Umweltschutz kann Kosten senken

03.12.1996
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 051/96
Thema: Klima · Energie
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel stellt "Handbuch Umweltkostenrechnung" vor

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel stellt "Handbuch Umweltkostenrechnung" vor


Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel hat heute gemeinsam mit Dr. Maximilian Gege, geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Bundesdeutschen Arbeitskreis für Umweltbewußtes Management (B.A.U.M.), sowie Carlhanns Damm, Vorstandsvorsitzender der AEG Hausgeräte GmbH das von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt herausgegebene "Handbuch Umweltkostenrechnung" vorgestellt. Das Handbuch soll Unternehmen behilflich sein, über das Rechnungswesen systematisch betriebliche Maßnahmen aufzuspüren, die der Kostensenkung und dem Umweltschutz gleichzeitig dienen. Darüber hinaus enthält es konkrete Beispiele für bereits in der Praxis durchgeführte kostensenkende Umweltschutzmaßnahmen.

Bundesumweltministerin Dr. Merkel: "Die Beispiele aus der Praxis zeigen, daß Umweltschutz im Unternehmen nicht nur ein Kostenfaktor ist, sondern im Gegenteil in zahlreichen Fällen zu einer Erhöhung der Wirtschaftlichkeit führen kann. Es gibt erhebliche Kostensenkungspotentiale, vor allem in den Bereichen Energie, Abwasser und Entsorgung von Abfällen, aber auch bei Beschaffung und Produktionsverfahren. Die Vorteile des betrieblichen Umweltmanagements werden deshalb mehr und mehr anerkannt. Das zeigt sich am vergleichsweisen großen Engagement deutscher Unternehmen bei der freiwilligen Teilnahme am Öko-Audit-System der Europäischen Gemeinschaft. Bisher stand beim betrieblichen Umweltschutz Risikovermeidung und Risikoverminderung, insbesondere im Hinblick auf Störfälle, im Vordergrund. Der wichtigste Grund zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit durch Umweltmanagement - das bestätigen die Praktiker immer wieder - liegt aber zweifellos in der systematischen Ausschöpfung der Einsparmöglichkeiten. Ich bin sicher, daß unser "Handbuch Umweltkostenrechnung" vielen Unternehmen, und hoffentlich gerade auch den kleinen und mittelständischen, den Weg zu einer zukunftsfähigen, umweltorientierten Unternehmensführung erleichtern wird."

Mit dem Handbuch Umweltkostenrechnung will das Bundesumweltministerium unterschiedliche Ansätze in Richtung einer umweltorientierten Kostenrechnung zusammenführen und Unternehmen bei deren Umsetzung in der Praxis behilflich sein. Denn es fehlt bisher in der traditionellen Kostenrechnung an einer verursachungsgerechten und gesonderten Erfassung der Umweltschutzkosten; so lange z. B. die betrieblichen Energie- und Entsorgungskosten pauschal und nicht auf die Abteilungen oder einzelnen Produktionsprozesse verteilt werden, fehlt die Information und damit der Anreiz, in den jeweiligen Kostenstellen durch Energieeinsparung oder Abfallvermeidungsmaßnahmen Kosten zu reduzieren. Betriebsleiter brauchen aber für rationale Investitionsentscheidungen Informationen, wo genau die umweltbezogenen Kosten anfallen. Nur so können die erheblichen Kostensenkungspotentiale durch Umweltschutzmaßnahmen auch systematisch identifiziert werden.

Das Handbuch beschreibt deshalb allgemeinverständlich Aufbau und Nutzen einer umweltbezogenen Kostenrechnung, die die traditionelle betriebliche Kostenrechnung um Umweltaspekte ergänzt und weiterentwickelt. Hiermit erhalten die Betriebe ein ideales Instrument zur Steuerung und Kontrolle umweltbezogener Kosten. Zu den vorgestellten Verfahren gehören die Kostenstellenrechnung, Prozeßkostenrechnung und Vollkostenkalkulation ebenso wie die organisatorische Verankerung im Unternehmen.

Einige Beispiele aus der Praxis:

  • Bei der Mitsubishi Semiconductor Europe GmbH (MSE, ein in der Halbleiterproduktion tätiges Tochterunternehmen des Konzerns mit rund 300 Mitarbeitern) konnten erheblich Kostenersparnisse durch ein Bündel von Umweltschutzmaßnahmen im Rahmen der Öko-Audit-Um-setzung erzielt werden. Während sich die Kosten für die erstmalige Teilnahme am Öko-Audit auf 141.000 DM und für die Fortführung auf ca. 69.000 DM/pro Jahr belaufen sowie für die Investitionen in den Bereichen Energie-, Abfall,- und Wassermanagement jährlich insgesamt rund 165.000 DM zu veranschlagen sind, können die jährlichen Kosteneinsparungen durch diese Maßnahmen mit rund 734.000 DM beziffert werden. Dies zeigt, daß sich die Teilnahme am Öko-Audit-System auszahlt. Der ökologische Nutzen umfaßt Einsparungen von 143.000 m³ Erdgas, knapp 3.100 MWh Strom, Reduzierung um 5,8 t PVC-Abfall und Rohstoff sowie Wassereinsparungen von 5.519 m³.
  • Eine der Maßnahmen bei MSE ist die Wiederverwendung von Verpackungsröhren aus Kunststoff, die für den Transport von hochempfindlichen Chips verwendet werden und zuvor nach einmaliger Verwendung entsorgt wurden (444.000 Stück im Jahr !). Im ersten Jahr konnten 117.000 DM und in den Folgejahren jährlich 124.000 DM gespart werden. Die ökologischen Vorteile: pro Jahr 5,8 Tonnen weniger PVC-Abfall, es entfallen auch die Umweltbelastungen bei der Produktion in Japan sowie bei dem weiten Transportweg von dort nach Deutschland.
    MSE hat zudem eine intelligente (wetterabhängige) Steuerung der Außenluftanlage realisiert, durch die aufgrund eines niedrigeren Strom- und Erdgasverbrauch für Kältemaschinen bzw. die Erwärmung der Außenluft ohne zusätzliche Investitionen jährlich 107.000 DM gespart werden.
  • Durch die Umstellung von Frisch- auf Brauchwasserbetrieb für die Reinigung von Flaschenkästen hat es die mittelständische Berentzen-Gruppe mit relativ geringem technischen Aufwand (Investition von 10.000 DM) geschafft, ihre jährlichen Betriebskosten um knapp 80.000 DM zu senken. Hierdurch konnten zum einen beim Frischwasserverbrauch und Abwasser 21.800 m³/Jahr und zum anderen beim Reinigungsmitteleinsatz ca. 5.000 kg/Jahr gespart werden.
  • Bei der ABB Calor Emag Schaltanlagen AG, Ratingen, bewirkten mehrere Maßnahmen zur Reduzierung des Frischwasserverbrauchs um über 40 %, die mit Investititonen in Höhe von 35.000 DM verbunden waren (zwischen 1989 und 1993), einen Kostenvermeidungseffekt von 124.000 DM allein für 1993 (auf Basis der aktuellen Wassergebühren).


Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Für mich als Umweltpolitikerin ist von besonderer Bedeutung, daß die Erfolgsbeispiele für kostensenkende Umweltschutzmaßnahmen überwiegend Maßnahmen des integrierten Umweltschutzes sind, also z. B. die Reduzierung des Energie- oder Wasserverbrauchs, Kreislaufführung sowie den Ersatz umweltschädigender Stoffe betreffen. Und integrierten Umweltschutz brauchen wir ganz besonders, wenn wir Probleme wie die Klimagefahren oder den Ressourcenabbau in den Griff bekommen wollen, denn hier stellt der klassische, nachsorgende Umweltschutz in Form von Filtern oder Klärwerken keinen Lösungsansatz dar.

Das heißt, ein integrierter Umweltschutz ist zum einen ökologisch notwendig und zum anderen auch ökonomisch wünschenswert, da er grundsätzlich kostengünstiger ist als nachsorgender Umweltschutz. Innovativer, integrierter Umweltschutz trägt somit zur Effizienzsteigerung unserer Wirtschaft bei. Gerade angesichts der sich rasch entwickelnden Globalisierung der Märkte ist dies der richtige Weg, auf die neuen Herausforderungen des Weltmarktes zu reagieren. Umweltschutz ist also auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht von großer Bedeutung: Er trägt zur permanenten Modernisierung der Produktionsstrukturen in allen Wirtschaftsbereichen bei und stärkt die Position der deutschen Wirtschaft auf den Weltmärkten. Somit schafft und sichert er zukunftsfähige Beschäftigung. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute haben erst kürzlich errechnet, daß 1994 in Deutschland knapp eine Million Beschäftigte im Umweltschutz tätig waren."


An der Erstellung des "Handbuch Umweltkostenrechnung" wirkte neben dem Auftragnehmer, der Gerling Consulting Gruppe, auch ein mit sechs renommierten Wissenschaftlern aus der Betriebswirtschaftslehre besetztes Gutachtergremium mit. Dieses Konzept, wissenschaftliche Forschung mit den Erfordernissen der Praxis zu vereinen, hat sich schon beim Handbuch "Umwelt-controlling", das in der gleichen Reihe von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt im Februar 1995 herausgegeben wurde, als besonders erfolgreich erwiesen.

Ein weiterer Baustein der Veröffentlichungsreihe von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt zum betrieblichen Umweltschutz wird ein Leitfaden "betriebliche Umweltkennzahlen" sein, der Anfang 1997 veröffentlicht wird. Mit diesem Leitfaden soll Unternehmen eine Hilfestellung an die Hand gegeben werden, ihre umweltbezogenen Leistungen mit Umweltkennzahlen meß- und nachvollziehbar zu machen. Neben mengenbezogenen Umweltkennzahlen, z. B. zum absoluten Energieverbrauch, Abfallaufkommen pro Produktionseinheit, Anzahl umweltrelevanter Anlagen oder Gesamtverkehrsaufkommen des Betriebs, wird dieser Leitfaden zahlreiche Hinweise über kostenmäßige Umweltkennzahlen wie Energie- und Wasserkosten sowie Material- und Entsorgungskosten enthalten, wodurch u.a. Bezüge zur Umweltkostenrechnung bestehen.


Bezugsquellenhinweis:

Handbuch Umweltcontrolling / hrsg. von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt - Verlag Franz Vahlen München, 1995. 663 Seiten. Gebunden 54,- DM, ISBN 3-8006-1929-6
Handbuch Umweltkostenrechnung / hrsg. von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt - Verlag Franz Vahlen München, 1996. 254 Seiten. Gebunden 36,- DM, ISBN 3-8006-2110-X
Leitfaden Betriebliche Umweltkennzahlen / hrsg. von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt, Bonn und Berlin 1997 (rund 50 Seiten); kann beim Umweltbundesamt (ZAD), Bismarckplatz 1, 14193 Berlin, angefordert werden; Erscheinungstermin: voraussichtlich Januar 1997.




03.12.1996 | Pressemitteilung 051/96 | Klima · Energie
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