beschließen.
Klar ist: mit Einzelmaßnahmen werden wir der Dimension der notwendigen Transformation nicht gerecht. Deswegen müssen wir über systemische Lösungen nachdenken. Hier möchte ich vier konkrete Beispiele nennen:
- Die Erweiterte Herstellerverantwortung: Sie bedeutet, dass Hersteller dazu verpflichtet werden können, ihre Produkte am Ende des Lebensweges zurückzunehmen, um sie entweder wiederaufzubereiten oder einem hochwertigen Recycling zuzuführen. Dieses Prinzip nutzen wir auch in Deutschland erfolgreich.
- Verpackungswende und Mehrweg-Renaissance: Einwegverpackungen müssen unattraktiv werden, und Mehrweg der neue Standard. Zum Beispiel sind ab 2023 Restaurants und Cafés verpflichtet, To-Go-Speisen und -Getränke auch in Mehrwegverpackungen anzubieten.
- Verleih- und Reparaturservices: Kreislaufwirtschaft wird neue Geschäftsmodelle hervorbringen. Unternehmen können zum Beispiel Produkte verleihen, statt sie zu verkaufen, oder anbieten, sie zu reparieren.
- Aber auch zum Beispiel der öffentliche Nahverkehr: Ein gut funktionierender öffentlicher Nahverkehr ist ein entscheidender Beitrag zum Ressourcenschutz, denn wenn mehr Menschen vom Auto in Bus und Bahn umsteigen, spart das enorme Mengen an Erdöl. Es steigert außerdem die Lebensqualität und schont das Klima.
Die Wende zu einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft lässt sich nicht allein auf nationaler Ebene bewerkstelligen. Einiges lässt sich sinnvoll nur auf europäischer Ebene regeln. Für manches brauchen wir den internationalen Schulterschluss, wie wir ihn beim Beschluss für ein UN-Abkommen zur Beendigung der Plastikvermüllung von Umwelt und Meeren erreicht haben.
Deswegen hat Deutschland die Themen Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft zu einem Schwerpunkt der diesjährigen G7-Präsidentschaft gemacht. Im Mai dieses Jahres haben die Umweltminister die „Berlin Roadmap“ beschlossen, einen gemeinsamen Fahrplan der großen Industrienationen hin zu mehr Zirkularität in den nächsten Jahren.
Neben entschlossener Politik braucht es exzellente Wissenschaft und die Innovationskraft der Wirtschaft, Impulse aus der Zivilgesellschaft und aus den Medien. Sie alle sind heute hier vertreten. Ich danke dem Umweltbundesamt und im Namen des BMUV Herrn Messner für diese Veranstaltung und das wichtige Engagement. Gemeinsam wollen wir Lösungen finden für den Ressourcenschutz und einen verantwortungsvollen Umgang mit unserem Planeten. Ich wünsche Ihnen und uns allen eine spannende und erfolgreiche Veranstaltung.
Vielen Dank!