Bundesumweltminister Jürgen Trittin will sich dafür einsetzen, dass die Verwendung von Tributylzinn (TBT) wesentlich früher und weitgehender beschränkt wird, als es nach den bisherigen Anstrengungen auf internationaler Ebene zu erwarten ist. Das Bundesumweltministerium wird hierzu einen Verordnungsentwurf über ein umfassendes Verwendungsverbot für TBT vorlegen. Derzeit werden erste Gespräche mit den beteiligten Kreisen geführt. TBT war in den vergangenen Wochen in die Schlagzeilen geraten, nachdem die giftige zinnorganische Verbindung in Textilien, in der Nahrung und in der Meeresumwelt nachgewiesen worden war. TBT wird u.a. als Antifoulingmittel in Schiffsanstrichen sowie als Desinfektionsmittel und fungizides Schutzmittel für Textilien, Leder, Papier und Holz verwendet.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin: "Es ist nicht länger hinnehmbar, dass trotz der schon seit langem vorliegenden Erkenntnisse über die schädlichen Effekte zinnorganischer Verbindungen Mensch und Umwelt mit diesen Stoffen nach wie vor belastet werden. Ich hoffe sehr, dass die Industrie ihrer Verantwortung gerecht wird und die Bundesregierung bei den geplanten und aus meiner Sicht absolut notwendigen Maßnahmen unterstützen wird."
Die organische Zinnverbindung TBT wird zu 80 Prozent als Antifoulingmittel eingesetzt. Dieser Anstrich verhindert den Bewuchs von Schiffen durch Algen und Muscheln. Die aus den Schiffsanstrichen freigesetzte Substanz belastet jedoch auch die Meeresumwelt. Als Folge des Einsatzes als Antifoulingmittel in Schiffsanstrichen und des dadurch bedingten Eintrags in die Gewässer, kommt TBT auch in Meeresfrüchten (Muscheln und Fischen) vor. Neuere Untersuchungen belegen, dass bereits Konzentrationen im Bereich eines Milliardstel-Gramm TBT pro Liter aufgrund der hormonartigen Wirkung zu Missbildungen bei Meeresschnecken führen ("Imposex"). Als Folge sterben bestimmte Meeresschnecken in belasteten Meeresgebieten. TBT reichert sich aber auch in der Nahrungskette an. Nicht akzeptabel hohe Konzentrationen von TBT wurden in Muscheln und Fischen belasteter Gewässer gefunden. Eine Gefährdung des Menschen ist daher nicht ausgeschlossen, zumal kürzlich an Zellkulturen gezeigt wurde, dass TBT auch das Enzymsystem des Menschen, das für die Bildung von weiblichen Geschlechtshormonen verantwortlich ist, hemmt.
In einer von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) kürzlich vorgelegten Resolution wird vorgeschlagen, die Verwendung von zinnorganischen Verbindungen als Antifoulingmittel für Schiffsanstriche ab dem 1. Januar 2003 zu verbieten. Ab dem 1. Januar 2008 sollen Schiffe keine zinnorganischen Verbindungen als Antifoulingmittel mehr enthalten dürfen. Diese Empfehlung der IMO ist jedoch erst durch eine Konvention umzusetzen, die von einer bestimmten Anzahl von Staaten ratifiziert werden muss, um in Kraft zu treten. Es ist daher noch nicht abzusehen, wann im Rahmen der IMO ein völkerrechtlich bindendes Verbot der Verwendung von zinnorganischen Verbindungen als Antifoulingmittel in Schiffsanstrichen existieren wird. Die Bundesregierung setzt sich für ein weltweites Anwendungsverbot von TBT ein.
Darüber hinaus sind auch Verwendungsverbote, Minderungsmaßnahmen oder Höchstwerte für zinnorganische Verbindungen in Bedarfsgegenständen, Textilien und Lebensmittel erforderlich. Das Bundesumweltministerium vertritt die Auffassung, dass die bislang existierenden und auch vorgeschlagenen Regelungen nicht umfassend genug sind, um Mensch und Umwelt vor den gefährlichen Eigenschaften von zinnorganischen Verbindungen effektiv zu schützen. Ziel muss es sein, durch ordnungsrechtliche Maßnahmen den weiteren Eintrag von zinnorganischen Verbindungen in die Umwelt zukünftig zu unterbinden.