Schulze zur Studie der EU-Kommission: Vorsorgeprinzip und Wahlfreiheit müssen oberste Leitlinie für Gentechnik-Zulassung bleiben

29.04.2021
Person mit Handschuh füllt Flüssigkeit in ein kleines Glas
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: Nr. 081/21
Thema: Naturschutz
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Leitung: Svenja Schulze
Amtszeit: 14.03.2018 - 08.12.2021
19. Wahlperiode: 14.03.2018 - 08.12.2021
Die Studie zu Neuer Gentechnik wurde veröffentlicht. Diese betont, dass für seine Nutzung ein hoher Standard an Sicherheit für Mensch und Umwelt gewährleistet sein muss.

Die Europäische Kommission hat heute ihre lang erwartete Studie zu Neuer Gentechnik veröffentlicht. Sie betont, dass für die Nutzung von neuen genomischen Techniken in der Land- und Lebensmittelwirtschaft zwingend ein hoher Standard an Sicherheit für Mensch und Umwelt gewährleistet sein muss. Sie stellt zudem fest, dass einige Rechtsvorschriften für eine Nutzung möglicherweise nicht zweckmäßig sein könnten und kündigt einen offenen Dialog zum Umgang mit diesen Herausforderungen an. Dabei schlägt die Studie vor, die verpflichtende Risikoprüfung um den Aspekt Nachhaltigkeit zu erweitern.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: "Es ist gut, dass die Europäische Kommission die Sicherheit für Mensch und Umwelt hervorhebt und den schon lange erforderlichen breit angelegten, öffentlichen Konsultationsprozess zum Thema zeitnah einleiten will. Denn das ermöglicht, dass wichtige Leitplanken des Europäischen Grünen Deals, die Farm to Fork Strategie und die Biodiversitätsstrategie zusammengebracht werden können. Für mich stehen Vorsorgeprinzip und Wahlfreiheit an erster Stelle. Die Freisetzungs-Richtlinie stellt dafür den richtigen Rahmen dar, denn sie ermöglicht die Zulassung von Produkten, die mit Neuer Gentechnik hergestellt wurden, wenn ihre Sicherheit für Mensch und Umwelt geprüft und erwiesen ist. Das Bundesumweltministerium wird die Studie nun sorgsam auswerten, um den anstehenden Dialog zu begleiten."

Das Bundesumweltministerium (BMU) spricht sich deutlich gegen eine Aufweichung des geltenden Gentechnikrechts aus. Jedes gentechnisch veränderte Produkt in der EU soll weiterhin auf sein Risiko geprüft und gekennzeichnet werden. Dies gilt nach Auffassung des BMU ohne Ausnahme, also auch für die Neue Gentechnik. Erste Vorschläge, wie mit möglichen Herausforderungen im Zusammenhang mit Neuen Gentechniken umgegangen werden kann, unterbreitet deshalb das am vergangenen Dienstag veröffentlichte BMU-Positionspapier "Gentechnik in der Landwirtschaft: Für Vorsorgeprinzip und Wahlfreiheit".

Zweifelhaft ist aus Sicht des BMU, ob Neue Gentechnik tatsächlich einen wichtigen Beitrag zum Ziel der Farm-to-Fork-Strategie "Reduktion von Pflanzenschutzmitteln" beitragen kann, ohne dabei zugleich Biodiversitätsziele zu gefährden. Ähnliche Versprechen haben sich bei der klassischen Gentechnik, die die Strukturen einer ressourcen-schädigenden Landwirtschaft weiter gefestigt hat, jedenfalls nicht bewahrheitet. Bei der Mehrheit der Produkte, die aktuell mit Neuer Gentechnik entwickelt werden oder schon auf dem Markt sind, geht es um Eigenschaften wie Herbizid- oder Pestizid-Toleranz, die Produktion pflanzeneigener Insektengifte oder Veränderungen im Stoffwechsel der Pflanzen, um sie als Futter- und Lebensmittel zu optimieren. Diese Veränderungen bedürfen aus Umweltsicht auf jeden Fall einer intensiven Umweltrisikoprüfung.

Eine klare Kennzeichnung aller Produkte, die mit Neuer Gentechnik erzeugt wurden, ist zudem nicht nur der eindeutige Wunsch einer überwältigenden Mehrheit der EU Bürger*innen. Sie ist auch erforderlich, um das Ziel der Farm-to-Fork-Strategie, den Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen in der EU bis 2030 auf 25 Prozent auszuweiten, zu erreichen. Denn nur volle Transparenz durch Kennzeichnung gewährleistet die Koexistenz der gentechnikfrei wirtschaftenden ökologischen und der konventionellen Landwirtschaft. Nach bisheriger Auswertung berücksichtigt die Studie den Aspekt der Wahlfreiheit der Verbraucher*innen und Landwirte*innen in ihren Schlussfolgerungen aber nicht.

Schulze: "Die nun angekündigte Debatte muss schnell stattfinden, denn seit dem EuGH-Urteil 2018 verpasst es die EU, das geltende Recht für Neue Gentechnik umzusetzen. Deshalb müssen jetzt zügig auch auf EU-Ebene neue Wege zum Nachweis von Produkten, die mit Neuer Gentechnik erzeugt wurden, entwickelt werden. Es braucht auch dringend mehr unabhängige Forschung in diesem Bereich. Versäumnisse im Gesetzesvollzug dürfen nicht als Legitimation für Gesetzeslockerungen dienen."

Hintergrund

Der Studie war das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-528/16 vorangegangen. Mit diesem wurde 2018 rechtssicher geklärt, dass neue gentechnische Verfahren wie zum Beispiel CRISPR/Cas unter den Anwendungsbereich der EU-Freisetzungs-Richtlinie 2001/18/EG fallen, da die mit diesen Verfahren verbundenen Risiken mit denen der klassischen Gentechnik vergleichbar sind. Der Rat hatte daher die Europäische Kommission gebeten, die mit dem Urteil einhergehenden praktischen Fragen zu beleuchten, zum Beispiel wie die Einhaltung der Freisetzungsrichtlinie sichergestellt werden kann, da mittels neuer gentechnischer Verfahren gewonnene Erzeugnisse mit zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Nachweismethoden nicht identifiziert werden konnten. Die Studie stützt sich auf Expertenmeinungen sowie auf Beiträge der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und von Interessenträgern auf EU-Ebene im Rahmen gezielter Konsultationen.

29.04.2021 | Pressemitteilung Nr. 081/21 | Naturschutz
https://www.bmuv.de/PM9553
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