Festrede von Steffi Lemke zur Preisverleihung des Wettbewerbs "Jugend testet 2024" der Stiftung Warentest

11.06.2024
Steffi Lemke hält eine Festrede zur Preisverleihung des Wettbewerbs "Jugend testet 2024" der Stiftung Warentest
In einer Rede betont Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke die Bedeutung von Jugendbeteiligung in der Demokratie, die Rolle von Nachhaltigkeit und Verbraucherschutz sowie aktuelle politische Initiativen.

– Es gilt das gespochene Wort –

Sehr geehrte Frau Bönisch,
liebe Testerinnen und Tester,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

bei den Wahlen zum Europäischen Parlament durften am Sonntag erstmals alle ab 16 Jahren wählen gehen. Das war eine große Chance, aktiv in der Demokratie mitzuwirken. Ich nehme an, dass viele von Euch diese Möglichkeit genutzt haben.

Bei Wahlen, aber auch vielen anderen Fragen, geht es um die Zukunft unserer Gesellschaft. Das betrifft Euch und Eure Generation in besonderer Weise. Ich finde es richtig, dass junge Menschen – wo immer es geht – beteiligt werden.

Ich habe als Jugendliche angefangen mich in meiner Heimatstadt Dessau zu engagieren. Das war noch in der DDR und es ging zunächst um ganz kleine lokale Themen. Zum Beispiel um den Erhalt einer Friedhofsmauer am alten jüdischen Friedhof. Die aktuelle Debatte um den Krieg in Gaza und um den Antisemitismus in Deutschland zeigt mir heute, dass das Thema damals vielleicht gar nicht so klein und lokal gewesen ist.

Ihr seid heute hier, weil Ihr Euch am Wettbewerb „Jugend testet“ beteiligt habt. Das ist ein echtes Highlight bei der Stiftung Warentest. Ich habe mich über Ihre Einladung, liebe Frau Bönisch, zur heutigen Preisverleihung sehr gefreut.

Der Wettbewerb und auch meine Teilnahme als Umwelt- und Verbraucherschutzministerin sollen das Engagement aller Jugendlichen würdigen, die sich beteiligt haben. Mich haben die vielen Beiträge zu Umweltfragen und Nachhaltigkeit beeindruckt, die sich zum Beispiel mit einer bewussten Ernährung, mit veganen Lebensmitteln, aber auch mit Süßigkeiten und mit Fast-Food beschäftigen.

Inklusion ist leider immer noch keine Selbstverständlichkeit. Darum möchte ich besonders würdigen, dass Ihr an die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen gedacht und hier sogar ein Testsieger gekürt wird.

Andere Teams haben sich damit befasst, wie Plastik und unnötige Verpackungen vermieden und wie Umwelt und Klima geschont werden können. Ein solcher bewusster Umgang mit den begrenzten Ressourcen ist ganz zentral und absolut am Puls der Zeit.

Jede und jeder von uns kann nur mit unabhängiger und transparenter Information gute Konsumentscheidungen treffen. Deshalb sind für mich alle Beiträge im Wettbewerb zugleich Beiträge zum Umwelt- und Verbraucherschutz. Wie bei der großen Stiftung Warentest orientieren sich Eure Tests am komplexen Alltag der Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Ich möchte Euch sehr dafür danken. Außerdem möchte ich das in die aktuelle Verbraucherschutzpolitik einordnen.

Seit meinem Amtsantritt kämpfe ich auf der europäischen Ebene für ein Recht auf Reparatur. Für mich gehört ein solches Recht zu einem selbstbestimmten Einkauf. Es ist wichtig, dass Produkte von vornherein so designt und produziert werden, dass sie problemlos repariert und Teile ausgetauscht werden können. Dahinter steht das Ziel, dass wir Alternativen zur Einweg- und Wegwerfmentalität brauchen. Mit der Verabschiedung der Right to Repair Richtlinie sind wir jetzt einen ganz wichtigen Schritt vorangekommen.

Zur Nachhaltigkeit und zum schonenden Umgang mit Ressourcen gehört, dass Waren nicht erst durch die halbe Welt geschickt werden. Insbesondere nicht mit dem Flugzeug. Viele vermeintliche Schnäppchen, die uns auf Online-Plattformen zu fast unglaublichen Preisen angeboten wird, sind nicht "preiswert", sondern oft einfach nur "billig", also von minderer Qualität.

Ich denke da gerade auch an Kleidung. Kleidung ist ein Massenprodukt und oft ein sehr schnelllebiges. In immer kürzerer Zeit werden immer mehr Kollektionen auf den Markt gebracht. Ergebnis sind dann oft eine minderwertige Qualität und eine Missachtung von Arbeits- und Umweltstandards in der Produktion. Deshalb wird an Mindeststandards für Textilien gearbeitet, die im EU Binnenmarkt vertrieben werden. Bis dahin sollte gelten: Weniger und besser ist mehr!

Weiterhin habe ich mich auf EU-Ebene dafür eingesetzt, dass Greenwashing besser bekämpft wird. Es darf nicht mehr sein, dass auf einem Produkt "grün" oder "öko" steht, ohne entsprechenden Nachweis. Auch die Werbung mit "klimaneutral" ist in vielen Fällen irreführend. Meistens sind lediglich "CO2-Zertifikate" eingekauft worden – zum Beispiel für ein Aufforstungsprojekt in Lateinamerika – und wir können kaum einschätzen, ob diese überhaupt wirken.

Viele der vermeintlichen Schnäppchen im Netz sind billigst verarbeitet und entsprechen nicht einmal den üblichen Anforderungen an die Produktsicherheit. Darum hat sich Deutschland erfolgreich für strengere Regeln eingesetzt. Diese gelten unabhängig davon, ob die Produkte offline oder online verkauft werden. Damit haben auch die Online-Marktplätze mehr Verantwortung für die Sicherheit ihrer Produkte.

Neben den gesetzlichen Regelungen unterstützen wir als Umwelt- und Verbraucherschutzministerium viele konkrete Projekte vor Ort.

  • So fördern wir Maßnahmen der 16 Verbraucherzentralen in den Ländern zu Verbraucherfragen, wie zum nachhaltigen Konsum, zum Recht auf Reparatur und zu Verbraucherrechten in den Bereichen Digitales und Finanzen.
  • Ein weiteres Projekt – online unter "mobilsicher.de" – informiert über Nachhaltigkeit bei der Hard- und Software von Smartphones – von der Anschaffung über die ressourcensparende Nutzung bis zum Recycling.

Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland hilft bei Streitigkeiten mit Anbietern in anderen europäischen Ländern. Es informiert auch zu grenzüberschreitenden Fragen wie das sogenannte Dropshipping, also die Lieferung von online bestellter Ware direkt vom Hersteller – oft aus Nicht-EU-Staaten – anstelle von einem hiesigen Händler.

Andere Projekte richten sich direkt an Jugendliche:

  • In "Peer-Education" des Verbraucherzentrale Bundesverbandes werden Jugendliche von qualifizierten Trainerinnen und Trainern zu Verbraucherschutzthemen geschult. Sie können ihr Wissen und ihre Kompetenzen dann an Mitschülerinnen und Mitschüler, Freundinnen und Freunde und Bekannte – also ihre Peers – weitergeben.
  • Ein anderes Projekt richtet sich an junge Leute in ländlichen Räumen. Zusammen mit Jugendverbänden wird ein regelmäßiges Informations- und Unterstützungsangebot der Verbraucherzentralen organisiert. Die jungen Menschen werden in diesem Projekt direkt eingebunden. Es gab dazu einen bundesweiten Ideenwettbewerb. Gestern sind hier in Berlin die besten Ideen prämiert worden.

Die unterschiedlichen Beiträge zu "Jugend testet" spiegeln Euren Verbraucheralltag wider: Von Abschminktüchern über Fahrradschlösser bis Vokabel-Apps. Auch die digitale Welt kam nicht zu kurz: Apps, Software und sogar Chatbots wurden getestet. Zu Recht, denn der Schutz persönlicher Daten und die Kontrolle über deren Verwendung im Internet sind wichtige Anliegen.

Der Wettbewerb trägt zu einen kritischen Umgang mit Angeboten aller Art bei. Damit können bewusste und im besten Fall nachhaltige Kaufentscheidungen getroffen werden.

Ich danke allen Testerinnen und Testern für die Kreativität und für Eure spannenden Untersuchungen.

Danke an die Stiftung Warentest und ihre engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie sind unverzichtbar im Verbraucherschutz. Herzlichen Dank für diesen einzigartigen Wettbewerb.

Ich gratuliere allen Preisträgerinnen und Preisträgern.

Sie alle haben den Verbraucherschutz in Deutschland weitergebracht. Ganz herzlichen Dank und viel Spaß bei der Preisverleihung!

11.06.2024 | Rede Verbraucherschutz
https://www.bmuv.de/RE11038
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