Ministerien vereinbaren Vorgehen zum besseren Schutz der Schweinswale in Nord- und Ostsee

21.10.2020
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: Nr. 187/20
Thema: Meeresschutz
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Leitung: Svenja Schulze
Amtszeit: 14.03.2018 - 08.12.2021
19. Wahlperiode: 14.03.2018 - 08.12.2021
Das BfN hat ein Gutachten veröffentlicht, das die Auswirkungen der Sprengungen von Seeminen aus dem 2. Weltkrieg im Naturschutzgebiet "Fehmarnbelt" in der Ostsee im August 2019 auf die Schweinswale beschreibt.

Gutachten des Bundesamtes für Naturschutz belegt Gefährdung der Schweinswale durch Sprengungen im Meer

Das Bundesamt für Naturschutz hat ein Gutachten veröffentlicht, das die Auswirkungen der Sprengungen von Seeminen aus dem 2. Weltkrieg im Naturschutzgebiet "Fehmarnbelt" in der Ostsee im August 2019 auf die Schweinswale beschreibt. Die Ergebnisse zeigen, dass die streng geschützten Schweinswale einer hohen Verletzungsgefahr durch die Druckwellen der Sprengungen ausgesetzt waren. Um eine solche Gefährdung in Zukunft zu vermeiden, haben die Bundesministerien für Umwelt, Verteidigung und Verkehr eine gemeinsame Arbeitsgruppe unter Leitung des Bundesamtes für Naturschutz eingerichtet.

Ende August 2019 hatte die Deutsche Marine, welche zu diesem Zeitpunkt mit dem NATO-Minenabwehrverband im angrenzenden Seegebiet eine Übung absolvierte, nach Rücksprache mit dem zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamt im Naturschutzgebiet "Fehmarnbelt" in der Ostsee, 42 britische Seeminen aus dem 2. Weltkrieg gesprengt. Durch die Sprengung bestand die Möglichkeit einer Abwehr von Gefahr für Leben und Gesundheit in einer befahrenen Wasserstraße. Die Deutsche Marine hatte dazu ihre bis dahin gängigen Vergrämungsmaßnahmen im Vorfeld der Minensprengungen durchgeführt. Nachdem die Sprengungen öffentlich bekannt wurden, kam die Frage auf, ob ein Zusammenhang zwischen den Sprengungen und tot angeschwemmten Schweinswalen besteht. Das Bundesamt für Naturschutz hat daraufhin drei Untersuchungen durchgeführt, beziehungsweise in Auftrag gegeben: erstens Auswertung von Messungen der Schallpegel im Naturschutzgebiet Fehmarnbelt zum Zeitpunkt der Sprengungen; zweitens Auswertung von Messungen von Schweinswal-Echoortungslauten rund um das Gebiet zum Zeitpunkt der Sprengungen mit Hilfe sogenannter Klick-Detektoren; und drittens Obduktionen einiger der ab Ende August tot gefundenen Schweinswale durch die Tierärztliche Hochschule Hannover, um die Todesursachen zu untersuchen.

Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass sich zum Zeitpunkt der Sprengungen Schweinswale im Schutzgebiet Fehmarnbelt befanden. Sie zeigen auch, dass der Schalldruck der Sprengungen fast im ganzen Schutzgebiet so hoch war, dass Schweinswale verletzt oder getötet werden konnten.

Tote Schweinswale werden das ganze Jahr über an deutschen Meeresküsten gefunden. Im Zeitraum Ende August bis Ende November 2019 war die Anzahl der Totfunde an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste mit 41 Tieren etwas höher als im Durchschnitt der Jahre davor. Nicht alle Tiere befanden sich in einem Zustand, der eine Obduktion ermöglichte. Ein Drittel der 24 untersuchten Tiere wies Verletzungen im Bereich der Hörorgane auf, die durch extrem laute Impulsschallereignisse – in der Regel Sprengungen – hervorgerufen werden und mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tod der Tiere führten. Aufgrund des ausgedehnten Untersuchungszeitraumes können die Totfunde mit akustischem Trauma jedoch nicht eindeutig auf die Minensprengungen Ende August zurückgeführt werden. Auch andere extrem laute Impulsschallereignisse – dies sind allerdings in der Regel Sprengungen – können als Ursache in Frage kommen.

Um die ohnehin gefährdeten Schweinswalpopulationen besser vor den Folgen von Sprengungen zu schützen, haben die Bundesministerien für Umwelt, Verteidigung und Verkehr eine gemeinsame Arbeitsgruppe unter Leitung des Bundesamtes für Naturschutz eingerichtet, in der auch die Küstenbundesländer vertreten sind. Die Arbeitsgruppe soll für einen besseren Schutz der Schweinswale einen gemeinsamen Leitfaden zu naturschutzrechtlichen und fachlichen Anforderungen bei der Beseitigung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee erarbeiten.

Grundsätzlich wird vor der Beseitigung von Munitionsaltlasten immer geprüft, ob durch andere Maßnahmen eine Sprengung im Wasser vermieden werden kann, zum Beispiel indem diese zur Entschärfung oder zur Sprengung in Flachwasser bzw. an Land verbracht werden. Dies ist jedoch nicht immer möglich. Bei manchen Altlasten besteht aufgrund des kritischen Zustandes der Minen, bzw. der Zündköpfe die unmittelbare Gefahr einer unkontrollierten Explosion, wie zum Beispiel bei den im August 2019 gesprengten Minen. Wenn in solchen Fällen Sprengungen unvermeidbar sind, werden diese kontrolliert und zum Schutz der marinen Arten und Lebensräume mit entsprechenden Verminderungsmaßnahmen durchgeführt. Ziel ist es, die Auswirkungen auf ein Minimum zu reduzieren.

Um die Auswirkungen auf die Umwelt möglichst gering zu halten, untersucht die eingerichtete Arbeitsgruppe für diese Fälle entsprechende Möglichkeiten. Das sind zum einen Vorgaben, Sprengungen nur außerhalb von Zeiten durchzuführen, in denen Schweinswale sich fortpflanzen oder ihre Jungen aufziehen. Auch technische Lösungen werden in Betracht gezogen, um die Folgen abzumildern. So kann zum Beispiel durch den Einsatz sogenannter Blasenschleier die Ausbreitung des Impulsschalls abgemildert werden. Durch den Einsatz akustischer Vergrämungstechnik können Schweinswale zumindest aus der unmittelbaren Umgebung der Sprengung verscheucht werden.

Die Deutsche Marine hat bereits mit der Beschaffung von Vergrämungstechnik, sogenannten "Seal Scarern", reagiert.

21.10.2020 | Pressemitteilung Nr. 187/20 | Meeresschutz
Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Bundesministerium der Verteidigung
https://www.bmuv.de/PM9282
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